„Mit einem blauen Auge davongekommen.“ „Schwieriges Jahr, aber immerhin profitabel“ – man merkt Andreas Schell an, dass er nach monatelanger Corona-Krise auch einmal Lust hätte, eine Erfolgsgeschichte zu verkünden. Und die gibt es durchaus beim Friedrichshafener Antriebsspezialisten Rolls-Royce Power-Systems (RRPS).

Lob für die RRPS-Beschäftigten vom Chef

Diese zum Beispiel: Mitten in der Pandemie erreichte RRPS-Chef Schell vergangenes Jahr ein Notruf von fernen Gestaden. Vor einer Insel an der Ostküste Afrikas trieb eine havarierte Super-Yacht mit Motorschaden auf hoher See. Den Kunden dürfe er nicht nennen, sagt er. Wohl aber, dass man sofort ein Team zusammengestellt habe, um das Problem zu lösen. Innerhalb kürzester Zeit sei man aufgebrochen. Auf hoher See, ohne einen Hafen anlaufen zu können, hätten die RRPS-Mitarbeiter mit fast 20 Tonnen Material im Gepäck den Schaden behoben. „Eine absolute Spitzenleistung“, sagt Schell. „Wir konnten uns auf unsere Mannschaft absolut verlassen.“ Dass das Unternehmen, „anständig durch die Krise gekommen“ ist, wie Finanz-Chefin Louise Öfverstöm, sagt, sei daher zu einem großen Teil der Belegschaft zu verdanken.

15 Prozent Umsatzrendite ist bis 2025 nicht mehr erreichbar

Federn gelassen hat der auf große Diesel- und Gasmotoren für Schiffe, Baumaschinen oder Militärfahrzeuge spezialisierte Anlagenbauer aber dennoch. Um 17 Prozent brach der Umsatz 2020 ein. Auf rund 3,1 Milliarden Euro. Beim bereinigten Ebit schlug gar ein Minus von mehr als der Hälfte zu Buche. Operativ verdiente die Rolls-Royce-Tochter aus Friedrichshafen 200 Millionen Euro. Mit einer Umsatzrendite von 6,5 Prozent ist RRPS mit seiner Kernmarke MTU damit immer noch viel profitabler als die meisten anderen Maschinenbauer. Allerdings ist man von den selbst gesetzten Zielen weit entfernt.

Vorstandsvorsitzender von Rolls-Royce Power Systems und Präsident des Rolls-Royce-Geschäftsbereichs Power Systems Andreas Schell ...
Vorstandsvorsitzender von Rolls-Royce Power Systems und Präsident des Rolls-Royce-Geschäftsbereichs Power Systems Andreas Schell zusammen mit Louise Öfverström, Finanzvorständin von Rolls-Royce Power Systems. | Bild: RRPS

2018 hatte das Unternehmen ein operatives Renditeziel von 15 Prozent bis zur Mitte des kommenden Jahrzehnts ausgerufen. Davon hat sich RRPS nun verabschiedet. „Es ist völlig klar, dass sich das coronabedingt nach hinten verschieben wird“, sagte Schell. Auch die Transformation des Unternehmens weg vom Diesel-Antrieb koste viel Geld. Langfristig halte man indes an der Zielmarke fest. Wann genau sie erreicht werden soll, ließ Schell offen.

Batteriespeicher und Power-To-X-Verfahren für saubere Energien

Tatsächlich steht RRPS voll im technologischen Umbruch. Unter seinem Vorstandsvorsitzenden entwickelt sich das Unternehmen zum Anbieter schlüsselfertiger Energielösungen, sowohl für mobile Anwendungen, als auch für Klein-Kraftwerke, die etwa Rechenzentren, Gebäude oder kleinere Stadtviertel mit erneuerbaren Energien versorgen. Dazu stellt sich RRPS neu auf und bündelt das Geschäft in vier Bereiche. Neben dem klassischen Motorenbau steht dabei der Bereich alternativer Antriebs- und Energieformen im Vordergrund. „Wir müssen unseren Kunden, den Übergang zu nachhaltigen und klimafreundlichen Lösungen ebnen“, sagt Schell. Neben sogenannten Power-to-X-Technologien, mit denen unter Einsatz von Öko-Strom grüner Wasserstoff oder Methan hergestellt werden kann, setzt RRPS vor allem auf Batteriespeicher und die Brennstoffzelle.

Daimler und Volvo liefern Brennstoffzellen

Diese sieht Schell als kommende Alternative zu Diesel und Gas. „Ich freue mich, dass die Brennstoffzellen-Technologie jetzt reif ist“, sagte Schell. 2020 hatte RRPS angekündigt bei dem Thema mit Daimler und Volvo zusammenzuarbeiten. Diese kooperieren und wollen schwere Nutzfahrzeuge bis Ende des Jahrzehnts mit Brennstoffzellen ausstatten. RRPS wird sie für stationäre Anwendungen nutzen und komplette Kleinkraftwerke daraus aufbauen. Teile des Friedrichshafener Stammwerks sollen so künftig mit Öko-Energie versorgt werden.

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Diese Technologien will RRPS neben Motoren verstärkt auch in China anbieten. Auf dem Markt müsse man „noch viel präsenter werden“. Die China-Aktivitäten werden daher in einen neuen Geschäftsbereich gebündelt.

Ein Umsatzziel für 2021 nannte Schell nicht. Man wolle aber den Schwung der 2. Jahreshälfte 2020 ins neue Jahr mitnehmen. Klar sei, dass man den Umsatz im laufenden Jahr im Vergleich zu 2020 steigern werde.