Der Landstrich ist reich an Sonnenstunden, womit die Basis für das Geschäftsmodell gegeben ist. An durchschnittlich 2500 Stunden im Jahr, so die Wetteraufzeichnung, hat die Sonne intensiv auf die Gemeinde Emmingen-Liptingen im Landkreis Tuttlingen gestrahlt. Da fühlt sich Rest-Deutschland mit nur 1600 Sonnenstunden im Jahresdurchschnitt quasi in den Schatten gestellt. Der scheinbare Überfluss an Sonnenschein hat auch die zwei Investoren, den früheren Daimler-Chrysler-Vorstand Klaus Mangold und seinen Sohn Christoph Mangold, überzeugt.

Klaus Mangold wirkte einst im Vorstand von Daimler-Chrysler. Der gut vernetzte Manager hat mittlerweile das Geschäftsfeld der ...
Klaus Mangold wirkte einst im Vorstand von Daimler-Chrysler. Der gut vernetzte Manager hat mittlerweile das Geschäftsfeld der erneuerbaren Energien entdeckt. | Bild: Oliver Hanser

Gemeinsam initiierten Vater und Sohn auf den Flächen des familieneigenen Forstbetriebs in Emmingen-Liptingen den Bau eines der größten Solarparks Baden-Württembergs. Dazu sind die Grundstückseigentümer eine Kooperation mit dem hiesigen Energielieferanten eingegangen – der Energie Baden-Württemberg AG. Die EnBW errichtete auf einem knapp 20 Hektar großen Areal, in unmittelbarer Nähe zum Schenkenberger Hof, mehr als 32.000 Solarmodule. Anfang Juli ist die Anlage in Betrieb genommen worden.

Es ist eine raumgreifende Installation auf einer zuvor landwirtschaftlich genutzten Fläche. Die Photovoltaik-Anlage soll bis zu 20 Millionen Kilowattstunden Energie liefern, sagt der 80 Jahre alte Klaus Mangold. Das entspräche dem Bedarf von rund 5800 Haushalten. Die Anlage soll somit mehr grünen Strom produzieren als die knapp 4800 Einwohner der Gemeinde selber benötigen.

In der Luftaufnahme ist die Dimension des Solarparks bei Emmingen eindrucksvoll zu sehen.
In der Luftaufnahme ist die Dimension des Solarparks bei Emmingen eindrucksvoll zu sehen. | Bild: EnBW

Die Familie hält dort Landeigentum in der Größe von rund 1000 Hektar. Davon seien 920 Hektar Wald, der mit einem eigenen Förster betrieben werde, und 80 Hektar landwirtschaftliche Flächen, die überwiegend verpachtet seien, sagt Sohn Christoph Mangold.

Der 46-jährige promovierte Jurist führt seit 2007 zusammen mit seinem Bruder Stephan Mangold, der als ebenso promovierter Anwalt in Frankfurt arbeitet, die Geschäfte des Familienunternehmens „Mangold Land & Forst“. Zudem hat er 2012 die Geschäftsführung der Mangold Consulting GmbH übernommen, die zuvor vom Vater gegründet worden war und in der Klaus Mangold immer noch aktiv ist.

Neue Wege für Mr. Russland

Vater Klaus Mangold wandelt mit dem Solarpark-Projekt durchaus auf neuen energetischen Pfaden. Immerhin hat der Ex-Manager, der exzellente wirtschaftliche und politische Kontakte nach Russland pflegte, mit seinem Wirken in Wladimir Putins Reich auch deutsch-russische Geschäfte und die damit einhergegangene Abhängigkeit von russischen Gasvorkommen den Weg mit bereitet.

Für den 80-jährigen, der für Baden-Württemberg Honorarkonsul der Russischen Föderation war, der dem Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft vorstand, der wegen seiner Kontakte auch „Mr. Russland“ genannt wurde und der sich aber nach Beginn des Ukraine-Kriegs von Russland öffentlich distanzierte, ist das Solarpark-Engagement insofern eine Kehrtwende.

