Freunde des privaten Feuerwerks dürften wieder Schlange stehen, wenn zum Verkaufsstart an diesem Samstag Böller und Silvester-Raketen über den Ladentisch gereicht werden. Die Branche erwartet wieder einen Umsatz in dreistelliger Millionenhöhe. Die Debatte um die Umweltbelastung durch Feinstaub aus Feuerwerken spiele dabei keine Rolle, heißt es offiziell.

Gekauft wird, als würde es kein Morgen geben

Von der Knallerbse über den China-Böller bis zur veritablen Batterie „Peter der Große„ liegt wieder Unzähliges auf Paletten und Grabbeltischen in den Läden. Gekauft wird, als würde es kein Morgen geben. Nach einem erneuten Umsatzanstieg in den Jahren 2016 und 2017 stagniert das Geschäft auf hohem Niveau bei 133 Millionen Euro, die vor allem in der Silvesternacht in die Luft gejagt werden. Man gönnt sich ja sonst nichts, lautet vielfach die Devise. Dabei rufen nicht nur die Kirchen seit Jahren schon mit dem Spruch Brot statt Böller auf, um das Geld sinnvoller anzulegen. Auch die Umweltverbände Nabu und Bund fordern so laut wie nie ein Umdenken.

Auch in diesem Jahr geben Bundesbürger Millionen für Raketen aus. Bild: dpa
Auch in diesem Jahr geben Bundesbürger Millionen für Raketen aus. Bild: dpa | Bild: Martin Gerten

Obi-Markt als Vorreiter

Doch Böller-Scham findet keineswegs ungeteilte Zustimmung. In den sozialen Netzwerken tobt bereits ein Böller-Krieg, lange bevor Feuer frei gegeben wurde. Für hitzige Diskussion sorgt ein Twitter-Post über den Obi-Markt in Rheinbach, der diesmal Knaller und Raketen aus dem Sortiment verbannt. „Der Umwelt und den Tieren zur Liebe, haben wir uns entschieden dieses Jahr kein Feuerwerk zu verkaufen“, heißt es auf dem Schild, das im Netz viral geht. „Ganz viel Liebe für den #Obi-Markt in Rheinbach„ sendet ein Teilnehmer. Und eröffnet damit eine Meinungsschlacht. „Ich wette den Verkauf von #Holzkaminen aka größte Dreckschleudern stellen sie nicht ein. Was eine Bigotterie“, postet einer, der von Böller-Scham nichts wissen will. „Jetzt nehmen die uns schon Silvester weg!“, ergänzt ein anderer verständnislos.

Konzerne wollen auf den Umsatz nicht verzichten

Bundesweit stoppen weitere Händler den Verkauf von pyrotechnischen Gerätschaften. In Singen etwa wagt sich ein Edeka-Markt ebenfalls mit einem Bann für alle Knallereien vor – und verzichtet damit auf Umsatz. Doch damit bewegt er sich gegen den Mainstream der großen Konzerne. Sie rechnen damit, dass die Feuerwerks-Nachfrage in diesem Jahr nicht geringer sein wird als in den vergangenen. Und so setzen sich die meisten tatkräftig dafür ein, dass die Feuerwerksfreuden auch in diesem Jahr ungetrübt sind.

57 Prozent sind für ein Böllerverbot

Allerdings scheint sich der Wind der öffentlichen Meinung zu drehen. Nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov sind 57 Prozent der Deutschen für ein Verbot von Feuerwerkskörpern und nur noch 36 Prozent strikt dagegen. Das könnte auch ein Ergebnis der Umweltdebatte sein, in der es nicht nur um Feinstaub, sondern auch um Klimawandel und eine Rückkehr zur bewussten Lebensführung geht. Noch vor einem Jahr hielten sich in einer ähnlichen Umfrage Befürworter und Gegner eines Böllerverbots die Waage. Damals waren 47 Prozent der Befragten für Verbote, während 45 Prozent diese strikt ablehnten, wie das Meinungsforschungsinstituts Civey damals ermittelte.

Ein Silvesterböller wird mit einem Feuerzeug gezündet.
Ein Silvesterböller wird mit einem Feuerzeug gezündet. | Bild: Lino Mirgeler/dpa

Doch die Fakten sprechen längst eine deutliche Sprache. Laut Ute Dauert vom Umweltbundesamt können die Feinstaubwerte in der Silvesternacht mehr als das 50-Fache des Jahresmittels betragen. Für Menschen mit Vorerkrankungen wie Asthmatiker könne das zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führen, erklärt die Meteorologin.

