Ein ganzes Jahr dauert es, bis in Friedrichshafen ein neuer Zeppelin NT, das steht für Neue Technologie, fertig ist. Jetzt war es erneut soweit. Ende März absolvierte ein neuer Zeppelin bei der Zeppelin Luftschifftechnik in aller Stille seinen Erstflug. Der Gigant, mit 75 Metern länger als ein Boeing 747-Jumbo-Jet, hob zügig ab und kam nach einem problemlosen Flug wieder zur Landung an den Flughafen Friedrichshafen.
Das gerade fertiggestellte Exemplar ist allerdings nicht komplett neu. Es ist ein Mix aus Alt und Neu. So spendierte ein früher in San Francisco eingesetzter, später demontierter und am Bodensee eingelagerter Zeppelin zahlreiche Komponenten. Nahezu alle Teile seiner tragenden Struktur wurden wiederverwendet, dazu Hülle, Leitwerke und die Aufhängung des Hecktriebwerks. Ganz neu ist hingegen die Passagiergondel. Sie hat nun 16 statt wie früher 14 Sitze.
Ein großer Moment für die Crew von Zeppelin Luftschifftechnik während des Baus war, als die Hülle montiert wurde. Denn sie wird ähnlich wie ein eng sitzender Handschuh über das fertige Gerüst gezogen. Die Außenhaut ist als dreischichtiges Laminat aufgebaut, sie kommt von einer US-Firma, die auch Weltraumanzüge für Astronauten herstellt, und ist extrem dicht. So geht über ein Jahr hinweg auch nur eine winzige Menge des teuren Heliums im Innern verloren
Für die Mitarbeiter der Zeppelin Luftschifftechnik ist die Hüllenmontage höchst herausfordernd. Denn nur mithilfe von fahr- und schwenkbaren Hebebühnen können sie die Außenhaut über den bis zu 17 Meter hohen Zeppelinrohbau stülpen. Außerdem ist es in der Halle nun ziemlich eng. Denn neben einem bereits fertigen Zeppelin steht der neue, zudem ist das voluminöse Gerüst des 2019 ausgemusterten Luftschiffs ebenfalls noch vorhanden.

Was der Pilot wissen muss
Ein weiterer Kraftakt für das Team ist der Ausbau der Gondel. Dort laufen Dutzende Meter Verkabelung der komplexen Avionik zusammen, die dem Piloten alle zum Fliegen wichtigen Informationen auf großen Displays anzeigt. Dazu kommt jede Menge weitere Elektronik. Denn der Zeppelin NT fliegt „fly by wire“ wie Airbus und Co. Das bedeutet, dass die Ruder am Leitwerk nicht mehr über Schubstangen oder Steuerseile mechanisch angetrieben werden. Stattdessen bewegen Elektromotoren die Ruder analog zur vom Piloten vorgenommenen Stellung des Steuer-Joysticks. Ein sogenanntes Glascockpit versorgt den Piloten mit allen wichtigen Infos über Fluglage, Geschwindigkeit, Höhe, Position und alle relevanten Wettergegebenheiten auf großen Displays.
Der Zeppelin NT ist legitimer Nachfolger der einstigen Riesen am Himmel. Denn seine tragende Struktur ist zeppelintypisch, anders als etwa ein Prallluftschiff, das nur durch seine Hülle die Form bekommt. Ein Zeppelin hingegen hat immer ein Innengerüst. Früher bestand es aus Aluminium, heute besteht es aus Karbon. Ohne aufmontierte Hülle wirkt es sehr filigran. Durch die Verwendung von hochfesten Karbon-strängen ist es aber extrem stabil und erinnert an das Skelett eines riesigen Wals. Nur deshalb können die drei Motoren des Zeppelin NT aerodynamisch günstig weit oberhalb der Kabine am Rumpf angebracht werden und ihm so eine angesichts seiner Größe erstaunliche Wendigkeit ermöglichen.
Das neue Luftschiff aus Friedrichshafen soll in drei Bereichen helfen, Geld zu verdienen: durch Passagierflüge, Werbung auf der Hülle und das Verchartern an Forschungseinrichtungen. Denn ein Zeppelin NT eignet sich durch seine langsame Geschwindigkeit, Vibrationsfreiheit sowie eine Flugdauer von bis zu 24 Stunden bestens als fliegende Plattform für die Wissenschaft.
