Obwohl die Leiche immer noch nicht gefunden wurde, sitzen im vermeintlichen Mordfall von Gaienhofen-Hemmenhofen, immer noch drei Tatverdächtige in Untersuchungshaft. Die Indizien sollen erdrückend sein, hört man aus Kreisen der Justiz. Doch wie lange darf das mutmaßliche Mord-Trio eigentlich festgehalten werden?

Bild 1: Mord ohne Leiche: Warum die drei Verdächtigen bald wieder auf freiem Fuß sein könnten
Bild: Küster, Sebastian

„Es besteht keine zeitliche Beschränkung für den Vollzug der Untersuchungshaft„, sagt Robin Schray vom Justizministerium Baden-Württemberg. Allerdings werde nach einem halben Jahr und ab dann alle drei Monate überprüft, ob die Haft noch gerechtfertigt ist. Häftlinge können sich unabhängig davon mit einer Haftprüfung gegen die Inhaftierung wehren.

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Ob diese Beschwerde Aussicht auf Erfolg hat – darüber entscheidet das zuständige Oberlandesgericht. Es wägt ab, ob die Dauer der Untersuchungshaft im Verhältnis zur vorgeworfenen Tat steht. „Wegen dieses Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte wird ein Haftbefehl nur in einem kleinen Bruchteil aller Fälle erlassen“, erklärt Franz Klaiber vom Amtsgericht Konstanz.

Flucht- Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr müssen erfüllt sein

Überhaupt dürfen Verdächtige nur in U-Haft genommen werden, wenn sie dringend tatverdächtig sind und mindestens eine der sogenannten Haftgründe vorliegen. Das sind Flucht-, Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr sowie außerordentlich schwerwiegende Straftaten.

Ermittlungen dürfen nicht behindert werden

Dadurch soll verhindert werden, dass das Verfahren gefährdet ist, „wenn der Beschuldigte flüchtet oder untertaucht, Beweismittel vernichtet oder auf Zeugen in unlauterer Weise einwirkt“ so Klaiber. Falls sich herausstellen sollte, dass der Verdächtige unschuldig ist, wird ihm sein Vermögensschaden von der Staatskasse entschädigt. Zudem bekommt jeder Häftling für jeden angefangenen Tag 25 Euro Entschädigung. Im polizeilichen Führungszeugnis wird die Untersuchungshaft nicht verzeichnet.

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Bernhard Lipp vom Amtsgericht Villingen-Schwenningen hat täglich mit Verdächtigen zu tun. Denn Richter des Amtsgerichts sind immer Haftrichter. Sie entscheiden, ob eine dringend verdächtige Person tatsächlich in Untersuchungshaft genommen wird. „Der Haftrichter beschließt was passiert“, erklärt Lipp auf Nachfrage.

So läuft ein Antrag auf Untersuchungshaft ab

Der typische Ablauf: Die Polizei teilt der Staatsanwaltschaft Ermittlungsergebnisse mit. Die Staatsanwaltschaft wägt ab, ob die Indizien für die Untersuchungshaft ausreichen. Wenn das zutrifft, stellt sie einen Antrag beim Amtsgericht. Dann wird der Verdächtige dem Haftrichter vorgeführt. Dort hat er die Chance sich zu verteidigen.

Trotz Untersuchungshaft kann Verdächtiger auf freiem Fuß bleiben

Anschließend fällt der Richter eine von drei Entscheidungsmöglichkeiten: Entweder wird Untersuchungshaft angeordnet, der Antrag wird abgewiesen, oder der Haftbefehl wird außer Vollzug gesetzt. Das bedeutet, dass die Person vorübergehend auf freiem Fuß bleiben darf, bis weitere Indizien vorliegen.

Kinder, Vermögen, soziales Umfeld spielen eine wichtige Rolle bei der Entscheidung des Haftrichters

Auf dieses Urteil haben aber nicht nur die Ergebnisse der Polizei, sondern auch die Lebensverhältnisse Einfluss. „Es spielt eine wichtige Rolle, ob die Person ein Elternteil ist, arbeitet und in einem gefestigten Umfeld lebt. Die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass so jemand flieht“, erklärt Lipp.

Untersuchungshäftlinge nehmen deutlich zu

In den vergangenen zehn Jahren hat der Anteil der in den baden-württembergischen Justizvollzugsanstalten untergebrachten Untersuchungsgefangenen zugenommen: 2009 betrug der Anteil dieser Häftlinge im Vergleich zur Gesamtbelegung noch 19 Prozent. Heute sind es 23 Prozent.

Experte mach Ausländer für Zuwachs verantwortlich

Robin Schray vom Justizministerium macht vor allem Ausländer dafür verantwortlich. Die Fluchtgefahr bei ausländischen Gefangenen sei wegen geringerer sozialer Beziehungen im Land höher.