Damit nicht genug. Auch Tierschützer warnen vor den Folgen der Knallerei für „zahllose völlig verstörte Tiere“, wie der Landestierschutzverband Baden-Württemberg kritisiert. Und der Naturschutzbund (Nabu) schlägt vor, dass der Neujahrstag statt mit lautem Böllern „mit Vogelgezwitscher an den Futterplätzen beginnen“ sollte.

In der Hand eines Dummys der Feuerwehr brennt ein illegaler Böller.
In der Hand eines Dummys der Feuerwehr brennt ein illegaler Böller. | Bild: Peter Rosa/dpa

Wer auch diese Argumente wegwischt, den könnte die Verstärkung bei Polizei und Krankenhäusern nachdenklich stimmen. Allein in einer Großstadt wie Berlin gibt es in einer Silvesternacht 50 Verletzungen – von abgetrennten Fingern über schwere Verbrennungen bis zum Verlust des Augenlichts. Wenig tröstlich: Noch wissen die Opfer der kommenden Feuerwerksnacht nicht, welches Schicksal sie ereilen wird.

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So wird Silvester für alle zum Fest

Silvester sollte ein Spaß sein – ein Tag und eine Nacht voller guter Wünsche und Hoffnungen. Tipps für die Feier:

  • Silvester, 8 Uhr: Wie lange dauert es noch? Das kann man mit einem Blick auf die Uhr natürlich schnell selbst ausrechnen. Spannend für Kinder aber sind Countdown-Seiten im Netz. Diese zählen die Stunden und Minuten bis Mitternacht herunter.
  • 10 Uhr – Funkloch an Mitternacht umgehen: Wer später in der Abgeschiedenheit eines Funklochs oder in einer großen Menschenmenge feiert, sollte schon jetzt an mitternächtliche Grußnachrichten via Smartphone denken. Die Möglichkeit, Nachrichten zeitgesteuert zu versenden, bieten viele Anbieter, Apps oder Dienste an.
  • 11 Uhr – Raclette-Fleisch marinieren: Raclette an Silvester ist für viele ein Muss – aber oft auch kein Genuss, wenn edle Fleischfilets fade schmecken und das Rind trocken geworden ist. Die Kochbuchautorin Cornelia Schinharl empfiehlt eine orientalische Marinade. Dafür verrührt sie frischen Koriander, Knoblauch, Kreuzkümmel und Paprikapulver mit zwei bis drei Esslöffeln Olivenöl und gibt dazu etwas Saft und den Abrieb einer Zitrone. Fleisch wird darin mindestens eine Stunde eingelegt. Die Marinade eignet sich für Lende, Filet, Putenbrust, Fisch und Garnelen.
    Raclette als Silvester-Essen ist für viele ein Muss.
    Raclette als Silvester-Essen ist für viele ein Muss. | Bild: Daniel Maurer/dpa
  • 12 Uhr – Briefkasten checken: In der Regel muss Mietern die jährliche Betriebskostenabrechnung bis zum 31. Dezember zugestellt werden. Hat der Vermieter sie noch nicht geschickt und hält er diese Frist nicht ein, kann er später keine Nachzahlungen fordern, erklärt der Eigentümerverband Haus & Grund. Ist die Abrechnung erst in letzter Minute fertig, kann der Vermieter das Schreiben persönlich übergeben und sich den Eingang quittieren lassen oder einen Boten mit der Zustellung beauftragen.
  • 13 Uhr – Nachbarn vorwarnen: Nachbarn müssen zwar nicht zwingend über die Silvesterparty daheim informiert sein, es gehört aber zum guten Ton. „Es ist allgemein gängig, dass man seine Nachbarn über die geplante Party informiert und um Verständnis bittet. Dann können sie sich seelisch schon darauf einstellen“, rät Petra Uertz vom Verband Wohneigentum.
