Männer und ihre private Werkstatt, das ist ein Thema für sich. Sobald die Türe ins Schloss und das Werkzeug in die Hand fällt, passiert etwas mit dem Hobbywerker: Er schaut nicht mehr auf die Uhr. Auch Jan Klingenberg erlebt das regelmäßig. “Hier in meinem Keller vergesse ich für Momente die Zeit“, berichtet der 33-Jährige. Er lebt in Böhringen, einem Stadtteil von Radolfzell im Kreis Konstanz. Wenn er an seinen Werkstücken arbeitet, wenn er daran sägt und schleift, geht ihm das Herz auf. Das fertige Produkt soll besonders schön werden und es soll gut klingen. Klingenberg – von Haus aus Ingenieur und Maschinenbauer, bastelt seine eigenen Gitarren.
Musik aus der alten Zigarrenkiste
Genauer gesagt: Er klaubt sie zusammen. Der junge Familienvater verbindet seine Begeisterung für das Instrument mit dem Umweltgedanken. Also benützt er gebrauchtes Material für den Korpus seiner Gitarren. Das können Zigarrenkisten sein oder abgefahrene Skateboards, die aus hochwertigem Holz verleimt sind. In seiner Werkstatt stapelt er auch alte Treppenstufen aus rötlichem Mahagoni. Diese hat er im Internet erworben. Aus dem schweren Tropenholz wird er dann die geschwungene Form einer zukünftigen Gitarre heraussägen.
Klingenberg ist in seinem kleinen Reich perfekt organisiert. Man merkt ihm den Ingenieur an, der seine 18 Quadratmeter im Keller optimal zu nützen weiß. Die CNC-Fräse hat er selbst zusammengebaut. In der Ecke stehen ein Dutzend von Gitarren, die er bereits komponiert hat. Bildschöne Instrumente mit originell kastigen Formen (die sogenannte Cigar box guitar) stehen neben den Skate-Gitarren, bei denen die Maserung des Skateboards noch erkennbar ist. Jedes Gerät ist einsatzfähig. Klingenberg spielt das Instrument seit seinem 15. Lebensjahr in seiner E-Version. Alle sind mit einem Tonabnehmer ausgerüstet und an eine Anlage angeschlossen.
Glücksmomente im Keller
Obwohl die Werkstatt schon jetzt vollsteht, tüftelt und baut er weiter. Ihm geht es um den ganz speziellen Glücksmoment, wenn er in seinem Keller sitzt und sägt und das Werkstück allmählich an Form gewinn. „Hier kann ich etwas verwerten, was einmal Abfall war“, sagt er. Sogar mit zerbrochenen Skateboards kann er etwas anfangen, nachdem er sie aufgefrischt hat. Mit seiner Wiederverwertung liegt er voll im Trend: Hochwertiges Holz ist derzeit Mangelware.
Vor zehn Jahren begann er mit dieser Arbeit. Für die erste Gitarre musste damals der Küchentisch herhalten. Seine Lebensgefährtin war nicht begeistert, da es ordentlich staubt und wirbelt, wenn der Korpus in Form gebracht wird. Inzwischen sind Sina und Jan Klingenberg verheiratet und haben in Böhringen ein zierliches Reihenhaus bezogen. Maschinen und Materiallager wurden in den Keller verfrachtet, der Küchentisch ist also wieder frei. Für ihn ist das Räumchen im Keller das reine Glück. „Das ist Lebenszeit, die ich da reinstecke“, lautet seine Philosophie.
Auch seine Söhne werken mit
Das Handwerkszeug hat er sich auf natürliche Art angeeignet. „Mein Vater war ein Bastler – Holz und Elektrik, da war er gut. Mein erstes Werkzeug stammt von ihm.“ Beim Vater schaute er sich auch die ersten Schritte und Techniken ab.
Und wie es der Zufall will: Seine eigenen Söhne, jeweils sechs Jahre alt, wollen mit dem Papa in den Keller steigen, wenn er nach den Gitarren schaut. Für seine Zwillinge hat er einen kleinen Werktisch hingestellt, an dem sie werkeln können. Aus einem Karton mit Restholz können sie sich bedienen und ihre eigene Welt bauen und Holz auf Holz kleben. So fällt der Apfel nicht sehr weit vom Stamm.