Christoph Mangold hat bei der Entwicklung des Solarparks das Projektmanagement übernommen.
Christoph Mangold hat bei der Entwicklung des Solarparks das Projektmanagement übernommen. | Bild: Oliver Hanser

Die privatwirtschaftliche Kooperation zwischen den Mangolds und der EnBW kann als Blaupause für andere Solarpark-Projekte dienen. „Die Initiative für die Zusammenarbeit kam von uns“, sagt Christoph Mangold.

„Es finden sich viele Generalunternehmer, die ihnen einen solchen Solarpark schlüsselfertig hinstellen. Wir wollten aber nie alleiniger Betreiber sein“, betont Christoph Mangold. „Die EnBW ist für uns ein idealer Partner für das Projekt.“ Das Unternehmen verfüge über das Fachwissen, die Einkaufskanäle und Einkaufskraft für einen Solarpark dieser Größe.

Drei Grundstücke seien der EnBW offeriert und von dieser bewertet worden. Von der Ausrichtung her, sei aber nur der Standort in Emmingen-Liptingen in Frage gekommen. Daraufhin habe man das Gespräch mit dem Gemeinderat gesucht.

Die EnBW habe der Gemeinde die technischen Rahmenbedingungen vorgestellt. „Wir erläuterten wiederum, warum wir unsere Fläche dafür hergeben wollten“, berichtet Sohn Christoph. Die Reaktionen seien gemischt gewesen. Vor allem sei diskutiert worden, warum eine landwirtschaftliche Nutzfläche verwendet werde. Bedenken hätten aber ausgeräumt werden können.

Dazu seien Referenzprojekte besichtigt worden – also Solarparks, auf deren Fläche zugleich eine Schafsbeweidung stattfindet, so wie sie auch in Emmingen-Liptingen vorgesehen ist. Die Fläche zwischen und unter den Modulen werde mit heimischen Saatgut als extensive Grünfläche angelegt.

Wie sich der Solarpark in die Landschaft einfügt oder gegebenenfalls Sichtachsen beeinträchtigt, war in der Planungsphase intensiv ...
Wie sich der Solarpark in die Landschaft einfügt oder gegebenenfalls Sichtachsen beeinträchtigt, war in der Planungsphase intensiv diskutiert worden. | Bild: Oliver Hanser

In erneuerbare Energien zu investieren, sehe man als Verpflichtung, bekräftigt Vater Klaus Mangold. Der Solarpark diene auch der ökonomischen Diversifizierung des Forst- und Landwirtschaftsbetriebs der Familie, um den Herausforderungen durch Klimawandel, Trockenheit, Waldumbau und Borkenkäfer gerecht zu werden.

Naturschützer sind keine Gegner

„Wir sehen Naturschützer nicht als Gegner, sondern als Partner“, sagt Klaus Mangold. Das Gemeinderatsverfahren für den Solarpark sei denn auch einstimmig beschlossen worden. Für die in der Bauleitplanung vorgesehene ökologische Ausgleichsfläche sei eine ein Hektar große Streuobstwiese angelegt worden.

Dass das Projekt von Naturschützern durchaus kritisch begleitet wurde, sagt Heidi Mattheß, die Naturschutzbeauftragte des Landkreises Tuttlingen. „Sie sei persönlich bei solchen Solarparks hin- und hergerissen“, so Mattheß, die auch dem Tuttlinger Gemeinderat als Vertreterin der Liste Bürgerbeteiligung und Umweltschutz (LBU) angehört sowie stellvertretende Vorsitzende des örtlichen Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist. Es sollten besser Gebäudeflächen und versiegelte Areale für Solaranlagen genutzt werden als Landwirtschaftsflächen.

