Christian Satorius

Der Gemeine Holzbock und auch die anderen Zecken, die bei uns vorkommen, mögen keine allzu große Hitze. Wird es ihnen zu warm, verkriechen sie sich lieber im schattigen Unterholz. Erst in den kühleren Abend- sowie Morgenstunden und natürlich im Herbst werden sie wieder aktiver. Inzwischen finden sich bei uns allerdings auch Exemplare tropischer Zecken der Gattung Hyalomma, die sehr viel wärmeliebender sind.

  • Fleckfieber übertragen: Erstmals soll in Deutschland ein Mensch durch den Stich einer tropischen Riesenzecke an Fleckfieber erkrankt sein. In der Zecke sei der betreffende Erreger nachgewiesen worden, teilte die Universität Hohenheim in Stuttgart mit. Ein Pferdebesitzer aus dem Raum Siegen (Nordrhein-Westfalen) hatte eine Hyalomma-Zecke Ende Juli nach einem Stich an die Zeckenforscher in Hohenheim geschickt. Wenige Tage später war er mit schweren Krankheitssymptomen und Verdacht auf Zecken-Fleckfieber ins Krankenhaus gekommen. Er konnte erfolgreich mit Antibiotika behandelt werden.
    Die Zecken Gemeiner Holzbock (links, Ixodes ricinus) und die tropische Zecke Hyalomma marginatum liegen zum Größenvergleich nebeneinander.
    Die Zecken Gemeiner Holzbock (links, Ixodes ricinus) und die tropische Zecke Hyalomma marginatum liegen zum Größenvergleich nebeneinander. | Bild: Lidia Chitimia-Dobler/dpa
  • Ärzte sind gefordert: „Damit wissen wir jetzt nicht nur sicher, dass die Hyalomma-Zecke auch Menschen sticht“, sagte Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim. Klar sei auch, dass in Deutschland eine Übertragung des Zecken-Fleckfiebers durch die Tiere tatsächlich möglich ist. Ärzte müssten künftig eine Infektion als mögliche Ursache in Betracht ziehen und entsprechend wachsam sein, sagte sie.
  • Das Bakterium Rickettsia aeschlimannii verursacht einen fieberhaften Infekt mit Kopf- und Muskelschmerzen, extremen Gelenkschmerzen und einem Gefühl, als würde man verbrennen. Typisch für die Erkrankung ist der Hautausschlag, der dem Fleckfieber den Namen gibt. Laut Robert-Koch-Institut ist es eine in Deutschland höchst selten auftretende Krankheit.
An diesen Stellen stechen Zecken besondern häufig.
An diesen Stellen stechen Zecken besondern häufig. | Bild: Schönlein, Ute
  • Immer mehr Tropen-Zecken: Die Zahl gefundener Hyalomma-Zecken ist in Deutschland in den vergangenen Monaten und im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. „2019 haben wir zusammen bis jetzt schon 50 Exemplare in Deutschland gefunden. Letztes Jahr waren es insgesamt 35“, sagt Mackenstedt. Von den 2019 gefundenen Exemplaren trägt laut Mackenstedt fast jedes zweite den Fleckfieber-Erreger in sich. Erstmals konnten nach Einschätzung der Experten in diesem Jahr Hyalomma-Zecken in Deutschland auch überwintern.
  • Von Zugvögeln eingeschleppt: Die Tiere mit den auffällig gestreiften Beinen stammen ursprünglich aus den Trocken- und Halbtrockengebieten Afrikas, Asiens und Südeuropas und werden unter anderem durch Zugvögel verbreitet. Sie sind ungefähr doppelt so groß wie der bei uns heimische Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus). Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts in Berlin (RKI) finden sich diese Achtbeiner schon seit 2007 in Deutschland.
  • Die Tiere mögen keine Kälte: Die Wissenschaft ist bisher allerdings davon ausgegangen, dass diese tropischen Tiere sich bei uns nicht dauerhaft etablieren werden, da sie sich dank unserer kalten mitteleuropäischen Winter hierzulande nicht vermehren können. Bei tieferen Temperaturen sterben ihre Larven und Nymphen nämlich ab.
