Angesichts steigender Infektionszahlen mit dem Coronavirus dringt die Politik auf mehr Tests in Unternehmen. „Mindestens einmal die Woche, besser zweimal“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vergangene Woche, solle getestet werden. In einem Interview brachte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sogar eine gesetzliche Regelung ins Spiel.

Man müsse das Testen in den Betrieben „wahrscheinlich“ verpflichtend machen, sagte sie in der Sendung „Anne Will“ am Sonntagabend. Die bisherige Selbstverpflichtung der Wirtschaft bei Corona-Tests reiche möglicherweise nicht aus. Viele Unternehmen in der Region haben indes schon längst selbst die Initiative ergriffen, und testen ihre Belegschaften aktiv, darunter ist auch der SÜDKURIER. Ein Überblick:
Rolls-Royce Power Systems
Der Großmotorenbauer (RRPS) mit seinen rund 5500 Mitarbeitern am Standort Friedrichshafen arbeitet derzeit mit externen Beratern an Schnelltest-Konzepten. „Wir sind dabei, qualitätsgesicherte Tests in ausreichender Anzahl zu beschaffen“, erklärt Unternehmenssprecher Wolfgang Boller.

Allerdings habe RRPS für seine Werke in Friedrichshafen bereits seit Monaten ein Konzept für PCR-Tests, das situationsabhängig angewendet werde, beispielsweise wenn Mitarbeiter Symptome zeigten. „Es kann jederzeit äußerst flexibel reagiert werden und bei Bedarf kurzfristig getestet werden. Die damit gemachten Erfahrungen sind sehr gut, wie vereinzelt festgestellte Covid-19-Infektionen beweisen. Rolls-Royce konnte innerbetriebliche Ausbreitungen mit diesem Ansatz bislang erfolgreich verhindern“, sagt Boller.

Zudem seien rund 80 bis 90 Prozent der Büromitarbeiter im Home-Office. Für alle anderen gelte ein strenges Hygienekonzept mit Schichtarbeitszeitmodellen und FFP2-Maskenpflicht an Arbeitsplätzen, an denen die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können.
Straub Verpackungen
Der Verpackungsspezialist Straub aus Bräunlingen hat für seine rund 600 Mitarbeiter bereits im Oktober ein Testangebot geschaffen und dafür vier Mitarbeiter ausgebildet. „Unsere Teststrategie zu Beginn war, allen Mitarbeitenden und dem Unternehmen bei Verdachtsfällen eine schnelle Möglichkeit der Sicherheit zu geben“, heißt es auf Anfrage.

Seit Februar können sich Mitarbeiter drei Mal pro Woche im Unternehmen testen lassen, teilt Gaby Schrenk von der Personalabteilung mit. Rund 800 Testungen seien im Unternehmen vorgenommen worden, weitere 600 bei kooperierenden Ärzten. Auch im privaten Bereich sollen die Mitarbeiter Sicherheit vor einer Ansteckung erlangen und können Selbsttests zum Einkaufspreis erwerben.
Straub habe das Hygiene- und Sicherheitskonzept beständig an die Pandemielage angepasst. „Die Sicherheit der Mitarbeitenden im Unternehmen ist uns ein großes Anliegen und dafür investieren wir viel Zeit und Geld“, sagt Gaby Schrenk. „Da wir als systemrelevant eingestuft sind, tragen wir eine große Verantwortung und sind uns dieser auch bewusst.“ Die Mitarbeiter seien dankbar über das Angebot und nähmen es gerne an. Die kurzen Wege und eine Testung in vertrauter Umgebung trage dazu bei, den Mitarbeitern Unsicherheiten zu nehmen, ist sich Gaby Schrenk sicher.
Südkurier
Alle SÜDKURIER-Mitarbeiter, die nicht ins Homeoffice ausweichen können, sondern in Präsenz arbeiten, können sich einmal in der Woche auf freiwilliger Basis einem Schnelltest unterziehen. „Je nach Infektionslage werden wir die Testungen auch zweimal wöchentlich anbieten“, sagt Pandemie-Managerin Julia Klose, Assistentin der SÜDKURIER-Personalabteilung. Alle, die in der Produktion arbeiten, bekommen täglich Selbsttests.

Für die Geschäftsführung des Medienhauses ist die Einführung betriebsinterner Schnelltests eine Selbstverständlichkeit. „Man muss ja nicht auf die Politik warten. Vielmehr sollte es im Eigeninteresse eines jeden Betriebs liegen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen“, so Peter Selzer, Geschäftsführer des SÜDKURIER Medienhauses. Die Gesundheit der Mitarbeiter habe oberste Priorität. Es sei wichtig, soziale und gesamtwirtschaftliche Verantwortung zu übernehmen, so Selzer.
Darum hat das Unternehmen am Konstanzer Stammsitz jetzt in Kooperation mit der Petershauser Apotheke ein eigenes Schnelltestzentrum eröffnet. Für Kollegen an anderen Standorten wurden weitere Kooperationen mit ansässigen Apotheken geschlossen, wo Tests durchgeführt werden können. Die Beauftragung einer Agentur kam für die Geschäftsführung nicht in Frage. „Wir sind ein regionales Unternehmen und geben immer regionalen Anbietern den Vorzug“, stellt Peter Selzer fest.

