Sie sind die wohl fleißigsten Mitarbeiter in ihren Unternehmen. Denn: Sie sind permanent im Einsatz, hochproduktiv und man bemerkt sie kaum – außer man stört sie bei der Arbeit, dann werden sie gereizt. Die Rede ist von Bienen, die immer mehr Unternehmen auf ihrem Betriebsgelände halten. Um der Umwelt etwas Gutes zu tun, heißt es oft.
Ein neuer Trend
Und so sind im vergangenen Jahr fünf Bienenstöcke auf das Dach vom Daimler-Werk in Stuttgart gezogen, Porsche hat nach eigenen Angaben 650.000 Honigbienen auf einer werkseigenen Streuobstwiese in Stuttgart angesiedelt sowie weitere 1,5 Millionen Honigbienen auf einem Gelände in Leipzig, und die Anton Häring KG aus Bubsheim im Landkreis Tuttlingen beherbergt seit 2021 drei Bienenvölker in einem selbst gebautem Bienenstand – auf einer dafür angelegten Wildblumenwiese.
Bienen, könnten man meinen, sind der neue Trend bei den Unternehmen – zur Imagepflege, der Nachhaltigkeit wegen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Bei Häring kam die Idee für das Bienenprojekt von den Auszubildenden und den Studenten, die sich auch heute noch zusammen mit dem Hobby-Imker Ferdi Stier um die Tiere kümmern. Der Bienenstand stehe etwas abseits des Durchgangsverkehrs inmitten der Wildblumenwiese, sagt Nora Schuler von Häring. So haben die Tiere ihre Ruhe.
Wie viel Sinn macht das Halten von Honigbienen?
Der Honig bleibe erst einmal bei den Tieren. Als Nahrung. Denn Häring will mit dem Bienenprojekt vor allem eines: Umweltbewusstsein schaffen. „Und das Thema Nachhaltigkeit mit Projekten bewusst in unseren Geschäftsalltag integrieren“, sagt Geschäftsleiterin Miriam Häring. Auch Porsche begründet es ähnlich:
„Mit der Ansiedlung von Honigbienen und der Erhaltung von Streuobstwiesen leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Schutz heimischer Tiere und Pflanzen.“ Und bei Daimler heißt es: „Bienen sind eine wichtige Säule für die biologische Vielfalt und so können wir aktiv zum Schutz unseres Ökosystems beitragen.“

So gut das auch klingen mag: Der Vizepräsident vom Landesverband Württembergischer Imker Helmut Fesseler sieht das Engagement der Firmen kritisch. So richtig Sinn macht das Halten von Honigbienen nämlich nicht. „Es wirkt dem Insektensterben überhaupt nicht entgegen.“ Denn: Honigbienen haben keinen Einfluss auf den Wildbienenbestand. „Viele denken, sie helfen Bienen, wenn sie ein Bienenvolk halten.“
Doch das gehe am eigentlichen Problem vorbei. Weil nicht die Honigbiene, die seit jeher vom Menschen umsorgt werde, sondern die Wildbiene vom Aussterben bedroht sei. Und zwar wegen der Menschen. „Es sind ja wir, die die Umwelt so verändert haben, dass es keine Blühflächen mehr gibt, dass Gifte die Insekten töten“, sagt Fessler.
Der wirtschaftliche Nutzen der Bienen
Dabei seien Bienen von unschätzbarem, sogar wirtschaftlichem Nutzen. Wissenschaftlichen Schätzungen zufolge liegt der weltweite Nutzen der natürlichen Bestäubungsleistung von Tieren wie Bienen, aber auch von Schmetterlingen, Faltern, Wespen und Fliegen bei rund 265 Milliarden Euro pro Jahr. Ohne sie müsste etwa ein Drittel aller Nutzpflanzen, die auf unserem Speiseplan stehen, mit anderen Mitteln bestäubt werden, so Greenpeace.

Die Honigbiene bestäubt zwar schon, tatsächlich sogar eine Menge, sagt Fessler. „Aber sie ist ein Nutztier. Und es gibt Jahre, da ist es viel zu kalt für die Honigbiene. Sie kann dann nur einen kleinen Teil der Bestäubungsleistung übernehmen.“ Wildbienen, wie etwa die Hummel, ließen sich vom kalten Wetter nicht irritieren. „Sie sind auch bei sieben Grad unterwegs und führen dann eine Notbestäubung durch.“ Allein deswegen und auch der Artenvielfalt wegen sei wichtig, die eigentlich bedrohten Tiere nicht zu vergessen.
Was Firmen stattdessen tun könnten?
„Blühflächen fördern“, sagt der Imker. „In vielen Firmen gibt es Dutzend ungenutzte Ecken zwischen den Gebäuden, die könnte man blühend gestalten und so die Bio-Diversität fördern.“