Das Tauziehen um die insolvente Aluminiumhütte Rheinfelden hat ein Ende. Ein umstrittener russischer Konzern kann den traditionsreichen Aluminium-Kocher übernehmen. Nach dem Bundeskartellamt habe nun auch das Bundeswirtschaftsministerium den Weg für die Übernahme durch den Aluminiumkonzern Rusal freigemacht, sagte ein Sprecher des Übergangs-Sanierers unserer Zeitung.
Warum interessiert sich ein Alu-Gigant für einen Mittelständler aus der Provinz?
Das Unternehmen, das durch die Auswirkungen der Corona-Krise in die Pleite gerutscht war, bleibe vollständig erhalten, inklusive von rund 50 Arbeitsplätzen, die von der Vorgänger-Geschäftsführung abgebaut worden seien, hieß es weiter. Insgesamt seien damit rund 250 Arbeitsplätze sowie der Standort Rheinfelden gerettet.
Roman Andryushin, Vertriebs-Chef des russischen Käufers Rusal, sagte, von der Übernahme würden „beide Unternehmen profitieren“.

Dem Geschäft vorausgegangen war ein wochenlanger Bieterwettstreit um die traditionsreiche Alu-Schmelze. Der Betrieb, der rund 120 Jahre in Familienbesitz war, hält 70 Patente, etwa für Aluminium-Speziallegierungen, die sowohl in der Luft- und Raumfahrt, als auch in der Automobil- und Rüstungsindustrie begehrt sind. Insbesondere die Autobranche setzt verstärkt auf Hochleistungsstähle und Alu-Bauteile, um das Gewicht von E-Fahrzeugen zu senken.
Ex-Infineon-Chef wollte das Unternehmen auch
Mitte Februar hatte der weltweit zweitgrößte Alu-Hersteller Rusal nach längeren Verhandlungen einen Durchbruch beim Ringen um den mit einem Umsatz von etwa 110 Millionen Euro sehr viel kleineren Mittelständler aus dem Badischen verkündet. Sowohl der Betriebsrat, als auch Gewerkschaft und Gläubigerausschuss sprachen sich für das russische Angebot aus. Auch das Bundeskartellamt gab wenig später sein Placet.
Aufgrund der strategischen Bedeutung des Zulieferers wichtiger Industriebereiche schreibt das Außenwirtschaftsgesetz indes eine Prüfung durch das Bundeswirtschaftsministerium vor. Das ließ sich indes Zeit, und das eröffnete Raum für Alternativen.
Leichtbau für Putins Panzer?
Ende März wurde öffentlich, dass eine weitere Investoren-Gruppe namens Euro-Atlantic unter Führung des ehemaligen Infineon-Chefs und Hobby-Rennfahrers Ulrich Schumacher ebenfalls eine Übernahme plane und einen insolvenzplan beim Amtsgericht Lörrach eingereicht habe. Kurz vorher waren Medienberichte veröffentlicht worden, die Zweifel an den Motiven des russischen Alu-Riesen anheizten.
So berichtete die „Bild“ mehrfach über einen möglichen Transfer sicherheitsrelevanten Know-Hows von der badischen Alu-Hütte gen Osten. Unter der Überschrift „Deutsche Patente für Putins Panzer“ wurden Befürchtungen geäußert, die in Rheinfelden hergestellten Speziallegierungen könnten dazu dienen, den Gefechtswert russischer Panzer und Kampfflugzeuge durch Leichtbautechnologien zu steigern.
Fern liegt die Vermutung nicht. Immerhin liefert Rusal auch dem russischen Militär zu und wurde jüngst von Präsident Wladimir Putin als strategisch relevant bezeichnet. Rusal bestritt indes vehement, nur auf Patente aus zu sein.
War die Alu-Hütte ein Schnäppchen?
Wahrscheinlicher ist, dass es sich bei den Alu-Schmelzern einfach nur um ein Schnäppchen handelte. Zwar wurde über den Kaufpreis nichts bekannt. „Die Welt“ zitierte aber Insider, wonach die Russen 15 Millionen Euro für die Alu-Hütte ausgegeben haben sollen.
Anmerkung der Redaktion:
Zum oben genannten Satz: „Immerhin liefert Rusal auch dem russischen Militär zu…“ merkt das Unternehmen an: „Dies ist sachlich falsch.“ Richtig ist: „Rusal produziert keine militärischen Güter und hat keine direkten Geschäftsbeziehungen zur Rüstungsindustrie.“