Landwirte haben das Nachsehen

Diese Entwicklung stelle die Landwirtschaft vor großen Schwierigkeiten. Dies auch, weil EnBW und andere Solarparkbetreiber für die benötigten Flächen einen vielfach höheren und obendrein für viele Jahre garantierten Pachtzins zahlten, anders als es Landwirten möglich sei, wendet Mattheß ein. Für Eigentümer ausreichend großer Flächen, also für Städte, Gemeinden, Kirchen oder private Großgrundeigentümer sei das ökonomisch durchaus lukrativ. Die Landwirte hätten dabei das Nachsehen.

Die andere Sichtweise kann Mattheß aber auch verstehen. Trost sei hier, dass der Naturschutzwert einer unter Solarpanels angelegten Wiese höher einzustufen sei, als das etwa bei einem dort zuvor angelegten Maisacker der Fall sei.

Insgesamt seien 13 Millionen Euro in den Solarpark investiert worden. EnBW hat den Solarpark errichtet und in die Betreibergesellschaft eingebracht. Die Familie Mangold sei zu 30 Prozent Mitgesellschafter und zu diesem Anteil an den Anschaffungskosten beteiligt; EnBW halte 70 Prozent der Anteile, sagt Sohn Christoph. Fördergelder, die für solche Projekte angeboten würden, seien nicht beansprucht worden.

„Ein gutes Investment“

Das Engagement könnte sich noch in diesem Jahrzehnt auszahlen. Es sei ein „gutes Investment“, bestätigt Vater Mangold. Wenn die Strompreise hoch bleiben, werde sich die Investition bald amortisieren, sagt er.

Für die Familie wäre ein weiteres Engagements dieser Art vorstellbar, jedoch besitze man keine weitere dafür geeignete Fläche. Bei solchen Projekten sei die Größe ein wichtiger, aber auch „limitierender Faktor“, weil Areale von ausreichender Größe meist von einer Vielzahl von Eigentümern gehalten würden, sagt Klaus Mangold.

EnBW entwickle Solarparks in der Regel erst ab einer Größe von zehn Hektar, bestätigt EnBW-Sprecherin Ramona Sallein. Die zumeist kleinteiligen Bodeneigentumsverhältnisse stellten hier schon ein Hindernis dar. Derzeit würden von EnBW in Baden-Württemberg 37 weitere Solarprojekte sondiert. Dabei werde von EnBW immer eine externe Beteiligung von Gemeinden, Bürgern oder Unternehmen an Solarparks geprüft.

Die EnBW-Sprecherin betont, dass eine Beteiligung an einem Solarpark mit Verantwortung und Pflichten einhergehe. Denen nachzukommen müsse man in der Lage sein. Eine „individuelle Lösung aus einer Hand“, wie mit der Familie Mangold, sei schon eine Besonderheit, bestätigt die Sprecherin.

Solarprojekte einfacher als Windkraft

Es würden sicher schnell andere Investoren auf das Geschäftsmodell aufmerksam, meint Klaus Mangold. Dies auch, weil mit Blick auf Eingriffe in Natur und Landschaft Solaranlagen gegenüber Windkraftanlagen die leichtere und verträglichere Variante von erneuerbaren Energien darstellten. Die herausragende Sichtbarkeit von Windrädern sei eben ein wesentlicher Nachteil gegenüber Solarparks.

„Grundsätzlich sind die Eintrittsbarrieren, die bei der Windkraft bestehen, bei Solarprojekten deutlich geringer“, bekräftigt Sohn Christoph. Ein auf Investorenseite nicht zu vernachlässigendes Argument sei zudem der Zeitfaktor. Erfahrungsgemäß vergingen bis zu sieben Jahre bis eine Windkraftanlage geplant, genehmigt und errichtet sei. Bei Solarparks seien durchschnittlich dreieinhalb Jahre zu veranschlagen.

Dass das Projekt in zwei Jahren habe realisiert werden können, sei rekordverdächtig, meint Sohn Christoph und führt dafür auch die „gute lokale Vernetzung der Familie“ an und „dass wir diejenigen, die skeptisch waren, frühzeitig mit ihren Sorgen abgeholt haben.“