Er brannte für seine Partei. Bis zu seinem letzten Atemzug war er Mitglied der FDP. Am Sonntag ist Ernst Pfister, früherer Landeswirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident Baden-Württembergs, im Alter von 75 Jahren gestorben, wie am Montag bekannt wurde. Damit geht einer, der einst die Landespolitik maßgeblich mitprägte.
Seinen Weg zu den Liberalen fand der gebürtige Trossinger schon 1969, begeistert von der damaligen Ostpolitik des damaligen FDP-Bundesaußenministers Walter Scheel im Kabinett von Willy Brandt. Schnell avancierte Pfister zum Kreisvorsitzenden seiner Partei in Trossingen, wo der passionierte Lokalpolitiker 24 Jahre lang im Gemeinderat aktiv war (1980 bis 2004), ab 1984 auch als stellvertretender Bürgermeister. Dem Kreistag gehörte Pfister ab 1980 zwölf Jahre lang an. Zeitgleich wurde er Landtagsabgeordneter, was er bis 2011 blieb. Kein anderer liberaler Abgeordneter gehörte der FDP-Fraktion so lange an wie er – 31 Jahre lang.
Landespolitik mitgeprägt
Als solcher prägte er die Landespolitik maßgeblich mit. Von 1996 bis 2004 führte Pfister die FDP-Landtagsfraktion. Als die sogenannte Umfragen-Affäre um illegale Spendengelder über Walter Döring und die Landesregierung von Erwin Teufel (CDU) hereinbrach, übernahm Pfister das Wirtschaftsressort der Landesregierung, das er bis 2011 führte.
Als Wirtschaftsminister stand er jedoch häufiger in der Kritik, wurde von Medien wie der „Süddeutschen Zeitung“ gar als „unbedarft“ bezeichnet. Unbedarft war in jedem Fall seine Personalpolitik, als der verheiratete Familienvater einen seiner Zwillingssöhne von 2005 bis 2006 bei Baden-Württemberg International, der Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes, vom Praktikanten zum Projektleiter erhob.
Glückloser Wirtschaftsminister
Parteiintern in die Kritik geraten, hatte Pfister keine Chance gegen Justizminister Ulrich Goll und dessen Spitzenkandidatur. 2006 gab er deshalb den ebenfalls übernommenen Posten als stellvertretender Ministerpräsident ab. Nach dem Regierungswechsel 2011 zog sich Pfister dann ganz aus der aktiven Politik zurück.
„Ich habe mir immer ein Leben nach der Politik gewünscht, und ich wollte immer selbst den Schlusspunkt setzen“, sagte der FDP-Landespolitiker damals zur Begründung. Seiner Partei blieb Pfister aber bis zu seinem Tode als Basismitglied treu.
Neben seinen politischen Ämtern pflegte Pfister zahlreiche Mitgliedschaften und Aufsichtsratspositionen. Nach Dörings Rücktritt als Wirtschaftsminister übernahm Pfister so auch dessen Präsidentschaft im Tourismus-Verband Baden-Württemberg. Zudem war er ab 2004 Aufsichtsratsvorsitzender der Staatsbank von Baden-Württemberg. Darüber hinaus engagierte sich der Liberale in er FDP-nahen Reinhold-Maier-Stiftung im Verwaltungsrat. Bei der Landesstiftung Baden-Württemberg saß er ebenfalls im Aufsichtsrat.

Der baden-württembergische FDP-Bundestagsabgeordnete Michael Theurer, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsministerium sagt dem SÜDKURIER über den einstigen Parteikollegen: „Ernst Pfister habe ich sehr geschätzt. Er war ein feiner Mensch, auf dessen Wort immer Verlass war. Bodenständig, verbindlich, verlässlich – ein aufrechter Demokrat, dem man zu Recht vertraut.“ In seiner aktiven politischen Zeit habe er sich Theurer zufolge insbesondere für die Soziale Marktwirtschaft und gerechte Rahmenbedingungen für den Mittelstand eingesetzt.
Pfister gehört auch zu den maßgeblichen Förderern des heute geltenden und umstrittenen achtjährigen Gymnasiums, das die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands fördern sollte.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann lobte sein Lebenswerk: „Über Jahrzehnte hinweg hat sich Ernst Pfister zum Wohle Baden-Württembergs und seiner Bürger eingesetzt und stand dabei immer für eine bürgernahe Politik“, betonte er. Auch der heutige FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke behält Pfister in guter Erinnerung: „Insbesondere seine menschlichen Qualitäten werden uns schmerzlich fehlen“, sagt Rülke.

Niko Reith vertritt den früheren Wahlkreis Pfisters, Tuttlingen-Donaueschingen, im Landtag. Er nennt Pfisters Tod einen Verlust. Mit seinem Tod verliere die Region, „aber auch ich selbst einen wichtigen Impulsgeber“, so Reith: „Seine selbstlose Unterstützung wird uns allen fehlen.“
In der Region verwurzelt
Pfister hatte in Tübingen und Freiburg Politikwissenschaften, Germanistik und Sportwissenschaften studiert, ab 1975 unterrichtete der Lehrer an einem Villinger Gymnasium. Bis zuletzt lebte er in Trossingen, wo er 2012 zum Ehrenbürger ernannt wurde. Zudem pflegte Pfister einen Wohnsitz auf der Insel Reichenau.
Nach Angaben des Bürgermeisters Wolfgang Zoll war er dort mehrmals pro Jahr, meist zu Inselfesttagen wie dem Weinfest oder dem Heilig-Blut-Fest im Juni – dem höchsten Feiertag der Insel. Im August war ihm auf der Reichenau auch Ministerpräsident Kretschmann begegnet, der sich von der Nachricht von Pfisters Tod „tief erschüttert“ zeigte.
Reichenau als zweite Heimat
Der stellvertretende Bürgermeister Armin Okle, kannte den „Pfister-Ernst“ gut. „Ein sehr bodenständiger Mensch“, so Okle, der erst kürzlich noch mit ihm gesprochen hatte: „Sein Tod hat mich sehr getroffen“, sagt das Gemeindemitglied.
Sowohl er als auch seine Frau Doris waren ihm zufolge auf der Insel überall „gern gesehen“. Bei jedem Inselfeiertag sei er dabei gewesen, auch bei den Wein- und Fischerfesten. Immer sei Pfister bürgernah gewesen, sprach mit jedem, und habe viele Freundschaften in der Gemeinde gepflegt. Sogar einen seiner runden Geburtstage habe er auf der Insel gefeiert, erinnert sich Okle.
Im Café Schiff auf der Reichenau war der Musikliebhaber Stammgast, packte dort laut Okle häufiger sein Akkordeon aus und habe spontan Musik gemacht. Auch seine Mundharmonika habe er immer in der Hosentasche gehabt. Pfister sei auch sehr der Geschichte der Insel verpflichtet gewesen, in der Stiftung Welterbe habe er sich für die Gemeinde eingesetzt.
Liebe zur Musik
Seiner Musikliebe entsprechend war Pfister auch lange Mitglied beim Deutschen Harmonikaverband, dessen Ehrenpräsident er wurde. FDP-Bundestagsabgeordneter Theurer fasste das Leben Pfisters so zusammen: „Er hat nie den Blick für die Schönheit im Leben verloren, insbesondere was die Musik angeht. Er wird fehlen.“