Wenn Vögel die Chance auf ein schönes Leben haben, dann am Bodensee – sollte man denken. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Auch die Seeregion ist zu einem vogelfeindlichen Gebiet geworden. Insektensterben, Flächenverbrauch, baum- und strauchlose Gärten, versiegelte Böden – das alles geht auf Kosten der Vogelvielfalt. Einige Arten haben sich sogar endgültig vom Bodensee verabschiedet. 43 Prozent von 158 Arten sind auf dem Rückzug.
Zu diesem Ergebnis kommen Studien der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Bodensee und Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts (MPI) für Verhaltensbiologie an der Universität Konstanz. Zwar melden die Experten auch Zunahmen bei einigen Vogelarten, so etwa beim Rotmilan, beim Buntspecht und beim Höckerschwan. Doch das sind keine Arten, die man im direkten Wohnumfeld wahrnimmt. Dort ist oder war man gewohnt, Amseln, Spatzen, Stare, Rauchschwalben oder Buchfinken picken oder nisten zu sehen. Aber dafür muss man immer öfter lange suchen. So ist die Rauchschwalbe zur Seltenheit geworden.
Eine der Hauptursachen für den Singvogel-Schwund: Nahrungsmangel. „Das durch den Menschen verursachte Insektensterben wirkt sich massiv auf unsere Vögel aus“, sagt Hans-Günther Bauer, ein Autor der Studie. Zwar haben Uhu, Wanderfalke und Weißstorch von den Schutzmaßnahmen profitiert und sich hier wieder niedergelassen. Doch diese Vögel leben nicht in den Städten und ihren Wohngebieten. Dort ist die Vogelarmut an vielen Stellen auffällig geworden. Auch Allerweltsvögel wie der Haussperling (Spatz) sind betroffen.
Aber auch Vögel, die draußen in der Natur ihr Flugrevier haben, sind dezimiert. Hier der Grund: Intensive Landwirtschaft. Hecken und Gehölze fehlen dann den Vögeln.
Das Gleiche gilt für einen Vogel, der für seinen schönen Gesang bekannt ist und der früher zuverlässig in der freien Natur auftauchte, vor allem in den Morgenstunden:
Völlig verschwunden ist auch das Rebhuhn, weil es nirgendwo mehr einen geschützten Platz findet, wo es nisten und Nachwuchs aufziehen kann:
Entgegen allen Warnrufen der Windkraftgegner ist der geschützte Rotmilan zum Höhenflug gestartet – zumindest am Bodensee (wo es keine Windräder gibt). Dort ist er auch über bebautem Gebiet anzutreffen:
Angesichts der dramatischen Lage wird der bekannte Radolfzeller Vogelkundler Peter Berthold nicht müde, Deutschlands Vogelliebhaber zur ganzjährigen Fütterung aufzufordern, um die Hungersnot bei Vögeln zu bekämpfen.
In der Trockenzeit des Sommers seien bei den Vögeln zusätzlich Wasserbecken erwünscht. Dazu kommen Nistkästen, in denen etwa Kohl- und Blaumeisen ihre Kleinen aufziehen. Fliegen diese dann aus, ist vor allem eines wichtig: Herumschleichende Katzen im Auge zu behalten.