Dank eines harten Sparkurses und getrieben von einer hohen Nachfrage an Energiewende-Produkten, IT-Anwendungen und Rüstungsgütern hat der Großmotorenbauer Rolls Royce Power Systems (RRPS) im abgelaufenen Jahr Rekord an Rekord gereiht.
2023 habe man den höchsten Umsatz und den höchsten Gewinn der Unternehmensgeschichte eingefahren, sagte RRPS-Vorstandschef Jörg Stratmann am Freitag. In die Zukunft gerichtet sagte er, das Unternehmen, dessen Aushängeschild Großmotoren der Marke MTU sind, habe „ein gutes Jahr 2024“ vor sich. „Wir sind uns sicher, mit unserer Strategie, richtig zu liegen.“
RRPS fährt Rekord bei Umsatz und Gewinn
Unter der Führung des seit Dezember 2022 amtierenden Firmenchefs hat sich RRPS eine neue strategische Ausrichtung zugelegt. Das Geschäft wurde auf fünf Wachstumsfelder – Notstromaggregate, komplexe Batterie-Systeme für Großanwendungen, Yacht- und Schiffsantriebe, die Rüstung sowie Wartung und Service – fokussiert.
Begleitet wird dies von Kostensenkungsprogrammen und dem Verkauf wenig rentabler Geschäftsbereiche. Auch Arbeitsplätze werden eingespart. Man habe einen „klaren Fokus auf Ergebnis und Cash“, sagte Stratmann am Freitag.

Der Maßnahmen-Mix hat 2023 zu einem bereinigten Umsatz von knapp 4,6 Milliarden Euro geführt, was einem Plus von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Der bereinigte operative Gewinn legte um fast die Hälfte (plus 44 Prozent) auf 474 Millionen Euro zu.
Das laufende Geschäft spült also viel Geld in die Kassen. Der Cashflow explodierte förmlich um 186 Prozent auf 530 Millionen Euro. Wie viel davon unter dem Strich bei RRPS hängen bleibt, ist aber unsicher. Entsprechende Gewinngrößen weist man nicht aus.
Die Friedrichshafener sind eine Tochter des britischen Triebwerksbauers Rolls Royce, der Mitte der Woche für 2023 nach Jahren mit teilweise tiefroten Zahlen ebenfalls glänzende Ergebnisse ausgewiesen hat. Ein Teil der RRPS-Gewinne fließt traditionell nach Großbritannien. Details hierzu nennt RRPS aber nicht.

- Notstromaggregate: Stratmann sagte, man sei in allen Zielmärkten sehr gut positioniert. Größter Umsatztreiber war 2023 der Verkauf von Diesel-Notstromaggregaten. Diese werden vor allem in kritischen Infrastrukturen, etwa in Krankenhäusern, Wasser- oder Kraftwerken, aber zunehmend auch in Rechenzentren eingesetzt. Die weltweit überall entstehenden Serverfarmen benötigen teilweise Dutzende der Diesel-Kraftwerke. RRPS ist hier Marktführer und wirbt damit, dass jeder dritte Mausklick weltweit durch ein MTU-Notstromaggregat abgesichert wird.
- Batteriespeicher: In den vergangenen Jahren hat der Konzern um solche Insellösungen herum ein ganzes Ökosystem von weiteren Energie-Anwendungen in den Markt gebracht. Mittlerweile kombinieren die Ingenieure aus Friedrichshafen ihre Systeme mit großen Batteriespeichern, die über Tage hinweg, Strom im Megawattbereich abgeben können. Die dafür nötige Steuerung und Netzanbindung wird mitgeliefert. Der Konzern schätzt, dass die Nachfrage hier in den kommenden Jahren um bis zu 20 Prozent jährlich ansteigen wird.
- Militär-Motoren: Spätestens seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, erhält das Unternehmen auch Schub von anderer Seite. RRPS ist einer der weltweit führenden Panzermotorenbauer und Haus-und-Hof-Ausstatter der Bundeswehr und einiger befreundeter Nato-Armeen. MTU-Motoren stecken beispielsweise in allen Leoparden, Mardern oder Pumas der Bundeswehr. Auch schwere Radpanzer wie der Boxer werden mit den Triebwerken vom Bodensee ausgestattet, aber auch ausländische Produkte, wie der israelische schwere Kampfpanzer Merkava greifen darauf zurück.
Stratmann sagte, man beliefere die „wichtigsten Panzerplattformen rund um den Globus“, aber auch „Patrouillenboote, Kampfschiffe oder Fregatten“ würden von MTU-Lösungen angetrieben. Um die steigende Nachfrage zu bedienen, hat das Unternehmen seit 2022 nach Aussagen von RRPS-Personalchefin Thelse Godewerth 75 Mitarbeiter neu eingestellt.
Man habe rechtzeitig in eine Erweiterung der Kapazitäten investiert und nun schon erste Aufträge für Leoparden und Puma-Panzer in den Büchern, sagte Stratmann. Details wollte er nicht nennen. Um zehn Prozent jährlich werden die Rüstungsumsätze mittelfristig wachsen, schätzt man bei RRPS. Ihr Anteil von 25 Prozent am Konzernumsatz, könnte sich künftig also ausweiten.

