Wer heute mit dem Wunsch nach einem eigenen Fertighaus zu Fertighaus Weiss nach Oberrot (Kreis Schwäbisch Hall) kommt, der bekommt zwar gleich einen Termin für ein Planungsgespräch. Doch auf den Einzug ins neue Heim müssen die Kunden einige Zeit warten. Auf etwa 20 Monate schätzt Geschäftsführer Hans Volker Noller die momentane Wartezeit.
Der Präsident des Bundesverband Deutscher Fertigbau erklärt, dass bei Planungsbeginn heute erst im Juni 2023 mit der Fertigung des Rohbaus begonnen werden könne. Grund dafür ist die enorme Nachfrage. Die einzelnen Teile werden dann im Herbst an den Bauplatz geliefert. Danach geht alles doch schnell. Bis Anfang 2024 sei das Haus dann bezugsfertig, sagt Noller. Zusätzlich verzögern könne sich das Bauvorhaben durch die Baugenehmigung. Bis zu einem Jahr bräuchten einige Gemeinden bis sie diese erteilten.
„Momentan würden wir nicht bauen“
Jörn Hauser aus Spaichingen im Kreis Tuttlingen ist froh, dass für ihn das Abenteuer Bauen abgeschlossen ist. Seit zwei Jahren wohnt er mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern in einem Fertighaus gebaut in Holzständerbauweise. Die aktuellen Entwicklungen treffen ihn nicht mehr. 18 Monate hat die Familie vom Vertragsabschluss bis zum Einzug warten müssen – zwei Monate weniger als jetzige Interessenten.

Damals war die Situation noch eine andere. Niedrige Zinsen und staatliche Förderungen befeuerten den Bau-Boom. Außerdem waren viele Städte und Gemeinden in den vergangenen Jahren bestrebt neues Bauland zu schaffen, um den Bedarf an Wohnraum zu decken.
Doch nun ist das Umfeld für Hausherren unsicher wie lange nicht. Die Zinsen für Kredite steigen, genau wie die Preise für Rohstoffe. Lieferketten sind weltweit wegen Krieg und Pandemie durcheinander geraten. Bauen wird teurer. Für viele ist der Traum vom eigenen Haus gestorben. „Momentan würden wir nicht bauen“, sagt auch Jörn Hauser.
Denn auch die lange Planungs- und Bauzeit kann zum finanziellen Problem werden, wenn die Kredite für das Grundstück bereits laufen und auch noch die aktuelle Wohnung bezahlt werden muss. Vieles ist nicht richtig kalkulierbar. Was wenn die Rohstoffpreise weiter steigen und neue staatliche Förderprogramme auf sich warten lassen?
Für Kunden wird es teurer
Mit der Beschaffung von Rohstoffen habe sein Unternehmen bislang keine Probleme gehabt, sagt Noller. Alles was zur Fertigung für ein Haus benötigt würde, könne vorab besorgt werden. Das gelte auch für Fotovoltaikanlagen und Speichertechnologie. „Da sind wir bis jetzt mit ein, zwei blauen Augen davon gekommen.“
Trotzdem musste das Unternehmen der allgemeinen Preisentwicklung folgen und seine Preise anheben. Die Kosten wurden an den Endkunden weitergeben. Demnach stiegen bei Weiss laut Noller die Preise für ein Fertighaus in den vergangenen eineinhalb Jahren um bis zu 18 Prozent.
Nachfrage nach Fertighäusern in Baden-Württemberg ist noch hoch
Trotzdem entscheiden sich in Baden-Württemberg immer mehr Menschen für ein Fertighaus. Fast 40 Prozent der genehmigten Ein- und Zweifamilienhäuser entstanden im vergangenen Jahr nach dem Baukastenprinzip. Damit liegt der Südwesten bundesweit an der Spitze.

Familie Hauser hat sich aus einem einfachen Grund für ein Fertighaus entschieden. „Meine Frau und ich mögen Holz“, sagt Jörn Hauser. Aber nicht nur das Material Holz war ausschlaggebend, sondern auch, dass Bauherren beim Bau eines Fertighauses nicht ständig auf der Baustelle sein müssen. „Das Haus steht ja von einem Tag auf den anderen.“
Dorothee und Jörn Hauser sind mit ihren beiden Kindern Eva und Lina von Ludwigsburg zurück in ihre Heimat Spaichingen gezogen. Die Entfernung sei einfach zu groß gewesen, um viel auf der Baustelle regeln zu können, sagt Familienvater Jörn. Beim Bau des Fertighauses sei alles im Vorfeld geplant und besprochen worden. Gebaut haben sie mit Fertighaus Weiss.

Holz als traditioneller Baustoff
5393 Baugenehmigungen wurden in Baden-Württemberg 2021 für Fertighäuser erteilt. Nur in Bayern waren es im vergangenen Jahr mehr. Seit 2012 steigt die Zahl der genehmigten Ein- und Zweifamilienhäuser in Fertigbauweise im Südwesten kontinuierlich an.
Das liegt unter anderem daran, dass der Rohstoff Holz, aus dem die Häuser gebaut werden, hier traditionell als Baustoff eingesetzt wird. „Baden-Württemberg war immer schon ein Holzbauland“, sagt Hans Volker Noller, dessen Familienunternehmen sich aus einem kleinen Zimmereibetrieb entwickelte.
Zum anderen haben Fertighäuser eigentlich eine relativ kurze Bauzeit. Die Hersteller fertigen in großen Produktionshallen ganze Wände und Decken vor. Diese werden dann auf dem Grundstück innerhalb kürzester Zeit zusammen gesetzt. Oft bieten die Firmen mittlerweile ein komplettes Paket an, sodass das Haus am Ende bezugsfertig ist. Die langen Wartezeiten heben diesen Vorteil nun auf.
Bezahlbare Häuser aus der Serienfertigung
Durch die traditionellen Zimmerei- und auch Sägewerksbetriebe seien vor etwa 70 Jahren die ersten Häuser in Fertigbauweise entstanden, sagt Noller. Der Bau von Häusern ging damals in Serie und wurde industriell weiterentwickelt, um die hohe Nachfrage zu befriedigen – aber auch, um das eigene Heim für mehr Menschen bezahlbar zu machen.
Große Waldflächen wie der Schwarzwald lieferten reichlich Holz. Es war in ausreichender Menge verfügbar und musste nicht über große Distanzen transportiert werden. So habe sich hier der Bau mit Häusern aus Holz sukzessive entwickelt, sagt Noller. Neun der rund 50 Mitgliedern im Verband kommen aus dem Bundesland.