  • 14 Uhr – Knallen vorbereiten: Dazu sollte man sich zunächst sicher sein, dass ein Feuerwerk überhaupt erlaubt ist. Folgende Gemeinden in der Region haben Verbote erlassen: Rheinfelden (Rheinbrücke), Tiengen und Waldshut (in der Altstadt, zum Beispiel rund um die Kirche, das Krankenhaus und das Altersheim). Konstanz (Altstadt, Stadelhofen und in Umgebung des Konzilgebäudes), Überlingen (Altstadt), Meersburg (Altstadt), Villingen (Altstadt), Schwenningen, Engen (Altstadt), Pfullendorf (Altstadt).
  • Später an Mitternacht ist es oft hektisch – und draußen dazu noch dunkel. Daher ist jetzt die Zeit gekommen, sich in Ruhe und bei Licht die Gebrauchsanleitung von Raketen und Knallkörpern gut durchzulesen. Feuerwerk der Kategorie F2 darf man nur draußen zünden – in der Regel mit mindestens acht Metern Abstand zu Menschen oder Gebäuden. Bei Kategorie F1 beträgt der Mindestsicherheitsabstand einen Meter.
  • Ab 15.40 Uhr – Klassiker „Dinner for One“ schauen: „Cheerio Miss Sophie!“ – der Fernsehsketch „Dinner for One“ aus den 1960er Jahren ist für viele ein fester Bestandteil an Silvester. Erstmals läuft die Originalversion um 15.40 Uhr, und zwar im Ersten und im NDR. Weitere Ausstrahlungen folgen später am Tag sowie in der Neujahrsnacht.
    „Dinner for One“ gibt es natürlich auch diesmal an Silvester.
    „Dinner for One“ gibt es natürlich auch diesmal an Silvester. | Bild: Annemarie Aldag/dpa
  • 17 Uhr – Katze ins Haus holen: Freigänger-Katzen sollte man in der Silvesternacht lieber im Haus behalten. Ohnehin gilt es bei Vierbeinern, sie keinesfalls in dieser lauten Nacht alleinzulassen oder gar zum Knallen von Böllern auf die Straße mitzunehmen. Stattdessen gilt es, die Fenster zu schließen und das Tier zu trösten.
  • 18 Uhr – Feuerwerk beginnt: Hören Sie schon das erste Knallen? Einzelne Raketen und Knallkörper starten sicher schon den ganzen Tag über, erlaubt ist das aber noch nicht überall. Zwar dürfen grundsätzlich vom 31. Dezember von Null Uhr an bis 1. Januar um 24 Uhr Feuerwerkskörper der Kategorie F2 gezündet werden – also Raketen, Knallkörper, Verbundfeuerwerk, Batterien und Römische Lichter. Die genauen Uhrzeiten legen aber Städte und Gemeinden fest. Oft ist 18 Uhr der offizielle Beginn.
  • 19 Uhr – Schaumwein nicht zu kühl stellen: Acht bis zehn Grad kühl und nicht kälter sollte Schaumwein serviert werden – sonst wird der Geschmack beeinflusst, erläutert Romana Echensperger, Sommelière aus München. Und wessen Gäste sich über etwas zu wenig Prickeln beschweren, für den hat die Expertin folgende Information: Prickeln blende oft nur über lausige Qualitäten hinweg.
    Der Sekt sollte wohl temperiert sein, er muss nicht zwingend perlen.
    Der Sekt sollte wohl temperiert sein, er muss nicht zwingend perlen. | Bild: Frank Rumpenhorst/dpa
  • 22 Uhr – Ruhiger feiern: Die Partymusik muss nun unter Umständen leiser gestellt werden. Das Gesetz macht beim Thema Nachtruhe keine Ausnahme für bestimmte Tage wie Silvester. Wann Nachtruhe ist, legt zwar jedes Bundesland selbst fest. Üblich ist aber, dass es von 22 bis 6 Uhr im Haus und für Nachbarn ruhig sein soll.
  • 0.15 Uhr – Wenn beim Böllern etwas passiert ist: Diesen Tipp brauchen Sie hoffentlich nicht! Falls doch: Bei leichten Verbrennungen empfiehlt das Rote Kreuz, die betroffene Fläche kurz mit Leitungswasser zu kühlen. Ist der verbrannte Bereich größer als eine Handfläche, sollte man gleich den Notruf 112 wählen. Auch wenn ein Verletzter größere Mengen an Blut verliert oder sich an den Augen verletzt hat. Dann am besten beide Augen verbinden – so kann man vermeiden, dass sich das verletzte Auge bewegt.