- Superyachten: Das Unternehmen profitiert aber auch von der zunehmenden Zahl an Superreichen. Diese kaufen sich oft Yachten, und in diesen wiederum surren oft MTU-Aggregate. Im Segment großer Yachten ist RRPS „weltweit die Nummer 1“, wie Stratmann sagte. Im vergangenen Geschäftsjahr hat man zudem eine italienische Spezialfirma für Schiffs-Kommandostände aufgekauft und sieht sich nun als eine Art Systemlieferant für Steuerung und Antrieb von Superyachten.
Andere Geschäftsteile werden dagegen abgestoßen. Diesel-Motoren im unteren Leistungsbereich, die RRPS bei Mercedes-Benz in Mannheim fertigen lässt, sollen an die Kölner Deutz verkauft werden, wie Finanzvorstand Andreas Strecker sagte.
Außerdem sind die Friedrichshafener dabei, ihre Brennstoffzellenaktivitäten aufs Abstellgleis zu schieben. Möglich ist hier ein (Teil-) Verkauf oder die Einbringung in ein Gemeinschaftsunternehmen.

Parallel laufen bei RRPS Kostensenkungsprogramme. Bestandteil sei etwa, Warenbestände und Durchlaufzeiten zu optimieren, aber auch Steigerungen bei Materialpreisen an die Kunden weiterzugeben, sagte Finanzchef Strecker.
Keine Aussagen zum Umfang des Sparprogramms
Zum Umfang des Sparprogramms äußerten sich die RRPS-Vorstände nicht. Allerdings ist klar, dass es auch die Belegschaft treffen wird. Der Mutterkonzern Rolls Royce hatte im Oktober angekündigt, weltweit bis zu 2500 streichen zu wollen.
Wie viele Stellen auf die deutsche Tochter mit ihren 10.525 Mitarbeitern an 32 Standorten entfallen, stehe aber noch nicht fest, sagte Arbeitsdirektorin Thelse Godewerth. Gleichzeitig sei klar, dass man sich „redundante Strukturen nicht weiter leisten kann“.
Betriebsbedingte Kündigungen sind bei den Friedrichshafenern aufgrund einer Standort- und Beschäftigungssicherung bis Ende 2026 ausgeschlossen. Abfindungen und Altersteilzeit sind aber möglich. Man wolle bei dem Thema „sehr sorgsam sein“, sagte Godewerth.
Investiert wird trotzdem. So hat sich der Konzern entscheiden, erstmals seit 20 Jahren für seine schweren Dieselmotoren der 4000er-Baureihe eine neue Plattform zu entwickeln und dafür einen „dreistelligen Millionenbetrag“ in die Hand zu nehmen.
Außerdem treibe man die Umstellung aller Produkte auf nachhaltige Kraftstoffe voran, so Stratmann. Biosprit der 2. Generation (HVO), Methanol, aber auch Wasserstoff sei hier relevant. „Ich sehe dies als klares Zeichen, auch für den Heimatstandort“, sagte Stratmann.