Herr Trachsel, bei Wintersportlern sind Sie unbeliebt. Wie lebt es sich damit?
Warum sollte ich unbeliebt sein?
Ihr Unternehmen ist Marktführer bei sogenannten dynamischen Preisen für den Wintersport. Die Schweizer Stiftung Konsumentenschutz hat sagt, bei dieser Art der Preise zahlten fast immer die Kunden drauf...
Wir sehen das anders. Die Meinung der zitierten Stiftung verkennt die Mehrwerte, die die Wintersportler von der Einführung dynamischer Preissysteme (DP) in den Alpen haben.
Welche wären das denn genau? Immerhin konnten die Skigebiete, die ihr Preismodell nutzen, bislang Preissteigerungen bei Tickets von fünf bis 25 Prozent durchsetzen.
Am Ende ist es doch so, dass man keinen Preis gegen den Konsumenten machen kann. Das kann nicht funktionieren, und das ist auch nicht unser Ziel. Daher ist die Kritik unberechtigt. Bemängelt wird beispielsweise regelmäßig, dynamische Preise seien intransparent. Das Gegenteil ist der Fall. Jeder Kunde kann über die Kundenportale der Bergbahnen exakt sehen, wann ein Ticket wie viel kostet und genau dann buchen, wenn es für ihn optimal ist.
Und das Argument mit den teureren Tickets?
Grundsätzlich wird es tendenziell teurer. Das stimmt und dazu stehen wir auch. Aber es wird eben nicht immer teurer, sondern oft auch billiger. Am Titlis in Engelberg konnten die Bergbahnen in der vergangenen Saison beispielsweise an einzelnen Tagen Preise anbieten wie seit 20 Jahren nicht mehr. Eine ähnliche Entwicklung hatten wir auch im österreichischen Silvretta-Montafon, wo unser Preissystem seit letzter Saison genutzt wird.
Aber wir reden hier doch über einzelne Tage in einer Saison, wahrscheinlich in Nebenzeiten oder unter der Woche…
Klar, die Preise schwanken jetzt anders als es früher der Fall war. Der Haupteinflussfaktor der Schwankungen ist die Nachfrage und damit die Auslastung der Skigebiete, aber auch das Wetter. Das bedeutet: Wer nur bei strahlendem Sonnenschein und am Wochenende auf die Piste will, bezahlt mehr. Und derjenige, der flexibel ist und dem das Wetter wenig ausmacht, spart, weil die Nachfrage an solchen Tagen meist gering ist. Das gleiche trifft für Personen zu, die frühzeitig buchen – diese können selbst in der Hochsaison teilweise substanziell günstiger auf die Piste.
Also ist der Konsument schuld, wenn es teuer wird?
In der neuen Welt ist einfach entscheidend, wie sich der Konsument verhält. Und wir sehen ganz deutlich, dass die Zahlungsbereitschaft bei vielen da ist. Wir sehen, dass sehr viele Wintersportler extrem kurzfristig buchen. Ihnen ist es wichtig, einen tollen Skitag mit strahlendem Sonnenschein zu haben und sie sind bereit, für dieses Erlebnis auch mehr zu bezahlen. Die Preisverantwortung trägt jetzt der Konsument, und wir geben ihm die Möglichkeit, selbst zu entscheiden.
Man könnte also sagen, der Schönwetterskifahrer wird abkassiert, weil er nicht willens ist, sein Verhalten zu ändern und in andere Zeiten auszuweichen?
Das ist mir zu hart formuliert, aber es ist schon so, dass man bei dynamischen Preissystemen in erster Linie Preisvorteile erhält, wenn man bereit ist, frühzeitig zu buchen oder bezüglich der Daten flexibel ist. Dies sehen wir beispielsweise auch gerade bei Familien, die die Ferien kennen und ihre Skitickets oft Wochen im Voraus buchen und dadurch zu sehr attraktiven Konditionen auf die Piste kommen.