Das betriebsinterne Angebot kostenloser Schnelltest wird von den Mitarbeitern gerne angenommen. „Das ist super“, findet beispielsweise Sebastian Maione, Mitarbeiter der Druckerei Konstanz. „Es gibt ein gutes, sicheres Gefühl, denn man möchte niemand anderen anstecken“, sagt er. Die Möglichkeit, sich direkt am Arbeitsplatz ganz nach dem Prinzip der kurzen Wege testen zu lassen, sei ideal. „Sonst müsste man erst einen Termin ausmachen und extra zum Testzentrum fahren“, so Sebastian Maione.
Hyperstone
Die Konstanzer Firma Hyperstone testet ihre Mitarbeiter seit vergangener Woche auf Corona. Das bestätigt Axel Mehnert, Vizepräsident für Marketing und Produktstrategie. Hyperstone beschäftigt sich mit dem Design von Flash-Memory-Controllern, die Speichermedien steuern, und dem Entwickeln von verlässlichen und stabilen Steuermodulen für industrielle Speicher. Wichtige Produktionsschritte können daher nicht vom Homeoffice gemacht werden.
Von den rund 60 Mitarbeitern muss etwa die Hälfte direkt im Betrieb arbeiten. Zur Sicherheit der Mitarbeiter habe sich die Firma daher entschlossen, zwei Mal pro Woche den Mitarbeitern Tests anzubieten, erklärt Patrizia Bonsignore, Qualitätsmanagerin und Hygienebeauftragte des Unternehmens. „Geplant ist, dass wir jeden Montag und Donnerstag auf freiwilliger Basis testen lassen“, sagt sie.
Das besondere an den Tests: Es handelt sich dabei nicht um Antigen-Schnelltests, sondern um neuartige PCR-Tests (Polymerase-Kettenreaktion-Test) zum Gurgeln. Diese PCR-Tests wurden an der Universität Konstanz entwickelt. Sie sind deutlich sensitiver als Schnelltests und ermöglichen ein schnelleres Testergebnis als gewöhnliche PCR-Tests. Innerhalb von rund fünf Stunden lege ein verlässlicher Befund vor. Bisher sind alle Testergebnisse negativ ausgefallen – kein Mitarbeiter hatte in sich in diesem Zeitraum mit dem Virus angesteckt.
Aesculap
Beim Medizintechnik-Spezialisten in Tuttlingen werden seit fast einem Jahr anlassbezogen Corona-Tests durchgeführt. Das Unternehmen will seine Testangebote aber erweitern, heißt es auf Anfrage aus der Pressestelle. „Künftig planen wir auch Selbsttests anlassbezogen einzusetzen, sobald diese in ausreichender Menge verfügbar sind.“ Geplant sei, den rund 3350 Mitarbeitern nach Ostern pro Woche einen Selbsttest zur Verfügung zu stellen. Das sei allerdings auch von der Verfügbarkeit der Tests abhängig.

Derzeit werden die Antigen-Schnelltests beispielsweise durchgeführt, wenn externe Besucher wie Kunden, Dienstleister oder Handwerker an den Standort kommen. „Zusätzlich führen wir umfangreiche Tests im Rahmen der Kontaktpersonennachverfolgung durch“, teilt Aesculap mit. Die Tests seien freiwillig. „Wir vertrauen jedoch auf die Bereitschaft unserer Belegschaft, womit wir gute Erfahrungen machen.“
Aesculap hat ein eigenes Testzentrum, das von den Betriebsärzten und Betriebssanitätern unterstützt wird. Man habe mit der Teststrategie gute Erfahrungen gemacht und mögliche Infektionsketten frühzeitig unterbrechen können.
Eto Magnetic
Der Automobilzulieferer in Stockach führt derzeit durchschnittlich 120 Schnelltests pro Woche durch. Das erzählt Geschäftsführer Michael Schwabe. Eingeführt wurden die Tests vor Weihnachten als die Infektionen wieder anstiegen. „Wir wollten ein klares Bild haben“, sagt Schwabe.

Die Teststrategie des Unternehmens sieht vor, gezielt Reihentests in wechselnden Bereichen durchzuführen, um auszuschließen, dass einzelne Abteilungen Überträger sind. Außerdem würden Personen getestet, bei denen es im privaten Umfeld Corona-Infektionen gab oder bei denen aus anderen Gründen ein erhöhtes Risiko bestehe. Als dritte Säule könnte sich jeder der rund 1300 Mitarbeiter freiwillig testen lassen.
Von den Stichproben sei bislang keine positiv gewesen. Die rund 22 Corona-Fälle, die es am Standort gab, seien auf das private Umfeld der Mitarbeiter und deren Aktivitäten zurückzuführen, sagt Schwabe. Bislang werden die Tests in Kooperation mit einer Arztpraxis durchgeführt. Dabei unterstützen vier Eto-Mitarbeiterinnen das medizinische Personal. Auch sollen die Mitarbeiter bald die Möglichkeit haben, sich selbst zu testen.

„Ich habe die Anfänge der Pandemie in China direkt mitbekommen“, sagt Schwabe, der Anfang 2020 dort bei der Eröffnung eines Werkes war. Seitdem habe man eng mit den Niederlassungen in China und USA kooperiert und Strategien ausgetauscht. So wird im Werk in Stockach den Mitarbeitern die Temperatur gemessen, in wichtigen Räumen seien Luftfilteranlagen installiert worden.
Außerdem habe das Unternehmen Rechner für das Homeoffice angeschafft, sowie Plexiglasscheiben zwischen den Arbeitsplätzen installiert. „Wir haben eine gute Auftragslage und sind froh, dass wir arbeiten dürfen“, sagt Schwabe. „Es ist wichtig, dass wir unsere Mannschaft gesund halten und Mitarbeiter und ihre Familien schützen.“