Hinter Klostermauern wird nicht nur gebetet und gearbeitet. Manches seltene Talent entfaltet sich unter der schützenden Hand einer Ordensregel. Eines dieser Talente ist Albert Schmidt, der zu den Benediktinern in Beuron (Kreis Sigmaringen) gehört. In seinem Heimatkloster an der Donau wurden ihm schon viele wichtige Aufgaben übertragen.
Sein Orden hat ihn wegen seiner Fähigkeiten in die Welt geschickt und in die höchsten Ämter gehoben. Zuletzt wirkte er als Abtpräses der Beuroner Kongregation – einem Dachverband europäischer Klöster. Doch sein größtes und für einen Mönch nicht gerade typisches Hobby sind Limericks. Einen ganzen Stapel dieser mal sinnigen, mal unsinnigen und immer komischen Dichtungen hat der Pater bereits aufs Papier gebracht.
Das Talent dafür und überhaupt den spielerischen Umgang mit Sprache erhielt er vom Vater. Dieser war in französische Kriegsgefangenschaft geraten; nur seine gute Sprachkenntnis hätten ihm das Leben gerettet, berichtet sein Sohn Albert im Gespräch. Diese väterliche Erfahrung hat den heute 76-Jährigen sehr beeindruckt.
Nach dem Abitur trat er dem Orden der Benediktiner bei. Damit war der vielsprachige Lebensweg schon vorgezeichnet. Die Leitlinien dieses Ordens sind in lateinischer Sprache verfasst. Als Student lernte er selbstverständlich Griechisch, um die Evangelien im originalen Text lesen zu können.
Auch Alt-Hebräisch ist ihm geläufig. Später studierte er in Rom, also kam Italienisch obendrauf. Bei Konferenzen seiner Gemeinschaft wird er immer wieder als Dolmetscher gebraucht.
Oh je, die Doktorarbeit
Das Schreiben von Limericks ergab sich wie von selbst. Pater Albert, ein gebürtiger Freiburger, ist ein eher zurückhaltender Typ. Er beobachtet genau, hört zu, ordnet ein, legt ab. Die besten Gedanken kommen ihm beim Zuhören. „Sie können mich nachts um zwei Uhr wecken und drei Stichworte sagen und ich mache einen Limerick draus“, sagt er. Er muss also nicht über jedem Halbsatz brüten und die Silben zählen. Es läuft einfach – und viel besser als bei seiner Doktorarbeit, für die er acht Jahre brauchte. Das waren seine acht römischen Jahre.
Später legte er nochmals ein römisches Jahrzehnt drauf. Doch nicht als Doktorand, der unter einer unlösbar erscheinenden Aufgabe zu tragen hatte. Dieses Mal schickte ihn sein Orden an die Hochschule Sant‘ Anselmo, die er als Rektor leitete.
Die Zeit in Italien hat der geborene Badener in bester Erinnerung, und doch kam er gerne ins stille Donautal zurück. Bei seiner Verabschiedung sagte er seinen römischen Brüdern: „Acht Jahre durfte ich aus dem goldenen Becherlein der Prominenz trinken. Jetzt freue ich mich auf die schwäbische Keramik.“
Und dann die Klosterwurst
Die Rückkehr nach Beuron war für ihn selbstverständlich. Auch wer es weit nach oben gebracht hat, sollte irgendwann den Weg zurückfinden, denkt Pater Albert. Er spricht leise, doch sitzt jeder Halbsatz bei ihm. Man sitzt einem weisen Menschen gegenüber (ein Prädikat, das er ablehnen würde).
Er ist nach hohen akademischen Ehren wieder Bruder unter Brüder. Er steht wieder jeden Morgen um fünf Uhr in der Reihe der Mönche, wenn der Konvent den neuen Tag begrüßt. Jeder neue Tag ist wie ein neues Wort.
Schnell dichtet der Benediktiner einen neuen Limerick – mal absurd, mal liebevoll reimend. Oder auch nachdenklich. Auf den Mauerfall dichtet er:
Wir spüren mit seligem Schauer
Die Weltgeschichte ist schlauer.
Sie bietet die Stirn
dem mächtigsten Hirn
keine menschliche Mauer hat Dauer!
Als ein Bruder im Kloster einen lässigen Slogan für die Klostermetzgerei brauchte, dichtete Pater Albert auf die Schnelle folgendes: „Willst du frische Kräfte tanken, iss‘ Klosterwurst nach Art der Franken.“ Das Versmaß holpert zwar, doch lockte der saftige Reim über Jahrzehnte die Kunden an.