„Der Aufenthalt im Bad ist nur in geeigneter Badekleidung gestattet.“ So oder ähnlich steht es in den Haus- und Badeordnungen der Thermen entlang des Bodensees. Bisher wurde darunter für Männer eine Badehose und für Frauen ein Ober- und Unterteil oder ein Badeanzug verstanden. Damit könnte jetzt jedoch Schluss sein.

Denn in Berlin hat eine Ombudsstelle für das Landesdiskriminierungsgesetz entschieden, dass „geeignete Badekleidung“ lediglich die primären Geschlechtsteile verdecken muss. Damit dürfen Frauen in den Berliner Bädern nun ganz offiziell oben ohne baden. Eine 33-Jährige hatte eine Diskriminierungsbeschwerde eingereicht, nachdem ihr das Baden ohne Bikinioberteil untersagt worden war.

Meersburg: Mit Diversität auseinandersetzen

Doch wie sieht es in den Thermen am Bodensee aus – außerhalb des Saunabereichs, der meist ohnehin textilfrei ist? „Wenn eine Frau aktiv entscheidet, kein Oberteil zu tragen, werden wir das Gespräch suchen“, sagt Fabian Dalmer, Geschäftsführer der Meersburger Therme. „Aber wir werden es nicht verbieten.“

Stattdessen werde man das Ganze „erst mal laufen lassen“, wie er sagt. Die Frau müsse sich allerdings den Reaktionen der anderen Badegäste stellen, die eventuell Fragen stellen könnten. „Aber das Urteil bietet für uns eine Grundlage, da nicht einschreiten zu müssen“, so Dalmer.

In der niedersächsischen Stadt Göttingen wurde das Thema im vergangenen Jahr diskutiert. Das Bild zeigt das Hallenschwimmbad ...
In der niedersächsischen Stadt Göttingen wurde das Thema im vergangenen Jahr diskutiert. Das Bild zeigt das Hallenschwimmbad „Badeparadies Eiswiese“ – auch hier dürfen Frauen an Samstagen und Sonntagen ohne Oberkörperbekleidung schwimmen gehen. | Bild: Swen Pförtner/dpa

Generell müsse man sich mit dem Thema Diversität auseinandersetzen und Kompromisse suchen. Dalmer berichtet beispielsweise von einer Anfrage einer Transgender-Person, die den Weg von einem männlichen zu einem weiblichen Körper geht und deswegen gern die Damensauna besuchen möchte. Die Brust sei bereits weiblich, die primären Geschlechtsteile seien noch nicht operiert worden.

„Wir gehen in solchen Situationen ins Gespräch und suchen einen Kompromiss“, sagt Dalmer. So sei eine Überlegung, ob die Person während des Saunabesuchs beispielsweise ein Handtuch um den nicht operierten Bereich tragen könnte. „Aber natürlich müssen die Menschen dann eventuell mit Fragen der anderen Badegästen rechnen.“

Für Dalmer sind solche Fälle unproblematisch, denn es würden keine Dritten gefährdet. Anders als beispielsweise beim Thema Smartphones im Schwimmbad – in Meersburg herrsche dahingehend eine Null-Toleranz-Politik. „Wir leben in einer bunten Welt, wir müssen uns wandeln“, so Dalmer.

Konstanz: Baden ohne Oberteil wird nicht beanstandet

Ähnlich werden die Stadtwerke Konstanz verfahren, die die Konstanzer Therme und Hallenbäder sowie Freibäder betreibt. „Die Umstände des Berliner Falles kennen wir nicht im Detail“, sagt Sprecher Josef Siebler. „Aber wir würden prinzipiell so verfahren wie nun die Kolleginnen und Kollegen in Berlin und das Baden ohne Oberteil nicht beanstanden.“ Bisher sei jedoch kein solcher Fall in Konstanz bekannt geworden. Dennoch werde das Personal entsprechend informiert werden.

Die bisherige Formulierung – man spricht von handelsüblicher Badekleidung – komme aus einer Muster-Badeordnung, erklärt Siebler, und habe den Zweck, „dass Bäder mit der Mode gehen können und nicht besonders kurze oder lange Badebekleidung aufgrund veralteter Vorstellungen verbieten müssen, obwohl die Zeitströmung eine Wandlung erlebt hat.“ Ob die Badeordnung der Konstanzer Bäder nun angepasst werde, werde man sehen müssen.

Überlingen: Nicht oben ohne im Thermalbad

Ganz anders sieht es Peter Koop, Betriebsleiter der Bodensee-Therme in Überlingen: „Oben ohne wird es im Thermalbad nicht geben.“ Er sieht trotz des Berliner Urteils keine Veranlassung, etwas zu ändern. Es gelte, was „seit Jahr und Tag getragen wird“, wenn in der Badeordnung von geeigneter Badekleidung die Rede ist. Als öffentliches Bad orientiere sich die Überlinger Therme an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen „und den sonst üblichen Verhaltensregeln und Sitten im öffentlichen Bereich“, so Koop.

An einer Diskussion, ob das Tragen eines Bikinioberteils für Frauen diskriminierend ist oder nicht, will Koop sich nicht beteiligen. „Wir werden auf jeden Fall kein Vorreiter sein.“ Stattdessen sei er unsicher, ob bei den Besuchern überhaupt eine Akzeptanz für oben ohne außerhalb des Saunabereichs da wäre. Koop räumt aber auch ein: „Hätte es die Anfrage schon mehrfach gegeben, hätten wir uns dazu auch Gedanken gemacht.“ Bisher sei ein solches Anliegen von den Gästen aber nicht an die Therme herangetragen worden.

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Unterdessen verweist die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen auf SÜDKURIER-Nachfrage auf eine Stellungnahme vom Frühjahr 2022. Damals wurde das Thema aufgrund Falls in Göttingen bereits diskutiert, eine Sprecherin sagte: „Die bisher geringe Nachfrage in Göttingen zeigt, dass Deutschland offensichtlich noch nicht bereit dazu ist.“ Dieser Satz gelte immer noch.