Herr Freymüller, Hyundai plant eine Wasserstoff-Offensive bei Trucks und Autos. Warum setzen Sie auf diese Technologie?
Hyundai hat ein klares Bekenntnis zur Brennstoffzellentechnologie abgegeben. Konzernweit wollen wir bis 2030 rund 6,9 Milliarden US-Dollar [6,1 Milliarden Euro, d.Red.] in den Ausbau der Technologie stecken. Ziel ist es, ab diesem Zeitpunkt jährlich eine halbe Million Brennstoffzellenfahrzeuge auf die Straße zu bringen. Zusätzlich forcieren wir die Neuentwicklung nicht stationärer und nicht-automobiler Anwendungen, wie Boote und Züge. Wir glauben fest, dass Wasserstoff in Kombination mit einer Brennstoffzelle einer der Antriebe der Zukunft ist.

Was sind die Vorteile?
Wir setzen als Treibstoff ausschließlich auf grünen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, und der ist CO2-Emissions frei. Das ist für die Mobilität der Zukunft eine Grundvoraussetzung. Ein weiterer Vorteil ist, dass Wasserstoff bei hohen Nutzlasten deutlich höhere Reichweiten als rein batterieelektrische Fahrzeuge zulässt und sich gut in die bestehende Tankstelleninfrastruktur integrieren lässt.
Außerdem sehen wir uns bei der Technologie vorn. Seit 1998 sind wir in der Brennstoffzellenforschung aktiv, seit 2013 haben wir die ersten Serien-Brennstoffzellen-Pkw im Markt. Mit dem SUV Nexo haben wir seit vergangenem Jahr ein voll alltagstaugliches Brennstoffzellenfahrzeug in der EU bei den Händlern.
In der Schweiz will Hyundai zusammen mit Industriepartnern bis 2025 rund 1.600 Brennstoffzellen-Trucks auf die Straße bringen. Warum Nutzfahrzeuge?
Bei Nutzfahrzeugen ist die Brennstoffzelle heute in ersten Anwendungen schon mit herkömmlich angetrieben Trucks wettbewerbsfähig. Das hängt auch mit den Gegebenheiten in der Schweiz zusammen, wo CO2-neutrale Fahrzeuge von der sehr kostspieligen Schwerverkehrsabgabe befreit sind, die etwa für Diesel-Lkw anfällt. Insofern sind die Bedingungen in der Schweiz optimal, im Lastverkehr voll auf die Brennstoffzelle zu setzen.
Ist das Schweizer Wasserstoffengagement für sie nicht eher ein Prestigeprojekt? Immerhin werden sie auf lange Zeit kein Geld damit verdienen...
Es stimmt, dass alle am Gesamtsystem Beteiligten – also neben dem Fahrzeughersteller auch die Erzeuger des grünen Wasserstoffs und die Tankstellenbetreiber – am Anfang viel investieren müssen. Wie bei den meisten Neuprojekten dieser Art lassen sich nicht gleich vom ersten Tag an Traum-Margen erreichen. Aber das gehört um unternehmerischen Risiko dazu und mittelfristig wird es sich für alle sehr wohl rentieren. Gleichzeitig wollen wir aber auch zeigen, dass emissionsfreier Transport möglich ist, speziell in Europa, wo die staatliche Regulierung sehr stark auf den Einsatz alternativer Antriebe abzielt.
In Europa ist Hyundai als Nutzfahrzeughersteller bislang weitgehend unbekannt. Mit unseren Schweizer Brennstoffzellen-Trucks wollen wir das ändern. Mit dem Antrieb wollen wir uns einen neuen Markt erschließen, der uns mit herkömmlicher Technologie verschlossen geblieben wäre.
Der weltweit größte Nutzfahrzeughersteller Daimler hat jüngst angekündigt, zusammen mit Volvo, die Entwicklung von Brennstoffzellen für Nutzfahrzeuge zu forcieren. Sehen Sie das als Kampfansage?
Wettbewerb kann der Sache nur gut tun. Gemessen an den eigenen Aussagen anderer Hersteller sehe ich Hyundai allerdings bei der Brennstoffzelle mindestens noch 2 bis 3 Jahre vorn.
Brennstoffzelle ist nicht gleich Brennstoffzelle. Beim Antrieb setzen Sie auf gasförmigen Wasserstoff, Daimler auf verflüssigtes H2, das deutlich höhere Reichweiten zulässt. Werden sie am Ende doch hinten liegen?
Das glaube ich nicht. Unsere Lösung ist technologisch verfügbar und das bereits heute. Zudem ist sie deutlich günstiger und entsprechend leichter umzusetzen. Mit unserem aktuellen Brennstoffzellen-Truck, mit 36 Tonnen Zug-Gesamtgewicht, versprechen wir unseren Kunden eine Reichweite von 400 Kilometern. Für die allermeisten Einsatzzwecke, etwa im Bereich des Zulieferverkehrs, reicht das sehr gut aus. Das Ende der Fahnenstange ist das aber noch nicht. Da kommt noch mehr.