Wer die Baukeramikmeisterin und Keramikgestalterin Anita Flößer in Löffingen besucht, wird etwas irritiert sein. Da steht auf der einen Seite dieser wunderschöne Schwarzwälder Kachelofen, auf der anderen Seite steht eine große Teigknetmaschine, ein Nudelholz und ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte liegen auf dem Tisch.
Dem Original zum Verwechseln ähnlich
Beim Biss in die Torte hätte man allerdings ein Problem, denn sie ist aus Keramik. Aber sie ist so detailgenau und farblich dem Original zum Verwechseln ähnlich – nur ein Beispiel der professionellen Arbeit, welche die 57-jährige Meisterin herstellt.
In dieser Löffinger Kachelofen-Manufaktur entstehen einzigartige, handgefertigte individuelle Schwarzwälder Kachelöfen, kleine Kaminöfen, aber auch Wachbecken, Fenstersimse, Wand- und Bodenfliesen und viele weitere keramische Auftragsarbeiten.
Flößers handwerkliches Geschick, verbunden mit ihrer Kreativität, ist schon längst über die Löffinger Heimatgrenzen hinaus bekannt. So hat die Mutter zweier erwachsener Söhne erst jüngst für die ehemalige Richterin „Barbara Salesch“, heute als TV-Richterin bekannt, Kacheln für einen Kachelofen gefertigt und nach Ostwestfalen transportieren lassen.

Bereits mit 16 Jahren entdeckte sie in einem Töpferkurs während ihrer Realschulschulzeit die Liebe zum Material Ton und damit auch ihren Berufswunsch. Dieser alte Beruf war früher als Hafner bekannt.
Hafnerberuf erlebt eine Teilung
Die ersten Kacheln entstanden auf Drehscheiben, die sogenannten Schüsselkacheln, die aufgrund ihrer Form (Tiefe) mehr Abstrahlwärme in die ansonsten verputzten Öfen brachten. Heute hat sich der frühere Hafnerberuf in zwei Berufe geteilt. Der Kachelofen- und Luftheizungsbauer ist ein eigenständiger Beruf. Der Beruf des Keramikers ist in Baukeramik und Töpfer unterteilt. Baukeramiker gibt es nur noch wenige, dafür aber einen großen Bereich der industriell gefertigten Kachelöfen.
Anita Flößer setzt bei ihrer Keramik auf den Charme der Handarbeit und eine schlichte Formgebung. Eine ganz eigene Handschrift bekommt die Keramik durch spezielle Oberflächengestaltungen. Dabei geht sie auch immer wieder neue Wege, wie etwa Strukturen durch Gardinenmuster.
Bevor ein Kachelofen entsteht, heißt es für Anita Flößer, die Kundenwünsche aufzunehmen und mit dem Ofensetzer zu sprechen. „Welcher Heizeinsatz wird für den Raum benötigt? Welche Wärmequelle wird bevorzugt? Wie lange soll der Ofen die Wärme abstrahlen?
„Jedes Projekt wird aufeinander und miteinander abgestimmt“, so Anita Flößer. Als erstes fertigt die Meisterin ein Tonmodell mit Maßstab 1:10. Es brauche schon Erfahrung und Gespür den zukünftigen Kachelofen in den vorhandenen Raum oder in einen Neubau zu integrieren, hier sei das Modell sehr hilfreich.
Die Kacheln selbst werden nach einem Jahrhunderte alten Verfahren, der Überschlagtechnik, hergestellt. Das Verfahren wurde bereits in der Barockzeit angewendet, als die großen prunkvollen Kachelöfen noch Statussymbol hatten.
Zunächst wird ein Steggerüst aus lederharten Tonblättern gefertigt, das die spätere Form bestimmt, etwa die Grundform des Ofens oder einer Sitzbank. Für diese Tonblätter wird der weiche Ton immer wieder aufgeschlagen und verstrichen zu einem großen rechteckigen Blätterstock. Das ist eine körperlich anstrengende Arbeit.
Aus diesem Tonblock werden dann Tonblätter aufgeschnitten. Nun müssen die Tonblätter bis zu einem lederharten Zustand trocknen. Danach können daraus die Stege für das Steggerüst geschnitten werden. Mit weicheren Tonblättern wird das Steggerüst dann „überschlagen“. Bevor das gesamte Werk – etwa eine ganze Sitzbank, in Einzelsegmente geschnitten, in den 930 Grad heißen Schrühbrand kommt, liegen lange Trocknungszeiten.
Glasuren stellt sie selbst her
Eine weitere handwerklich und kreative Herausforderung ist die Oberflächenbearbeitung mit Bedrucken, Modellieren, Strukturieren und Bemalen. Hierdurch wird der Ofen zum Unikat. „Hier stecken viel Leidenschaft und Herzblut mit drin“, erzählt Anita Flößer. Die meisten Glasuren stellt sie selbst her, was große Erfahrung und Fingerspitzengefühl erfordert.
Sie werden als Pulver mit Wasser angesetzt und auf die Keramik aufgesprüht. Ofenglasuren werden bei 1050 Grad Celsius auf den keramischen Scherben eingebrannt und schmelzen so zu einem glasartigen Überzug aus.
Die Farbgebung der Glasuren erfolgt über die Zugabe von verschiedenen Oxiden wie Kupfer oder Kobaltoxid. Der Tonscherben ist bei dieser Temperatur noch sehr porös und gewährleistet später eine gute Wärmeleitfähigkeit. Erst jetzt kann der Ofensetzer-Meisterbetrieb den gewünschten Kachelofen vor Ort aufbauen.
