In Deutschland wird überwiegend mit Gas und Öl geheizt. Noch. Denn ab 2024 sollen neue Regelungen für den Einbau und die Reparatur von Heizungen gelten. Bundestag und Bundesrat müssen den Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes noch zustimmen, die Pläne sind nicht in Stein gemeißelt – und teils umstritten. Doch schon jetzt gibt es viele Fragen. Hier sind die wichtigsten Antworten.
Muss ich meine alte Heizung 2024 sofort erneuern?
Nein. Niemand muss ab dem 1. Januar 2024 seine alte Öl- oder Gasheizung rauswerfen. Zwar sieht die geplante Regelung der Bundesregierung ein Verbot vor. Allerdings bedeutet das nicht, dass Heizungen ausgebaut werden müssen, die noch funktionieren oder repariert werden können.
Eine Austauschpflicht kann in bestimmten Fällen trotzdem greifen: Wenn sie älter als 30 Jahre sind, müssen bestimmte Heizsysteme raus. Diese Regelung gilt bereits seit 2020.
Spätestens bis 2045 soll die Nutzung von fossilen Energieträgern beendet sein. Danach müssen alle Heizungen vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
Was mache ich, wenn meine Heizung in den kommenden Jahren kaputt geht?
Wenn die alte Heizung nicht mehr repariert werden kann, also bei einer sogenannten Heizungshavarie, muss eine neue her – aber auch nicht sofort. Denn das Gebäudeenergiegesetz sieht eine Übergangsregelung vor: Bis zu drei Jahre lang darf auch ein Öl- oder Gasheizkessel eingebaut werden. Erst danach soll die Verpflichtung zur Nutzung von 65 Prozent erneuerbaren Energien bestehen.
Daneben sind weitere Übergangsregelungen vorgesehen, wie der spätere Anschluss an ein Wärmenetz oder der spätere Einsatz von Wasserstoff über die Gasleitung. Ist der Anschluss in Aussicht, aber noch nicht möglich, gibt es laut Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) einen zeitlichen Spielraum von bis zu zehn Jahren, in dem eine Heizung genutzt werden kann, die die Vorgaben nicht erfüllt.

Was für eine Heizung darf ich ab 2024 noch einbauen?
Es muss nicht unbedingt eine Wärmepumpe sein: Ab 2024 soll jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden – und das laut Gesetzesentwurf „technologieneutral“. Daraus ergeben sich laut Dietmar Zahn vom Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg (FVSHKBW) sechs Erfüllungsoptionen zur Heizungssanierung an bestehenden Gebäuden:
- Einbau einer Hausübergabestation zum Anschluss an ein Wärmenetz
- Einbau einer Wärmepumpe
- Einbau einer Stromdirektheizung
- Einbau einer solarthermischen Anlage
- Einbau einer Heizungsanlage zur Nutzung von Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich der daraus hergestellten Derivate
- Einbau einer Wärmepumpen-Hybridheizung in Kombination mit einer Gas-, Biomasse- oder Flüssigbrennstoff-Feuerung
Fast alle Optionen sollen sowohl in Neubauten als auch im Bestand möglich sein. Ausnahme: Heizungen mit fester Biomasse (zum Beispiel Pellet-Kessel). Diese Möglichkeit soll bei neu errichteten Gebäuden ausgeschlossen und allein auf Altbauten beschränkt sein, da es sich um eine begrenzte Ressource handelt.
Welche Heizung für wen die richtige ist, lasse sich nicht pauschal sagen, sagt Zahn: „Allein diese Auswahl zeigt, dass keine pauschalen Aussagen getroffen werden können.“ Im klassischen Fall, wenn die Heizung in einem Ein- oder Mehrfamilienhaus saniert werden muss, werde der Einbau einer Wärmepumpe oder eines Pellet-Heizkessels eine Lösung sein, so der Experte.
Reiche die Wärmepumpe bei größeren Gebäuden als alleinige Heizung nicht aus, könne sie mit einer Öl- oder Gasbrennwertheizung oder einer Holzverfeuerung kombiniert werden. „Besteht vor Ort eine Nah- oder Fernwärme, ist auch der Anschluss an ein Wärmenetz eine Option“, so Zahn.
Andere Lösungen auf Basis von grünem oder blauem Wasserstoff sowie Biomethan seien aufgrund von praktischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Vorgaben nicht zu empfehlen, sagt Frank Hettler von Zukunft Altbau, einer vom baden-württembergischen Umweltministerium geförderten Sanierungskampagne.
Auch das BMWK geht davon aus, dass Hybridheizungen sowie Heizungen mit mindestens 65 Prozent Wasserstoff in der Praxis nur in wenigen Fällen relevant sein dürften.
Meine Heizung ist 20 Jahre alt. Wie kann ich mich auf die Umstellung vorbereiten?
Jahrelang steht der alte Kessel im Keller und macht, was er soll. Aber was, wenn er von heute auf morgen ausfällt? Dieser Gedanke verunsichert vielleicht einige gerade, immerhin sind die Anlagen in Deutschland im Schnitt 17 Jahre alt – bei einer Lebensdauer von 15 bis 30 Jahren.
Sorgen müsse sich aber niemand machen, sagt Zahn, da bestehende Heizungen weiter betrieben oder repariert werden können. Bei einem Totalschaden verschafft die dreijährige Übergangsfrist den Eigentümern Zeit, um die für sie beste Lösung zu finden.
„Soll die alte Heizung in der nächsten Zeit ausgetauscht werden, empfehlen wir zunächst eine Energieberatung durch einen Fachbetrieb“, sagt Zahn. „Dabei ist zu klären, welche Art der Heizungsanlage im Hinblick auf das Gebäude, insbesondere den Dämmzustand, und auf die Bedürfnisse der Bewohner geeignet ist.“
Welche Förderungen sind geplant?
