Auch das ist eine Ladestation: Parkplatz ohne Beleuchtung, Elektroautos, die in der hinterletzten dunklen Ecke stehen. Arnie Kröger hat auf ihren Reisen schon viel mitgemacht. „Letztens habe ich an einer Raststätte auf der A1 geladen“, sagt die Vorsitzende des Vereins Electrified Women. „Um zur Toilette zu kommen, musste ich im Dunkeln erst mal zwischen den Lkw durchgehen. Nur gut, dass ich eine Freundin dabeihatte.“
Kröger fährt gerne elektrisch, aber nachts fühlt sie sich bei ihren Ladepausen oft unwohl. „An Benzin-Tankstellen gibt es alles“, sagt sie, „aber viele Ladestationen haben nicht mal ein Dach.“ Der Unterschied zwischen Zapf- und Ladesäule? „Wie Himmel und Hölle“, sagt Kröger. Wir sind den Ärgernissen einmal nachgegangen.
Was sind die größten Ärgernisse beim Stromtanken auf Langstrecken?
E-Autos benötigen etwa eine halbe Stunde, um ihre Akkus aufzufüllen. Gerade im Winter empfinden es viele Reisende als unangenehm, in dunklen Ecken warten zu müssen. Abfalleimer, Toiletten und Laternen fehlen häufig. „Man hört immer wieder, dass es für die Leute eine Zumutung ist“, sagt Michael-Müller Görnert vom Verkehrsclub Deutschland (VCD).

Verbindliche Standards zu Design und Umfeld gebe es nicht. „Vieles stammt noch aus der Anfangszeit der E-Mobilität“, sagt Görnert. Laut einer Umfrage des ADAC ärgern sich E-Mobilisten zudem über zugeparkte, defekte und schwer auffindbare Ladestationen. Rund 40 Prozent der Befragten waren unzufrieden mit dem Lade-Erlebnis auf Langstrecken.
Wie viele Ladestationen gibt es entlang von Autobahnen?
Fast alle Raststätten in Deutschland sind inzwischen mit Ladestationen ausgestattet. Allein bei Tank & Rast stehen mehr als 1400 Schnellladepunkte zur Verfügung. Hinzu kommen Autohöfe und Ladeparks in Autobahn-Nähe, etwa in Industriegebieten oder auf Supermarkt-Parkplätzen. Liegen bleiben, weil sich keine Stromquelle findet? Diese Angst muss heute niemand mehr haben, zumindest entlang der Autobahnen. Die Aufenthaltsqualität rund um die Schnellladesäulen schwankt jedoch erheblich.
Warum sind Schnellladestationen oft so schlecht ausgestattet?
Der Ausbau ist teuer. Eine einzige Schnellladestation kostet zwischen 50.000 und 100.000 Euro. Weitere Ausstattungen würden die Investitionen zusätzlich in die Höhe treiben. Doch das ist nicht der einzige Grund, glaubt Roland Schüren.
Der Bäckermeister hat am Kreuz Hilden einen der größten Ladeparks Deutschlands gebaut. Es gibt Sitzbänke, ein Solardach, eine Toilette und einen Imbiss, in dem Schüren Backwaren verkauft. Mit Tank & Rast kooperiert er nicht. „Der Monopolist ist ertragsorientierter als kundenorientierter“, sagt Schüren. Wer eine Ladestation aufstellen will, müsse eine hohe Pacht bezahlen, bekomme dafür aber „nur die entfernteste Ecke“ zugewiesen.
Was sagt Tank & Rast zu den Vorwürfen?
Die Raststätten-Firma lobt sich erst einmal selbst. „Bei Tank & Rast muss kein E-Mobilist im Regen stehen“, sagt Konzernsprecher Dietmar Thomas. Immerhin gebe es „rund um die Uhr und an sieben Tagen die Woche“ ein Gastronomie-Angebot sowie saubere Toiletten an den Raststätten. Zu Verträgen mit den Betreibern will er sich nicht äußern. Aber: „Aufbau, Ausstattung und Betrieb der jeweiligen Ladetechnologie fallen unseren Partnern zu.“ Wer genau für die Misere zuständig ist, bleibt unklar.
Wie reagieren die Stromanbieter auf die Kritik?
Bei EnBW, dem größten Anbieter von Schnellladesäulen, zeigt sich ein ähnliches Muster. „Bauen wir die Ladeinfrastruktur an Standorten bei Partnern aus, muss das immer in Absprache mit diesen geschehen“, sagt Ladepark-Planer Frederik Stiber und ergänzt: „Nicht immer wird vonseiten der Partner oder der zuständigen Bauämter eine Baugenehmigung etwa für ein Dach erteilt.“ Auch bei anderen Ladenetzbetreibern klingt durch, dass es nicht nur ums Geld geht, sondern auch um Genehmigungen und Bürokratie.

Hat die Politik das Problem auf dem Schirm?
Jein. „Aspekte wie Beleuchtung, Barrierefreiheit, Überdachung und Angebote zur Überbrückung der Ladezeit werden als Kriterien bei der Ausschreibung berücksichtigt“, sagt Franziska Bornefeld, Sprecherin bei der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur. Auf Nachfrage erklärt sie, dass dies aber kein Muss sei.
Wie sieht es in anderen Ländern aus?
Oft noch schlechter. In den Niederlanden sticht der Anbieter Fastned positiv heraus, der auch in Deutschland einige Ladeparks betreibt. Sie sind von der Ausstattung her mit denen von EnBW vergleichbar und liegen oft in der Nähe eines Restaurants. Ansonsten ist es in anderen EU-Ländern ein Glücksspiel, eine Autobahn-Ladesäule zu finden, die sich auf dem Niveau einer Tankstelle bewegt.
Wird sich die Ausstattung verbessern?
Es entstehen fortlaufend neue, besser ausgestattete Standorte. So setzt etwa EnBW auf eigene Ladeparks, die gut beleuchtet, videoüberwacht, meist überdacht und teilweise mit Toiletten ausgestattet sind. „Wenn es vor Ort keine andere Essensmöglichkeit gibt, prüfen wir, in Zukunft ein eigenes Angebot zur Verfügung zu stellen“, sagt Ladepark-Planer Frederik Stiber.
Die Konkurrenz zieht ebenfalls nach. So betreibt E.on bereits überdachte Ladeparks, während Aral an einigen Standorten die Ladestationen direkt neben den Zapfsäulen installiert hat.
Wie findet man einen gut ausgestatteten Ladeplatz?
Das ist nicht so einfach, weil viele Routenplaner und Apps nur die Geschwindigkeit der Ladestationen anzeigen. EnBW verspricht, die eigene App so weiterzuentwickeln, dass große Ladeparks gefiltert werden können.
Bis dahin müssen sich Kunden auf Routenplaner wie „Going Electric“ verlassen – und aufs Bauchgefühl: Wo viele Ladepunkte angeboten werden, ist die Wahrscheinlichkeit höher, einen gewissen Standard vorzufinden. Wer in Nürnberg unterwegs ist, kann ja mal bei Audi vorbeischauen: Das Unternehmen öffnet seine sogenannten Charging Hubs auch für fremde Automarken.