Die Reise nach Südtirol ist schon gebucht. In wenigen Tagen soll es losgehen. So geht es vielen Urlaubern dieser Tage, die sich auf einen Skiurlaub in Südtirol gefreut haben und nun von den Meldungen Neuinfizierter mit dem Corona-Virus aus dieser Region abgeschreckt werden. Wie viele Menschen aus Baden-Württemberg sich derzeit in Südtirol aufhalten, ist nicht bekannt, wie ein Sprecher des Landesgesundheitsministeriums dem SÜDKURIER auf Anfrage sagt. Wie sollen sich Menschen verhalten, die dort waren, vor Ort sind oder eine Reise nach Südtirol geplant haben? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
- Wie viele Fälle in Baden-Württemberg sind derzeit auf Aufenthalte in Südtirol zurückzuführen? Nach aktuellen Angaben des Ministeriums für Soziales hielten sich etwa 40 Prozent der derzeit Infizierten in Baden-Württemberg zuvor in Südtirol auf. Derzeit sind 96 Menschen im Südwesten erkrankt, am Freitag waren zuletzt sieben neue Fälle hinzugekommen – vier davon waren in Südtirol.
- Besteht eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts? Nein, derzeit hat lediglich das Robert-Koch-Institut Südtirol zum Risikogebiet erklärt. Das Auswärtige Amt rät aktuell, „von nicht erforderlichen Reisen in die Regionen Südtirol, Emilia-Romagna und Lombardei sowie in die Stadt Vo in der Provinz Padua in der Region Venetien„ ab. Dabei handelt es sich aber nicht um eine offizielle Reisewarnung, wie ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums auf Nachfrage klarstellt.
- Wie sollten sich Menschen verhalten, die schon nach Südtirol gereist sind und zurückgekehrt sind? Reisende, die in den vergangenen 14 Tagen in Südtirol waren, sollten unabhängig davon, ob sie Symptome zeigen oder nicht, „vorläufig zu Hause bleiben“, heißt es in einer Mitteilung des Landesministeriums für Soziales. Wer innerhalb von 14 Tagen nach seiner Rückkehr Symptome wie Fieber, Muskelschmerzen, Husten, Schnupfen oder Durchfall entwickle, „sollte umgehend telefonisch die Hausarztpraxis kontaktieren“ oder sich an den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117 wenden, heißt es in der Mitteilung weiter.
- Was können Urlauber tun, die sich noch dort aufhalten? Solange es keine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amts gibt, besteht nur eingeschränkt ein Anspruch auf Erstattung der gebuchten Reise. Das Zimmer kann kurzfristig häufig nicht weitervermietet werden, daher kann der Urlauber die Kosten für das Hotel nicht grundsätzlich zurückfordern. Die Urlauber sollten den Empfehlungen des Gesundheitsministeriums folgen und nach ihrer Rückkehr vorsorglich zu Hause bleiben und sich bei Symptomen so verhalten wie oben empfohlen.
- Kann ich meine Reise stornieren, wenn das Robert-Koch-Institut eine Region zum Risikogebiet erklärt? Ja, aber nicht ohne Stornokosten. Für eine kostenlose Stornierung bedarf es einer offiziellen Reisewarnung des Auswärtigen Amts, sagt Oliver Buttler, Abteilungsleiter für Verbraucherrecht bei der Verbraucherschutzzentrale Baden-Württemberg dem SÜDKURIER. Bislang hat das Amt aber keine ausgesprochen. Die Warnung des Gesundheitsinstituts reicht nicht aus, um eine kostenlose Stornierung zu bekommen.
- Gibt es einen Unterschied zwischen Individualreisen und Pauschalreisen, was die Stornierung betrifft? Ja, den gibt es. Eine Individualreise können Reisende nur dann kostenfrei stornieren, wenn der Anbieter mitspielt, erklärt Buttler. Sie sind in diesem Fall also auf die Kulanz der einzelnen Anbieter des Flugs, des Hotels, des Mietwagens vor Ort angewiesen. Bei Pauschalreisen ist kostenfreies Stornieren möglich, sofern außergewöhnliche Umstände vorliegen.
- Welche Möglichkeiten gibt es, auch ohne offizielle Reisewarnung den Urlaub zu stornieren? Verbraucherrechtler Buttler rät, den Reiseveranstalter zu kontaktieren und die Sorge vor dem Reiseantritt zu äußern. „ Wir haben in den vergangenen 14 Tagen keine Beschwerden, dass sich Reiseveranstalter nicht kulant zeigen, was Umbuchung betrifft“, sagt der Experte. Er rät, die Reise lieber umzuplanen und ein anderes Reiseziel oder einen späteren Reisezeitpunkt zu wählen. Damit habe man oft mehr Erfolg als bei einer Stornierung, die oft mit Kosten verbunden ist, wenn der Urlauber die Reise ohne offizielle Reisewarnung nicht antreten will.
- Ist es ratsam, einfach abzuwarten? In manchen Fällen ja. Ein Beispiel: Die Lufthansa hat von sich aus viele Flüge storniert wegen des Corona-Virus. In solchen Fällen hat der Reisende nach der EU-Fluggastverordnung sogar Anspruch auf eine Entschädigung zusätzlich zum ursprünglichen Ticketpreis. Das ist aber nur dann der Fall, wenn die Airline den Flug kurzfristig storniert.
- Wie hoch dürfen die Stornokosten sein? Die Stornokosten hängen stark vom Zeitpunkt der Absage ab, betont Experte Buttler. „Wenn man eine Woche vorher storniert, und die Stornokosten belaufen sich auf 90 bis 100 Prozent der Reise, ist das nicht rechtmäßig“, betont der 42-Jährige. „Ich esse ja nichts, verbrauche keine Handtücher, belege kein Zimmer“, erklärt der Verbraucherrechtler. Grundsätzlich dürfe der Reiseveranstalter aber geltend machen, dass ihm ein Teil des Gewinns der ursprünglich gebuchten Reise entgehe, schränkt er ein.
- Was können Reisende tun, denen im Fall einer Stornierung horrende Kosten drohen? Betroffene können sich in solchen Fällen auch an die Verbraucherzentrale wenden, die die Reisenden unterstützt. Der Reiseveranstalter erhält dann eine Abmahnung der Verbraucherschutzorganisation und kann im Ernstfall verklagt werden. Das zeigt häufig Wirkung.
- Was sollte man bei einer Stornierung beachten, wenn das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausgesprochen hat? Hier ist es wichtig, auf den Zeitrahmen der Reisewarnung zu achten. „Diese gelten ja nicht unbegrenzt“, betont Buttler. Liegt die Reise innerhalb des Zeitraums der Reisewarnung, sind kostenlose Stornierungen möglich. Wer Reisen schon für das Spätjahr oder das kommende Jahr gebucht habe, sollte daher besser abwarten, wie die Lage näher am Reisezeitpunkt von den Behörden beurteilt wird. Grundsätzlich gilt aber auch bei Reisewarnungen des Auswärtigen Amts, dass „außergewöhnliche, unvermeidbare Umstände vorliegen“ müssen, um eine kostenlose Stornierung zu bekommen. Im Zweifel lohnt es, die Verbraucherschutzzentrale zu kontaktieren oder eine Rechtsschutzversicherung in Anspruch zu nehmen.