Wenn das Stichwort Bienen fällt, wird Hubert Lehle energisch. Der Chef des Obstbaurings Überlingen legt sich mächtig ins Zeug, wenn die Rede auf diese liebenswerten Insekte kommt. Als Landwirt pflegt er eine professionelle Freundschaft zu den fleißigen Tierchen, bestäuben diese doch auch seine Apfelbäume. Der Grund des Ärgers liegt nicht am summenden Volk, sondern daran, dass sie instrumentalisiert werden: Im aktuellen Volksbegehren für Artenschutz flattern sie als gefährdetes Wappentier voran.
Stimmt nicht, sagt Lehle, „es gibt kein Bienenproblem.“ Und: „Die Zahl der Bienenarten hat sich bei uns im Bodenseekreis vermehrt.“ Ein Kreis, in dem sich viele Familien seit Generationen Äpfel und Birnen anbauen.
Der Vater und die Zwillinge
Familie Maier ist eine von ihnen. Sie wohnen in Riedern bei Markdorf – einem Weiler, der von strammen Baumreihen und buntblühenden Wiesen umgeben ist. Friedrich Maier und seine Zwillingssöhne Manuel und Markus bewirtschaften einen der Höfe dort. Früher hatten sie noch Vieh im Stall stehen, doch war das eines Tages zuviel Arbeit. Heute stehen Traktoren und Anhänger sauber geparkt im alten Stall. Die Ernte kann beginnen.
Die drei Männer mit ihren Familien leben nicht mehr von ihrer Scholle. Sie pflanzen und ernten aus Freude. Vater und Söhne schaffen in der Metallbranche bei ZF und MTU in Friedrichshafen. Manuel Maier hat als Key Account Manager mit Ostasien zu tun. Am Feierabend schneidet er die Bäume zuhause. Die drei Männer treiben den Hof im Nebenerwerb um. Ein Hobby, das kein Ende nimmt. „Unser Herz hängt daran“, sagt Markus Maier.
Planwirtschaft wollen sie nicht
Ob die nächste Generation wie der kleine Hannes noch im Apfelgarten stehen und ernten wird, steht auf einem anderen Blatt. Die Brüder sehen ihren Beruf wenig wertgeschätzt. Im Volksbegehren „Rettet die Bienen“ sehen sie den Höhepunkt einer Entwicklung, die sich permanent gegen Bauern wendet und an diese alle möglichen Forderungen stellt. Die Bauern, der Lastesel ohne Öko-Gewissen.
Konkret sieht das so aus: Wenn man die Punkte der Bienen-Initiative eins zu eins umsetzen würde, müsste jeder zweite Hektar konsequent biologisch bewirtschaft werden, berichten die Brüder. Das bedeutet einen massiven Eingriff in das Eigentum der Landwirte, eine Art Planwirtschaft durch die ökologische Hintertür. Zum Beispiel das weitgehende Verbot von Pestiziden, das im Begehren empfohlen wird. „Pestizide sind Pflanzenschutz. Gesprüht wird überall, auch im biologischen Anbau“, ergänzt Hubert Lehle. Einen völligen Verzicht hält er für eine schöne Illusion. Er zeigt auf Äpfel, die nicht gespritzt werden und eine unschöne Oberfläche aufweisen. „Wer kauft diese Äpfel wirklich?“, fragt er.
Nur die Riesen überleben
Auch darum geht es den Obstbauern: Die Folgen des Volksbegehrens wären ein Triumph für die beiden Demeter-Imker, die es auf den Weg brachten. Für die Landwirte wäre es ein massiver Wettbewerbsnachteil. Während in anderen europäischen Ländern fröhlich gespritzt wird, müssen sie sich an rigorose Auflagen halten, die ihre Produktion noch teurer macht, als sie ohnehin ist. Ins Fäustchen lachen werden sich Agrar-Riesen wie zum Beispiel in Polen, wo man über deutsche Empfindlichkeiten lächelt – und große Mengen an Lebensmitteln herstellt, ohne sich den Kopf zu zerbrechen. Markus Maier sagt: „Den zwanghaften Umbau des Obstbaus wollen wir nicht. Die meisten Höfe macht das kaputt. Nur einige Öko-Riesen würden überleben.“
Auch von wissenschaftlicher Seite erhalten die Apfelfreunde Zuspruch. „Wir haben hier viele Naturschutzgebiete und arbeiten bereits auf der Basis von wissenschaftlichen Kriterien“, sagt Katja Röser. Die Obstbauberaterin warnt vor einem radikalen Umbau. Sie ahnt: „Dann hätten wir ganz geringe Ernten.“
„Rettet die Bienen“
Innerhalb weniger Wochen sammelten die Urheber des Volksbegehrens für den Artenschutz 35 000 Unterschriften ein (10 000 sind nötig). Damit konnten sie den Antrag beim Innenminister einreichen. Dieses prüft und kann dann einen Zeitraum für das eigentliche Begehren ansetzen.