Während die deutschen Fahrzeugbauer und Automobilzulieferer wenig Grund zur Freude aber viele Gründe zur Klage haben, geht es mit dem Friedrichshafener Motorenhersteller Rolls Royce Power Systems (RRPS) nicht nur bergauf, sondern steil bergauf. Vorstandschef Jörg Stratmann hatte im Februar vergangenen Jahres ein „gutes Jahr 2024“ prophezeit. Doch das war, wie sich jetzt zeigt, allzu schwäbisch nüchtern formuliert.

Stratmann: „Sensationelle Ergebnisse“

Denn jetzt kann das Unternehmen mit ungewöhnlichen Rekordzahlen glänzen. Das animiert Stratmann zu einer emotionaleren Rhetorik, indem er von „sensationellen Ergebnissen“ spricht. Denn RRPS hat 2024 erstmals die Umsatzmarke von fünf Milliarden Euro geknackt, ein Plus von elf Prozent.

Einen entsprechend hohen bereinigten Betriebsgewinn kann das Unternehmen an die englische Konzernmutter überweisen: 662 Millionen Euro. Das ist eine Steigerung von 40 Prozent im Vergleich zu 2023, in dem bereits in Rekordgewinn verzeichnet worden war. So konnte man auch bei der Umsatzrendite nochmals deutlich zulegen: Von 10,4 auf 13,1 Prozent.

Künstliche Intelligenz und Zeitenwende

Hinter dem neuerlichen Geldsegen für RRPS stehen vor allem zwei Umsatztreiber: Die beginnende Revolution durch die Künstliche Intelligenz und die neue Bedrohungslage in Europa, die neue Anstrengungen auf dem Gebiet der Verteidigung verlangt.

Für beide Herausforderungen ist das Unternehmen, das deutschlandweit zurzeit 10.350 Mitarbeiter – davon 6150 in Friedrichshafen – beschäftigt, historisch bestens gerüstet.

So baut man seit vielen Jahren Notstromaggregate, die unter anderem in Kernkraftwerken zum Einsatz kommen und im Ernstfall die Energieversorgung der Anlage garantieren.

Die im Prinzip gleichen Systeme werden in den riesigen Server-Farmen benötigt, die die bekannten US-Tech-Konzerne weltweit erstellen. In dieses neue Marktsegment stößt RRPS mit seiner Expertise nun vor und ist mit allen prominenten US-Datensilos im Geschäft.

Dass sich dieses weiter steigern lässt, zeichnet sich klar ab. Die digitale Revolution durch die Künstliche Intelligenz hat gerade erst begonnen, und das bedeutet wachsenden Bedarf an Sicherheits-Backup-Systemen zur Stromversorgung. „Jede dritte Email, die auf der Welt versendet wird, ist durch uns abgesichert“, sagt CEO Stratmann. Demnach generiert dieses Geschäftsfeld schon die Hälfte des RRPS-Umsatzes.

Bundeswehr kauft wieder verstärkt ein

So wie RRPS als eine technische Stütze der Daten-Gesellschaft agiert, ist ohne ihre Motoren der Marke MTU eine Ausstattung der Bundeswehr mit modernen Gefechtsfahrzeugen und der Marine mit neuen Schiffen nicht denkbar. Hier stützt sich das Unternehmen auf 60 Jahre Erfahrung, die ihm bei der Fortentwicklung etwa des Kampfpanzers „Leopard 2“ und der Neu-Motorisierung des betagten Vorgängers „Leopard 1“ zugute kommt.

Die ersten Aufträge, die auch aus dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr finanziert werden, sind mittlerweile in Friedrichshafen angekommen, an Ideen zur technischen Optimierung der Panzer-Triebwerke reifen bereits.

Zwei neue Projekte des Motorenbauers

Jörg Stratmann spricht von „pfiffigen Konzepten“, die die Leistung des „Leopard 2“ von derzeit 1500 PS erhöhen könnten – ein Erfordernis, da die neueste Version durch verbesserte Panzerung und Anbauten rund 14 Tonnen schwerer ist, als die erste Variante aus den 80er-Jahren.

Von Vorteil ist für RRPS, dass auch andere Nato-Armeen die Anschaffung neuer Fahrzeuge planen, in denen ein MTU-Triebwerk arbeitet. Von einem weiter wachsenden Rüstungsmarkt wird das Unternehmen, das in dieser Sparte in Europa an der Spitze marschiert, also profitieren können.

Rundum-sorglos-Paket für Luxusyachten

Ungebremst von der derzeitigen Wirtschaftskrise bleibt auch das Geschäft mit den superreichen Eignern von Luxus-Yachten. Auch hier ist RRPS schon seit Jahrzehnten Lieferant, allerdings werden jetzt größere Räder gedreht.

Durch den Zukauf eines italienischen Herstellers von Kommandobrücken sind die Friedrichshafener jetzt in der Lage, den Yacht-Kapitänen vom Steuerrad bis zur Schiffsschraube ein Rundum-Sorglos-Paket zu schnüren.

Dieses dehnt sich auch auf die Kraftstoffe aus, mit denen die bis auf Weiteres unverzichtbaren Verbrenner-Triebwerke betankt werden müssen. Allerdings schreitet die Ökologisierung des Kraftstoffs voran, für den es mit dem erneuerbaren HVO-Diesel ein immer wichtigeres Angebot gibt, da er aus pflanzlichen Stoffen und Abfällen gewonnen werden kann.

Mittlerweile schlucken rund 80 Prozent aller MTU-Motoren HVO. Als Alternativen sind Methanol und Wasserstoff im Angebot, die auch bei Stromaggregaten zum Einsatz kommen.

Auf US-Strafzölle vorbereitet

Was seine Zuversicht für das laufende Jahr angeht, will sich Vorstandschef Stratmann auch von der Zoll-Keule des US-Präsidenten Donald Trump nicht schrecken lassen. Man habe Szenarien durchgerechnet und sei vorbereitet, heißt es.

Das könnte Sie auch interessieren

Zudem könnten amerikanische Geschäftspartner selbst von Zöllen betroffen sein, weil sie in Deutschland Produkte einkaufen. An die Adresse der Politik richtet Stratmann den Appell, schnell eine handlungsfähige Regierung zu bilden und dann eine „mutige Reformagenda“ umzusetzen.

Vertragsverlängerung liegt noch beim Aufsichtsrat

Zu seiner eigenen beruflichen Zukunft und zur noch anstehenden Verlängerung seines Vertrages nahm der Vorstandschef auf Nachfrage des SÜDKURIER nur insofern Stellung, als er von „Spekulationen“ sprach und auf die künftige Entscheidung des Aufsichtsrates verwies.

Kürzlich war bekannt geworden, dass Stratmann einer privaten Personengruppe, darunter auch Angehörige, eine aufwändige Tour durch die beiden Friedrichshafener Werke angedeihen ließ – ein Verfahren, das als unüblich und laut Experten für eine schnelle Vertragsverlängerung wenig nützlich gilt. Dagegen könnten die neuen Rekordzahlen auf das Haben-Konto des Managers einzahlen.