Natur ist gratis, sie gehört allen. Dieser Grundsatz gilt für alle, die einen Tagesausflug in den Schwarzwald starten und abends wieder zu Hause sind. Sie sparen sich Gebühren wie die Kurtaxe. Das bequeme Gratis-Prinzip könnte bald der Vergangenheit angehören, wenn es nach Thorsten Rudolph geht, dem Geschäftsführer von Hochschwarzwald Tourismus (Sitz in Hinterzarten). Rudolph strebt einen Umwelteuro an für alle Kurzzeitbesucher.
Muss denn alles umsonst sein?
Rudolph gehört zu den wichtigsten Tourismus-Managern im Schwarzwald, sein Wort dürfte bei der Ausrichtung dieser Urlaubsregion Gewicht haben. Der Umwelteuro wäre für besondere Leistungen fällig, zum Beispiel für Loipen, Wanderparkplätze oder Aussichtsunkte, die mit einigem Aufwand gepflegt und renoviert werden. „Muss das alles umsonst sein?“, fragt sich Rudolph. Tagesgäste nehmen alle Vorzüge zwischen Feldsee und Freudenstadt mit, ohne dafür zu bezahlen. Diesen Mitnahme-Effekt will Rudolph jetzt unterbinden, genauer gesagt: gerechter gestalten.

Schließlich entrichtet der Langzeitgast bereits brav seine Abgaben. Die Kurtaxe wird ihm bei der Übernachtung gleich abgezogen. Im Schwarzwald liegt sie in den meisten Gemeinden derzeit bei 2,70 Euro pro Tag. Außerdem nächtigt oder zeltet der Gast, er kauft ein, erwirbt Dienstleistungen. Er sorgt für Umsatz, weil er etwas liegen lässt – nicht nur seinen Müll.
Der Umwelteuro könnte auch Corona-Euro heißen
Thorsten Rudolph räumt ein, dass sein Vorstoß auch mit der Pandemie zu tun hat. Kommunen, die von Besuchern leben, verzeichneten teils drastische finanzielle Verluste. Das wolle man mit dem seinem geplanten Beitrag wettmachen.
In anderen Ländern sind gezielte Beiträge bereist üblich. In der Schweiz beispielsweise bezahlen Tagesgäste im Winter ein Loipengeld. In Unterwasser (Kanton St. Gallen) sind dies fünf Franken pro Tag, unabhängig von der Dauer der Benutzung.

Das Spuren der Loipen ist besonders aufwändig, bei Schneefall geschieht es mehrfach täglich. Die weit verzweigte Loipe am Thurner wird von Mitgliedern des Skisclubs St. Märgen betreut. Sie bitten um eine freiwillige Spende – und sie bewirtschaften den Vereinsparkplatz, um etwas Geld in die Kasse zu spülen.
Ein Zollhäuschen mitten im Wald?
Dabei dürfte die Idee vor allem auf praktische Hindernisse stoßen. „Die Erhebung einer pauschalen Zusatzgebühr ist aus meiner Sicht in der Praxis nicht umsetzbar“, sagt der Bürgermeister von St. Blasien, Adrian Probst, dem SÜDKURIER. Wie soll sie erhoben werden, etwa wenn Autoreisende sich für ein paar Stunden am Feldberg, dann am Titisee und endlich im Höllental aufhalten? „Natürlich nicht mit einem Zollhäuschen oder einer Schranke“, sagt Thorsten Rudolph. Er denkt eher an ein Online-Buchungsportal. Ob das den Naturgenuss befeuert, darf bezweifelt werden.
Probst dringt darauf, dass die Natur im Prinzip für alle zugänglich sein müsse. Der Schwarzwald ist kein ticketpflichtiger Park, denkt der Bürgermeister von St. Blasien. Ranger Achim Laber (Feldberg) pflichtet ihm bei: „Einen generellen Eintritt für die Natur halte ich persönlich für überzogen. Natur ist ein Gemeingut“, sagt der Ranger. Dieser Grundsatz müsse auch weiterhin gelten.
Vor allem die Loipen sind teuer
In einem Punkt freilich stößt Rudolphs Planspiel auf günstige Resonanz: für den Bereich Langlauf. „Die Loipenpräparierung kostet die Gemeinden sehr viel Geld. Das könnte aus meiner Sicht durchaus mit einer Loipennutzungsgebühr kompensiert werden“, sagt Laber. Es sei kaum einzusehen, dass diese Leistung ohne Weiteres gratis abgegeben werde. Trixi Laber, die eine Skischule am Feldberg betreibt, spricht sich für einen Loipenpfennig aus, wie ihn bereits viele Gemeinden in der Schweiz kassieren. Der Aufwand würde diese Abgabe rechtfertigen.

Wanderer müssen freilich nichts fürchten. Wer im Schwarzwald tageweise oder für einige Stunden auf Schusters Rappen reist, wird von dem Vorstoß nicht berührt. „Wir werden für normale Natur nichts verlangen“, verspricht der Stratege Rudolph. Für die Nutzung des fein strukturierten Wegenetzes wird keine Gebühr erhoben.
Die markierten örtlichen Rundschleifen oder die berühmten Fernwanderwege zählen zur größten Dienstleistung, die im Schwarzwald wie selbstverständlich angeboten wird. Zählt man alle Stege und ausgewiesenen Pfade zusammen, kommt man auf knapp 24.000 Kilometer. Darin steckt eine gewaltige Leistung an Organisation und Ehrenamt. Hauptmotor sind die Kommunen sowie der Schwarzwaldverein als Dach.
Die Radfahrer würde es nicht treffen
Auch die – teils ausgegliederten – Strecken für Mountainbiker wären vom Umwelteuro nicht betroffen. Die Routen und Wege der Bergradler sollen auch weiterhin gratis sein.
Doch mancher Hotelier betrachtet eine neue Gebühr als eher abschreckend. Thomas Banhardt, Chef des Feldberger Hofs, warnt bereits vor der Verteuerung des Schwarzwalds. Viele Familien mussten während der Pandemie Einbußen hinnehmen, merkt er an. Man sollte sie nicht durch ein Aufgeld belasten und abschrecken, sagt der Hotelier in einem Interview.