In einer Woche beginnt für einige Schüler wieder der Unterricht. Doch noch immer herrschen viele Fragezeichen vor dem Schulstart
An vielen Schulen muss dringend der Hygieneschutz verbessert werden. Auch stellt das Abstandsgebot eine Herausforderung für den Schulalltag dar. Und wann die Grundschüler wieder zur Schule können, bleibt weiter ungewiss.
Probesitzen am Hochrhein-Gymnasium in Waldshut: Schulleiterin Mechthild Rövekamp-Zurhove (links) mit den Stundenplanern Heino Schoger, Susanne Kintzi und dem stellvertretenden Schulleiter Markus Funck.
| Bild: Hochrhein-Gymnasium Waldshut
Ulrike Bäuerlein und den Lokalredaktionen
In gut einer Woche soll ein Stück Normalität zurückkehren: Die ersten Schüler in Baden-Württemberg werden wieder Unterricht an den Schulen haben. Begonnen wird am 4. Mai zunächst mit den Schülern an öffentlichen Schulen sowie der sonderpädagogischen Zentren, die in diesem oder dem kommenden Jahr Abschlussprüfungen machen sowie den Prüfungsklassen der beruflichen Schulen. Ganz normal wird es dort aber nicht zugehen – es gelten schließlich Corona-Regeln.
Hausmeister Toni Mahler bereitet in der Karl-Brachat-Realschule in Villingen die Klassenzimmer für den Schulstart vor.
| Bild: Hahne, Jochen
Fieberhaft werden derzeit an den Schulen selbst und bei den Schulträgern und in den Schulämtern die Voraussetzungen für einen Präsenzunterricht organisiert. Das Kultusministerium veröffentlichte Anfang der Woche konkrete Richtlinien. Die Anforderungen sind hoch: Kleine Lerngruppen, zusätzliche Lehrkräfte, räumliche Trennung, versetzte Anfangs- und Pausenzeiten, Wahrung der Abstandsregeln im Unterricht und vor allem in den Pausen. Alles muss vor Ort organisiert werden – und noch vieles ist unklar, vom Schülertransport mit Bussen und Bahn, der vor allem in ländlichen Regionen eine enorme Herausforderung darstellt, bis hin zur Frage, ob und wie die Infektionsschutzverordnung tatsächlich in der schulischen Praxis eingehalten werden kann.
Was den Schülertransport betrifft, ist das Kultusministerium derzeit mit dem für die Bahn zuständigen Verkehrsministerium sowie den für die Busse zuständigen Stadt- und Landkreisen im Gespräch. Zudem muss der Fernunterricht und die Betreuung auch für Prüflinge, die zu Risikogruppen gehören und zuhause bleiben müssen, weiter sichergestellt werden.
So bereiten sich die Schulen in unserer Region vor
So sieht die Corona-bedingte Sitzordnung im Thomas-Strittmatter-Gymnasium in St. Georgen aus.
| Bild: Ganter, Patrick
Die Schüler selbst haben vom Kultusministerium die Zusage, dass bis zum 4. Mail alles organisiert sein soll. „Wir fühlen uns da gut informiert und sind sehr froh, dass die Schulen noch einmal vor den Abschlussprüfungen öffnen, das ist ganz wichtig, damit man nicht von Null auf Hundert in die Prüfungen geht“, sagt Roman Jauch vom Landesschülerbeirat (LSB). Dass es dann zum Teil in den Vorbereitungsklassen zu Lehrerwechseln komme, ließe sich nicht vermeiden. „Aber eine Stoffwiederholung vor der Prüfung mit verschiedenen Lehrkräften kann in der Prüfung auch ein Vorteil sein.“
Eine Herausforderung, glaubt der Sprecher des Landesschülerbeirats, könnte allerdings das Abstandsgebot in den Pausen sein. „Die Klassen sind seit Jahren zusammen, die Schüler haben sich seit sieben Wochen nicht gesehen, da ist die Versuchung zum Austausch groß. Andererseits sind es die ältesten Schüler, denen kann man schon zutrauen, dass sie im Kopf so weit sind, die Regeln zu beachten“, glaubt Jauch.
An der Rudolf-Eberle-Schule in Bad Säckingen sind Hausmeister Michael Zehe und Sekretärin Andrea Küßtner dabei, die Vorgaben für die Wiedereröffnung umzusetzen. Die Schüler sitzen einzeln und auf 1,50 Meter Abstand.
| Bild: Susanne Eschbach
Aber auch die baulichen und personellen Voraussetzungen vor Ort sind höchst unterschiedlich. Besondere Sorgen macht Eltern wie Lehrkräften die notwendige Hygiene. „Das ist aus unserer Sicht die allergrößte Baustelle“, sagt Carsten Rees, Vorsitzender des Landeselternbeirats. „An der Hygiene und an den Reinigungskosten haben viele Schulträger in den vergangenen Jahren zuerst gespart“, sagt Rees.
Viele Schulen haben noch nicht mal warmes Wasser zum Händewaschen
Auch Ralf Scholl, der Landesvorsitzende des Philologenverbands, der die Gymnasiallehrer vertritt, äußert sich da skeptisch. „Ich schätze mal, dass es an 80 Prozent der Schulbauten überhaupt kein warmes Wasser zum Händewaschen gibt“, sagt Rees. Auch die Putzpläne an den Schulen müssten dringend nachgebessert werden. „Es muss viel öfter desinfiziert und saubergemacht werden“, fordert Scholl.
Bei den Lehrkräften selbst gebe es derzeit vor allem noch eine große Unsicherheit, wie sich der Präsenzunterricht in der Praxis gestalte. „Im Klassenzimmer weit auseinandersitzen ist bei entsprechenden Gruppengrößen sicher möglich“, sagt Scholl. Andernfalls müsse eine Mundschutzpflicht für Schüler eingeführt werden. Bei Lehrern, die viel sprechen müssten, sei das zumindest während des Unterrichts kaum denkbar. Absolut sinnvoll dagegen sei eine Maskenpflicht dagegen für alle Beteiligten beim Gang durch das Schulgebäude und auf dem Pausenhof.
Statt zu unterrichten nähen die Maßschneidermeisterinnen in Wald Veronika Ruther, Rita Seyfried und Stefanie Kästle (von links) Masken.
| Bild: Sandra Häusler
Noch kein Zeitplan für die Schul-Rückkehr von Grundschülern
Für die Schüler der anderen Klassenstufen sowie die Grundschüler gibt es derzeit laut Kultusministerium noch keine Zeitpläne für eine Rückkehr an die Schulen. Maßgeblich dafür sei die weitere Entwicklung des Infektionsgeschehens.
Zumindest eine verlässliche Nachricht gibt es aber aus dem Ministerium für die Schüler: In diesem Schuljahr bleibt niemand sitzen. „Alle Schüler werden grundsätzlich ins nächste Schuljahr versetzt, niemand darf einen Nachteil aus der aktuellen Situation haben, sicherte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) zu.