Deutschlands führender Baumaschinenhändler Zeppelin stellt sich auf Monate der Unsicherheit ein. „Wir bewegen uns in einem extrem schwierigen Umfeld“, sagte Zeppelin-Chef Peter Gerstmann am Donnerstag in Friedrichshafen. Geopolitische Krisen in mehreren Erdteilen, Inflation sowie Unsicherheiten bezüglich der Zukunft des Freihandels führten zu einer starken Zurückhaltung von Investoren.

In Deutschland kämen unklare politische Rahmenbedingungen hinzu, sagte der Zeppelin-Chef. Man erwarte „keine Katastrophe“, aber gehe von einer Lage aus, die sehr viel schlechter ausfallen könnte, „als wir das bisher gewohnt waren“.

Peter Gerstmann auf der Bauma 2019 in München vor einer Riesen-Raupe.
Peter Gerstmann auf der Bauma 2019 in München vor einer Riesen-Raupe. | Bild: Mommsen, Kerstin

Gerstmann kritisiert Schlingerkurs der Regierung

Das betreffe insbesondere den Bausektor. Zeppelin ist einer der weltweit größten Händler von Baumaschinen und Großgerät des US-Herstellers Caterpillar und deckt weite Teile des europäischen Markts, sowie Teile des Nahen Osten und Westasiens ab.

In Deutschland hätten unklare Vorgaben zu Heizungen und Energiewende und immer höhere Bau- und Mietstandards zu einer weitgehenden Verunsicherung im Markt geführt. Das betreffe Investoren und private Bauherren, aber auch Ämter und Genehmigungsbehörden. „Die Politik muss Klarheit schaffen“ wohin der Weg gehe, sagte Gerstmann. Das „permanente Entscheidungswirrwarr“ müsse aufhören, sonst werde nicht investiert.

Kein Abbau von Mitarbeitern bei Zeppelin

Dass die Zahl der Zeppelin-Beschäftigten im laufenden Jahr zurückgefahren werde, sei „aber gar kein Thema“, hieß es vom Unternehmen. Zum Jahresende beschäftigte der Konzern knapp 10.400 Mitarbeiter. Beim Umsatz stelle man sich aber in den kommenden Monaten auf eine „kleine Delle“ ein.

Das wäre für das Stiftungsunternehmen zu verschmerzen, denn mit dem vergangenen Geschäftsjahr ist man in Friedrichshafen „sehr zufrieden“. Mit einem Umsatz von gut 3,9 Milliarden Euro (plus drei Prozent) habe es sich um das zweiterfolgreichste Jahr der Unternehmensgeschichte gehandelt, sagte der Zeppelin-Chef, der sich Anfang Oktober nach 14 Jahren von der Firmenspitze zurückzieht und an seinen Nachfolger Matthias Benz übergibt.

Bis Oktober noch Zeppelin-Chef: Peter Gerstmann (links). Dann folgt der Ex-ZF-Manager Matthias Benz nach. Mit im Bild ist Andreas Brand, ...
Bis Oktober noch Zeppelin-Chef: Peter Gerstmann (links). Dann folgt der Ex-ZF-Manager Matthias Benz nach. Mit im Bild ist Andreas Brand, Aufsichtsratsvorsitzender der Zeppelin GmbH und Oberbürgermeister der Stadt Friedrichshafen (rechts) | Bild: Zeppelin Gmbh

Hohe Dividende für die Stadt Friedrichshafen

Das Vorsteuerergebnis von Zeppelin stieg um 14 Prozent auf 154 Millionen Euro. Die Stadt Friedrichshafen als Eigner kann sich daher auf eine stark gestiegene Dividende von 27,7 Millionen Euro (inklusive einer Sonderdividende) freuen. Zum Vergleich: Vom rund zwölfmal größeren ZF-Konzern fließen für 2023 nur 41 Millionen Euro Dividenden an die Stadt.

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Sowohl beim Handel mit Baumaschinen, als auch im Anlagenbau und im Bereich Power Systems sei man „sehr gut unterwegs gewesen“, sagte der Manager. Im Anlagenbau beliefert Zeppelin die Energie- und Bergbaubranche mit Misch- und Schüttgutsystemen, aber auch mit Kleinfabriken, etwa zur Abscheidung von CO2 aus der Luft. In Brasilien befindet sich der Konzern in den Endzügen der Fertigstellung der weltweit größten Mälzerei.

Zeppelin ist Konkurrent zu Rolls-Royce Power Systems

Im Bereich Power Systems stehen beispielsweise Notstromaggregate für Rechenzentren oder Schiffsantriebe im Programm. Hier konkurriert man direkt mit der ebenfalls in Friedrichshafen ansässigen Rolls-Royce Power Systems.

Bemerkenswert ist, dass es Zeppelin 2023 gelungen ist, den Wegfall nahezu des gesamten Russland-Geschäfts zu kompensieren. In Spitzenzeiten hatte das Unternehmen dort einen Jahres-Umsatz von 800 Millionen Euro erwirtschaftet. Abnehmer waren vor allem Minengesellschaften, die Energiewirtschaft und der Straßenbau. 2021, im Jahr vor Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, standen noch rund 500 Millionen Euro Russland-Umsatz in den Zeppelin-Büchern.

Seit Mitte 2023 sind Lieferungen in den Markt nun nahezu komplett eingestellt. Von einstmals 1600 Mitarbeitern in Russland und Belarus sind nicht einmal mehr 100 übrig. Zum jährlichen Umsatzverlust durch den Krieg von rund einer halben Milliarde Euro kämen Vermögensverluste von etwa 20 Millionen Euro sowie rund 60 Millionen Euro an Werten, die gefährdet seien, wie Zeppelin-Finanzvorstand Christian Dummler sagte. Etwa durch eine drohende Enteignung.

China greift nach Russland-Geschäft

„Ich hoffe, dass der schreckliche Krieg endet und es irgendwann wieder zu einer Verständigung kommt, die es uns wieder ermöglicht, dort wieder Geschäfte zu machen“, sagte Gerstmann. Für die nähere Zukunft hält er das aber für unmöglich.

Derzeit stießen vor allem chinesische Konkurrenten in die Lücke, die westliche Firmen durch ihren Rückzug aus Russland hinterlassen hätten. „In Russland haben die Chinesen den Markt übernommen“, sagte Gerstmann. „Die sind da, alle anderen sind weg.“

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Auf deutschen Baustellen seien chinesische Bau-Fahrzeuge hingegen noch nicht allzu sehr verbreitet. Es fehle am entsprechenden Service-Netz. Auch seien die Fahrzeuge technologisch noch weit von den eigenen Produkten entfernt, sagte Gerstmann.

In Zukunft könnten sie sich aber zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten entwickeln. Der chinesische Hersteller XCMG sei bereits der drittgrößte Baumaschinenhersteller der Welt.