Die Bundesregierung plant eine Grundförderung von 30 Prozent. Diesen einheitlichen Fördersatz sollen alle erhalten, die in ihrem Eigenheim eine fossile Heizung gegen ein neues, klimafreundlicheres Modell tauschen. Auch für Kleinvermieter, die ein Gebäude mit bis zu sechs Wohneinheiten besitzen und eine davon selbst bewohnen, soll es die Förderung geben.
Dazu kommen weitere Klimaboni. Wichtig: Sie sind untereinander nicht kumulierbar, das heißt, zusätzlich zur Grundförderung ist nur ein weiterer Klimabonus möglich.
- Klimabonus I – 20 Prozent zusätzlich: Zum Beispiel für Eigentümer, die eigentlich nicht zum Tausch ihrer alten Heizung verpflichtet sind. Auch wer Sozialleistungen wie Bürgergeld oder Wohngeld erhält, soll die 20 Prozent Bonus bekommen. Allerdings dürften nur wenige Bedürftige davon profitieren.
- Klimabonus II – 10 Prozent zusätzlich: Für Eigentümer, die verpflichtet sind, eine neue Heizung einzubauen, und die gesetzlichen Anforderungen übererfüllen. Das ist laut BMWK zum Beispiel der Fall, wenn die alte Heizung bereits vor der Frist getauscht wird oder die neue Anlage einen höheren Erneuerbaren-Anteil aufweist als gefordert.
- Darüber hinaus sind Förderkredite geplant, mit denen Eigentümer die finanziellen Belastungen zeitlich strecken können.
Welche Ausnahmen und Härtefallregelungen sollen gelten?
Der Gesetzesentwurf sieht eine Ausnahme für ältere Menschen vor: Wenn Eigentümer ab 80 Jahren eine neue Heizung einsetzen lassen, soll die 65-Prozent-Vorgabe nicht gelten. Das bezieht sich auf Gebäude mit bis zu sechs Wohneinheiten. Sobald das Haus vererbt oder verkauft wird, gilt wieder die neue Regelung. Dann bleiben zwei Jahre, um auf eine Heizung umzurüsten, die den Anforderungen gerecht wird.
Wichtig für Wohnungseigentümergemeinschaften: Hier greift die Ausnahmeregelung nur dann, wenn alle Eigentümer das 80. Lebensjahr erreicht haben.
In besonderen Härtefällen können Eigentümer auch von der 65-Prozent-Pflicht befreit werden. So ist eine Ausnahme vorgesehen, wenn der Einbau aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist, zum Beispiel weil die Investitionskosten in keinem Verhältnis zum Ertrag stehen.
Wie geht es mit der Gesetzesnovelle weiter?
Nach derzeitigem Stand soll die Novelle noch vor der Sommerpause von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Zum Jahresbeginn 2024 könnte das neue Gesetz in Kraft treten. Dabei sind einige der geplanten Änderungen umstritten.
Welche der geplanten Änderungen sind umstritten?
Aus praktischer Sicht käme die Planungs- und die Vorbereitungszeit zu kurz, sowohl für die Heizungsbranche als auch für die Gebäudeeigentümer, sagt Zahn. Gerade weil über einige Punkte noch gestritten wird, könne derzeit niemand sagen, welche konkreten Änderungen in der endgültigen Fassung stehen.
Dabei sei es etwa für das Handwerk wichtig, rechtzeitig Klarheit über die konkreten Rahmenbedingungen zu haben. Für mehr Planungssicherheit fordert der Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg deshalb unter anderem, dass die Novelle erst am 1. Januar 2025 in Kraft tritt.
Von vielen Seiten gibt es auch Kritik an der Ausnahmeregelung, die bei einer Altersgrenze von 80 Jahren greift. Sie wird unter anderem von der FDP als willkürlich bezeichnet. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) forderte, dass alle Menschen, die das Renteneintrittsalter erreicht haben, von der Zwangsregelung ausgenommen werden und stattdessen zinsfreie Kredite vom Staat bekommen.
Der Konstanzer Bundestagsabgeordnete Andreas Jung (CDU) beklagt, dass die Förderung effektiv gegenüber geltenden Regelungen gekürzt werden könnte. Aktuell kann über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) der Einbau einer Wärmepumpe mit bis zu 40 Prozent gefördert werden. Da die Klimaboni nicht miteinander kombinierbar sind und oft nur für wenige Menschen in Frage kommen, werde es „in vielen Fällen bei der Grundförderung von 30 Prozent bleiben“, sagt Jung.
Kritik äußert er auch an der geplanten Härtefallregelung. Diese sei „total schwammig“ formuliert. So bleibe offen, was konkret damit gemeint sei, dass eine Sanierung nicht im Verhältnis zum Ertrag stehe. Gerade für Eigentümer von Altbauten könnten mit dem Einbau einer Wärmepumpe horrende Kosten entstehen, so Jung. „Das ist nicht der Härtefall, sondern der Regelfall.“
Was bedeutet das neue Gebäudeenergiegesetz für Baden-Württemberg?
Die Einführung der 65-Prozent-Regelung wäre speziell in Baden-Württemberg problematisch, wie Zahn erläutert. Hier gilt das Erneuerbare Wärmegesetz, das beim Einbau eines Öl- oder Gasheizkessels einen Anteil von 15 Prozent an erneuerbarer Energie fordert. Zahn: „Nach unserem Verständnis müsste das Gesetz zum 31. Dezember 2023 zurückgezogen werden, da zu diesem Zeitpunkt das Gebäudeenergiegesetz bundesweit gilt.“