Kilian Schwarz zählt zu den Stillen im Lande – zu den stillen Umweltschützern, den es eher in die pulsierende Natur als in ökologische Programme zieht. Schon als Junge beschäftigte er sich mit dem Schutz von Schmetterlingen, erst in Allensbach im Kreis Konstanz, heute in Stuttgart, wo er seine Ausbildung durchläuft. Auf einem Gartentisch stehen die Gläser mit den Larven dieser Tiere. Er päppelt sie, bis sie schlüpfen und ihre prächtigen Flügel entfalten. Dann entlässt er sie in die Freiheit. Es ist eine unauffällige und beharrliche Arbeit – ohne jede Unterstützung. Jedes geschlüpfte Tier ist sein kleiner Erfolg und sein Beitrag zum Naturschutz.

Das liegt in der Familie

Für den Elektroniker-Lehrling war die Arbeit mit den schönen Insekten immer selbstverständlich. Der Zugang war natürlich: Bereits seine Großmutter Monika kümmerte sich um Pfauenauge und Admiral. Da lag es auf der Hand, dass sich auch der Enkel als Geburtshelfer für die Vierflügler engagiert.

Schon als Kind beschäftigte sich Kilian mit diesen Tieren: Seine Großmutter führte ihn heran.
Schon als Kind beschäftigte sich Kilian mit diesen Tieren: Seine Großmutter führte ihn heran. | Bild: Fricker, Ulrich

Er zeigt ein Bild, auf dem man ihn als lachenden Jungen sieht. Auf seiner Hand hat sich ein Schmetterling niedergelassen, der eben geschlüpft ist. In seiner Familie war der Umgang mit diesen Tieren normal, er gehörte zur Gartenarbeit und zur Kinderstube.

Einige Arten sind vom Aussterben bedroht

„Das kann jeder“, sagt der gebürtige Allensbacher. Man darf ergänzen: Jeder kann es, der es will und dafür seine Zeit hergibt. Denn die Begleitung der Lebensstufen von der Larve bis zum flugfähigen Schmetterling frisst Zeit. „Die Larven finde ich im Garten“, berichtet er im Gespräch, doch dafür muss er lange suchen. Als Kind fragte er immer wieder andere Grünlandbesitzer im Dorf, ob er auf ihrem Grundstück suchen dürfe. Er durfte und vertiefte sich in die Grasnarbe.

Auf diesem Gartentisch stehen ein Dutzend ehemalige Gurkengläser. Dort fressen die Raupen der zukünftigen Schmetterlinge. Der Glasdeckel ...
Auf diesem Gartentisch stehen ein Dutzend ehemalige Gurkengläser. Dort fressen die Raupen der zukünftigen Schmetterlinge. Der Glasdeckel schützt sie vor ihrem größten Feind – dem Menschen. | Bild: Fricker, Ulrich

Das reicht ihm nicht. Deshalb streift er durch besonders ergiebige Felder oder Wegraine, die er als bevorzugte Habitate dieser Tiere ausgespäht hat. Dabei sucht er schon einmal einige Stunden, um die unscheinbaren Raupen zu finden. Das entmutigt ihn nicht. Es zeigt ihm an, dass der Bestand an Schmetterlingen zurückgeht und einige Arten vom Aussterben bedroht sind.

Das Problem ist der Mensch

Schmetterlinge werden meist bewundert, sobald sie geschlüpft sind und jeden Garten verzieren. In ihrem früheren Stadium als Raupe haben sie es schwerer. Denn mancher Gärtner vernichtet die zwei bis vier Zentimeter kleinen wurmförmigen Raupen, sobald er sie findet – in der falschen Annahme, es seien Schädlinge. Das hat den Bestand an Schmetterlingen drastisch nach unten gedrückt.

Auf dünnen Stäbchen hält Kilian Schwarz die Raupen.
Auf dünnen Stäbchen hält Kilian Schwarz die Raupen. | Bild: Fricker, Ulrich

Dadurch hat sich auch deren Fortpflanzung stark verändert. „Die Fruchtbarkeit ist deutlich zurückgegangen“, beobachtete Schwarz über die Jahre. Beim Schwalbenschwanz fiel ihm das besonders deutlich auf, er legt viel weniger Eier als früher.

Teil des Öko-Systems

Kilians Leidenschaft gilt nicht nur der Schönheit des Insekts, er denkt schon auch grundsätzlich. „Das ist mein Beitrag zum Naturschutz“, sagt er, „denn Schmetterlinge sind Teil des Ökosystems“. Wie die Bienen bestäuben sie die Pflanzen. Sie nützen definitiv.

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Diese Arbeit macht ihm Freude, sonst könnte er nichts zuwege bringen. Es sind immerhin ein bis anderthalb Stunden, die er für die Lepidoptera (so das Fachwort für diese Gattung) aufwendet. Entscheidend ist die Regelmäßigkeit, mit der er diese Aufgabe versieht. „Sie sind wie Haustiere, man kann sie nicht alleine lassen“, sagt der 21-Jährige. Er kann also nicht ohne Weiteres in den Urlaub fahren und die vielen Gläser stehen lassen. Vielmehr richtet er seinen Tag nach den zukünftigen Faltern aus. Sonst würden die Larven verenden. Sein Hobby ist auch Pflicht.

Die Arbeit lohnt sich, auch optisch. Aus den unscheinbaren Larven werden herrliche Tiere wie dieser Schwalbenschwanz. Für das Bestäuben ...
Die Arbeit lohnt sich, auch optisch. Aus den unscheinbaren Larven werden herrliche Tiere wie dieser Schwalbenschwanz. Für das Bestäuben sind auch Schmetterlinge wichtig. | Bild: Patrick Pleul

Was die Wissenschaft dazu sagt

Fachleute bestätigen die kritische Situation, in der diese artenreiche Gruppe lebt. „Es ist höchste Zeit, den flächendeckenden Rückgang der Schmetterlinge zu stoppen“, schreibt zum Beispiel der Entomologe Robert Trusch (Karlsruhe). Seit 20 Jahren misst er, dass die Population der Schmetterlingen zurückgeht. Auch wer keine private Pflegestation für die Flügeltiere betreibt, kann etwas tun, zum Beispiel bewusst einkaufen. Trusch empfiehlt, sich die Etiketten von Lebensmittel genau anzusehen; Spritzmittel seien für den insektischen Nachwuchs geradezu tödlich.