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  • Der Klimawandel könnte das jetzt allerdings ändern, wie aktuelle Forschungen nahelegen. Parasitologin Mackenstedt hat einige aktuelle Funde jetzt genauer untersucht und kommt zu dem Schluss: „Diesmal müssen wir davon ausgehen, dass diese Tiere bei uns in Deutschland überwintern konnten.“ Die Jugendstadien dieser Zecken (Larven und Nymphen) finden sich oft an Zugvögeln, von denen sie sich einfach abfallen lassen. Die jetzt gefundenen Exemplare waren für diese Zeit aber schon viel zu weit entwickelt, meint Mackenstedt: „Wenn man den Entwicklungszyklus zurückrechnet, hätten sie also zu einem Zeitpunkt eingeschleppt werden müssen, als die Zugvögel noch gar nicht da waren.“ Die Expertin für Zecken bilanziert: „Der Klimawandel scheint es der Hyalomma-Zecke zu erlauben, auch dauerhaft in Deutschland Fuß zu fassen.“
  • Gefährliche Krankheiten: Die Hyalomma-Zecke kann Krankheiten übertragen, die auch für den Menschen gefährlich sind. Das RKI warnt denn auch „Hyalomma-Zecken können gefährliche Krankheitserreger in sich tragen, darunter das Krim-Kongo-Virus, das beim Menschen das schwere, bisweilen sogar tödliche Krim-Kongo-Hämorrhagische-Fieber (CCHF) verursacht.“ Allerdings trug laut RKI keines der 19 untersuchten Exemplare, die im Jahr 2018 in Deutschland gefunden wurden, derartige Infektionserreger wie etwa das Krim-Kongo-Virus in sich. 2018 wurden zwei Arten der Gattung Hyalomma in Deutschland nachgewiesen: H. marginatum und H. rufipes. Bislang wurde noch nicht bei allen der nun entdeckten Zecken die Art bestimmt.
  • Gemeine Zecken lieben Gras: Da auch die anderen Zecken, die bei uns vorkommen, gefährliche Krankheiten wie Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) oder Lyme-Borreliose übertragen können, lohnt es sich, beim nächsten Spaziergang durch hohes Gras oder den Wald ein wachsames Auge auf die Tiere zu werfen. Europäische Zecken warten im hohen Gras, in Büschen und Sträuchern in bis zu eineinhalb Metern Höhe darauf, von einem vorbeikommenden Tier oder Menschen abgestreift zu werden. Sie lassen sich also keinesfalls aus hohen Baumkronen heraus auf Spaziergänger herabfallen.
  • Aktive Jägerin: Das Jagdverhalten der tropischen Hyalomma-Zecken unterscheidet sich allerdings von dem ihrer europäischen Verwandten, warnt Mackenstedt: „Die Hyalomma-Zecke jagt aktiv. Sie erkennt Warmblütler auf Distanzen von bis zu 10 Metern und kann sie über mehrere 100 Meter verfolgen.“ Deshalb sein Tipp: Das Unterholz sollte man also beim Spazierengehen möglichst meiden und die befestigten Wege nicht verlassen. Festes Schuhwerk und lange Hosen können in der Natur zudem Schutz bieten.
  1. Mit dem Hallerschen Organ im vorderen Beinpaar können die Tiere Schweiß und andere Körperausdünstungen wie etwa Kohlendioxid wahrnehmen und blitzschnell darauf reagieren. Ein gutes Antizeckenmittel kann ihre Wahrnehmung täuschen und die Tiere abhalten. Allerdings bieten derartige Präparate keinen absoluten Schutz.
  2. Nach dem Spaziergang nach Zecken absuchen. Die Tiere laufen in der Regel eine Zeit lang umher, um sich eine geeignete Stelle zu suchen. Sie bevorzugen Bereiche, in denen die Haut relativ dünn ist und manchmal auch etwas feuchter: zweimal hinschauen.
  3. Nach dem Stich dauert es bis zu ein, zwei Tagen, bis Borrelien übertragen werden. Die Tiere sollten also so schnell wie möglich entfernt werden. Im Gegensatz zu den Borrelien werden die FSME-Viren schon direkt beim Stechen übertragen. Allerdings kann man sich gegen FSME vorher impfen lassen.
  4. Zecken sollten weder herausgedreht noch mit Klebstoff oder Öl behandelt werden. Mit einer speziellen Zeckenzange, Zeckenkarte oder auch einer sehr spitzen dünnen Pinzette lassen sich die Achtbeiner dicht an der Einstichstelle am Kopf fassen und vorsichtig heraus ziehen. (dpa)