Wieso setzen die Bergbahnen eigentlich auf dynamische Preissysteme?
Das brutale am Geschäft der Bergbahn- und Liftbetreiber ist, dass die Kosten eigentlich fast jeden Tag gleich hoch sind, egal, ob im Skigebiet viel oder wenig los ist. Es gibt Tage, da ist die Auslastung tausend Mal höher als an anderen Tagen. Das ist betriebswirtschaftlich eine riesige Herausforderung. Dynamische Preise wirken dem entgegen, indem Sie Anreize setzen, diese Nachfragespitzen zu glätten. Das kommt den Bergbahnen zugute. Diese sehen sich ja stets steigenden Kosten gegenüber. Ich kenne keinen Betreiber, der sich von unserem Preissystem wieder verabschiedet hat.

Wann ist der beste Zeitpunkt ein Ticket zu kaufen?
Für unser Preissystem heißt die Regel ganz einfach: So früh wie möglich buchen. Wir geben jedem Kunden die Garantie, dass der aktuelle Preis immer der günstigste ist. Anders ausgedrückt: Es wird nicht billiger, wenn man mit der Buchung wartet.
Wer im Internet bucht, überlässt Firmen wie Pricenow auch Nutzerdaten. Kann es sein, dass Kunde A aufgrund einer anderen Zahlungsbereitschaft oder eines anderen Endgeräts am selben Tag mehr bezahlt als Kunde B?
Technisch ist das möglich, und ich weiss nicht, ob Konkurrenten von uns das tun. Wir bei Pricenow schließen das für uns aus. Mit Preis-Fairness hat das nichts zu tun.
In der Schweiz nutzen schon acht von zehn der großen Skigebiete dynamische Preise. Wohin geht der Trend in den anderen Alpenländern?
In der Schweiz sind die neuen Preissysteme schon an der Tagesordnung. In Frankreich, aber vor allem auch in Österreich spüren wir ein deutlich wachsendes Interesse und erste namhafte Bergbahnen haben auch da dynamische Preise bereits eingeführt. Wir denken, das wird sich überall durchsetzen.
Das heißt Tageskarten, die das ganze Jahr über gleich teuer sind, wird es in Zukunft nicht mehr geben?
Der Fixpreis ist perspektivisch in den Skigebieten der Alpen tot. Diese Form des Bezahlens stößt einfach an seine Grenzen. Bisher haben die Bergbahnen ihre Kosten plus einen Gewinnaufschlag einfach eins-zu-eins im Fixpreis abgebildet. Und weil die Kosten ständig ansteigen, sind auch die Preise für Tageskarten ständig teurer geworden.
Viele Verbraucher können das einfach nicht mehr bezahlen und die Bergbahnen riskieren, hier plötzlich einen größeren Teil des Marktes zu verlieren. Der Ausweg sind die neuen Preissysteme. Sie sind eine viel klügere Lösung, weil sie für jeden, je nach Zahlungsbereitschaft, unterschiedlich hohe Tarife vorsehen.
Wird Skisport ein Luxus?
Eigentlich ist es das schon. Um dem Klimawandel zu begegnen, müssen die Skigebiete sehr viel Geld investieren, und das schlägt natürlich auf die Preise durch. In Österreich gab es zuletzt jährliche Preiserhöhungen von zehn Prozent und mehr bei den Skipässen.
Schweizer Skigebiete werden wegen der deutlich niedrigeren Inflation im Vergleich zu Österreich wettbewerbsfähiger. Besteht für den Schweizer Tourismus nicht die Gefahr, dass durch dynamische Preise dieser Trend zunichte gemacht wird?
Das sehe ich nicht. Wie gesagt, bietet eine dynamische Preissetzung auch die Möglichkeit, von niedrigen Preisen zu profitieren. Und das macht Skifahren attraktiv. Die dynamische Preissetzung bietet sowohl für Bergbahnen als auch für Endkunden wesentliche Vorteile.