Lange Zeit war diese Nachricht in Baden-Württemberg kaum vorstellbar:

Wohnungen sind Mitte 2022 tatsächlich günstiger geworden. Um gute fünf Prozent ist der Kaufpreis pro Quadratmeter gesunken — ein bisschen Entspannung mach einem umso heftigeren Preisanstieg seit 2019.

Dass Donaueschingen so viel teurer geworden ist als Konstanz, ist allerdings nur die halbe Wahrheit.

Neben hohen Zinsen spiele das Thema Energie eine Rolle für die Kaufpreise, so Jan Grade vom Marktforschungsinstitut Empirica Regio. „Wer energetisch sanieren muss, hat weniger Budget für den Kauf der Immobilie zur Verfügung.“ Wer sein Haus oder seine Wohnung verkaufen will, müsse hier mit entsprechenden Abschlägen rechnen.

Mieten steigen weiter

Und die Mieten? Die Entwicklung in Südbaden sei der Entwicklung auf Bundesebene sehr ähnlich, sagt Konstantin Kholodilin, Wohnungsbau-Experte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. „Dort auch sind die Kaufpreise Mitte 2022 eingebrochen, während die Mieten weiter steigen.“

Die Mietpreise in der Bodenseeregion hätten sich sogar überdurchschnittlich entwickelt, sagt Marktforscher Jan Grade. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Die Region ist beliebt. „Im Vergleich zeichnet sich die Region um den Bodensee durch eine überdurchschnittliche Zuwanderung und damit ein überdurchschnittliches Bevölkerungswachstum aus“, so Grade. Das führe zu einer zunehmenden Knappheit, weniger Leerstand und am Ende höheren Preisen.

Lohnt es sich jetzt, zu kaufen?

Trotz sinkender Preise ist für viele kein günstiger Zeitpunkt, um sich den Traum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen. „Für die Finanzierung wird immer mehr Eigenkapital benötigt und wegen des Zinsanstiegs fällt die monatliche Rate für die Finanzierung immer öfter höher aus als die Miete für ein vergleichbares Objekt.“, sagt Grade.

Wirklich lohnen würde sich der Erwerb einer Immobilie aktuell lediglich für Menschen mit großem Eigenkapital, sagt DIW-Experte Kholodilin. „Für diejenigen, die langfristig einen Immobilienerwerb planen, wäre es sinnvoll, weiter zu mieten und möglichst viel in die Bildung des Eigenkapitals zu investieren.“

Wie geht es weiter? Sinken bald auch die Mieten?

Mieten rauf, Kaufpreise runter: Diese Entwicklung werde auch im laufenden Jahr weiter zu beobachten sein, sagt Kholodilin. Bei den Kaufpreisen werde dieser Trend wahrscheinlich so lange anhalten, bis die Wirkung der steigenden Zinsen durch andere Faktoren, wie der Bevölkerungsentwicklung oder steigenden Baukonsten, kompensiert werde. „Bei den Mieten kann man weitere Anstiege erwarten, weil sie von der Zinsentwicklung kaum erfasst werden, auf die wachsende Bevölkerung sehr stark reagieren.“

Zusätzlich würde auch ein Rückgang des Neubaus dafür sorgen, dass die Mieten weiter steigen, sagt Jan Grade. Sein Fazit: „Ob Mieten oder Kaufen: Die Bezahlbarkeit kommt erst durch Einkommenszuwächse wieder.“