Nach der Bundestagswahl fordert die Wirtschaft in Baden-Württemberg den zügigen Beginn von Koalitionsverhandlungen und eine rasche Regierungsbildung. Energiepreise sowie die Steuerlast müssten sinken, Bürokratie abgebaut werden. Außerdem sei Sicherheit – nach innen wie nach außen – eine Bedingung für eine wirtschaftliche Erholung der in der Rezession steckenden heimischen Wirtschaft.

IHK-Hauptgeschäftsführerin Katrin Klodt-Bußmann der IHK Hochrhein-Bodensee, sieht auch die Sicherheit als wichtige Komponente zur ...
IHK-Hauptgeschäftsführerin Katrin Klodt-Bußmann der IHK Hochrhein-Bodensee, sieht auch die Sicherheit als wichtige Komponente zur wirtschaftlichen Erholung | Bild: Rainer Hohnhaus

IHK: Dass von der Substanz gelebt wird, muss aufhören

„Wichtig ist vor allem, dass wir zügig eine handlungsfähige und verlässliche Regierung bekommen, die die großen Herausforderungen der kommenden Jahre entschlossen angeht“, sagte Katrin Klodt-Bußmann, Hauptgeschäftsführerin der in Konstanz ansässigen IHK Hochrhein-Bodensee.

„Die Unsicherheiten der vergangenen Jahre haben eine nachhaltige und zukunftsorientierte Entwicklung unserer Wirtschaft massiv erschwert.“ Parallel habe „Deutschland 20 Jahre von der Substanz gelebt und zu wenig in Bildung, Infrastruktur und Digitalisierung investiert“, ein Zustand, der beendet werden müsse, sagte sie.

Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz (links) und Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz, ...
Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz (links) und Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz, drücken aufs Tempo, um Investitionen frei zu machen. | Bild: Yury Kharlamov

Von der Handwerkskammer Konstanz (HWK), deren Einzugsgebiet sich entlang des Hochrheins und nördlich bis nach Rottweil erstreckt, hieß es, man könne sich „Verzögerungen durch Parteiengeplänkel nicht leisten“. Die Herausforderungen müssten nun rasch angegangen werden, sagte Kammerpräsident Werner Rottler.

HWK-Hauptgeschäftsführer Georg Hiltner forderte „weniger Dokumentationspflichten und Regelungen, dafür mehr Zeit für die anfallende Arbeit im Handwerk“. Das Handwerk werde die Koalitionsverhandlungen wachsam beobachten und die Parteien immer wieder an ihre Versprechen vor der Wahl erinnern, sagten beide HWK-Funktionäre.

Oliver Barta, Verbandschef der UBW, fordert eine Konzentration auf das Wichtige.
Oliver Barta, Verbandschef der UBW, fordert eine Konzentration auf das Wichtige. | Bild: Bernd Weißbrod

Oliver Barta, Hauptgeschäftsführer der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW), mahnte die politisch Verantwortlichen, sich „auf die wesentlichen Aufgaben zu konzentrieren und sich nicht in politischen Detailfragen zu verlieren“. „Der Fokus muss hier ganz klar auf einer Wirtschaftspolitik liegen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts wieder deutlich verbessert und Wachstumskräfte entfesselt“, sagte Barta.

Bert Sutter, Präsident des WVIB drängt auf ein Ende des Vorschriften-Wustes.
Bert Sutter, Präsident des WVIB drängt auf ein Ende des Vorschriften-Wustes. | Bild: Sutter

Vom Freiburger Industrieverband WVIB, hieß es, die drohende Industrialisierung müsse aufgehalten werden. Der Handelsverband Baden-Württemberg (HBW) erklärte, das Land müsse „aus dem wirtschaftlichen Dornröschenschlaf“ erwachen und dringend notwendige Reformen schnellstmöglich angestoßen werden.

Sabine Hagmann, Geschäftsführerin des HBW will den Konsum anheizen.
Sabine Hagmann, Geschäftsführerin des HBW will den Konsum anheizen. | Bild: Valeria Nickel

Nur wer in Sicherheit ist, investiert

Auch das Thema Sicherheit treibt die Wirtschaftsvertreter um. Nach dem „Ausscheiden der US-Regierung als Stabilitätsanker der westlichen Wertegemeinschaft“ gewinne die Sicherheitspolitik enorm an Bedeutung, sagte UBW-Mann Barta.

Die künftige Bundesregierung müsse hier „eine aktivere und dominantere Rolle innerhalb Europas übernehmen“. Die Konstanzer IHK-Hauptgeschäftsführerin Klodt-Bußmann sagte, Wirtschaft könne sich nur in einem sicheren Umfeld, mit einer stabilen Sicherheitsarchitektur in Europa und einer geordneten weltpolitischen Lage gut entwickeln.

ZF-Sprecher: Starke Industrie ist Basis für starkes Deutschland und Europa

Auch einzelne Firmen richten ihre Wünsche an eine neue Regierung. Ein Sprecher des Friedrichshafener Automobilzulieferers ZF mahnte „eine konsequente Ausrichtung des künftigen Regierungshandelns an industriepolitischen Notwendigkeiten“ an. Ein starker Industriestandort sei die Basis für ein starkes Deutschland und Europa nach außen und eine starke Demokratie in unserem Land.

Und der Vorstandschef des Dämm-Weltmarktführers Sto aus Stühlingen am Hochrhein, Rainer Hüttenberger, sagte dem SÜDKURIER, man begrüße, „dass die CDU die meisten Stimmen erhalten hat und voraussichtlich eine Koalition mit der SPD bilden wird.“ Es benötige nun Impulse, insbesondere für die Baubranche. Man hoffe auf verlässliche Zusagen von der Politik, um attraktive Rahmenbedingungen für dringend benötigte Investitionen zu schaffen.“

Kai Burmeister, DGB-Chef im Land, will, dass die Schuldenbremse gelockert wird.
Kai Burmeister, DGB-Chef im Land, will, dass die Schuldenbremse gelockert wird. | Bild: Bernd Weißbrod

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die IG Metall forderten von einer neuen Bundesregierung eine Investitionsoffensive. DGB-Landeschef Kai Burmeister sagte, oben auf die Agenda gehörten nun die Modernisierung der Wirtschaft, die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Stärkung des Sozialstaates. Die Schuldenbremse müsse dringend reformiert werden, „damit der große Investitionsstau aufgelöst wird“. Investitionen müssten Vorrang vor Geschenken „an die Reichen in diesem Land“ haben.