Martin Schwab strahlt mit jeder Pore und jedem Satz aus, dass er sich auf der Siegerstraße wähnt und nicht gerne auf der schmalen Spur unterwegs ist. Der wortmächtige Bielefelder Jura-Professor ist im Frankfurter Prinz-Reuß-Prozess der Wahlverteidiger im Vierer-Verteidigerteam der Angeklagten Johanna Findeisen aus Frickingen (Bodenseekreis). Und am ersten Prozesstag am Dienstag ist er unter den 22 Rechtsanwälten der neun Angeklagten derjenige, der am meisten Getöse macht.

Nicht nur, weil er in der ersten von drei Reihen mit Angeklagten und Verteidigern sitzt und sich immer wieder genüsslich die Hände reibt oder seiner Mandantin lächelnd ins Ohr flüstert, wenn der Vorsitzende Richter Jürgen Bonk oder einer der Vertreter der Bundesanwaltschaft ein Argument vorbringen, das Schwab offenbar als leichte Beute wittert. Er spricht auch so laut und engagiert, dass ihm Bonk freundlich nahelegt, doch getrost auf die Funktionsfähigkeit der Mikrofonanlage zu vertrauen.
Seine Uni leitete Untersuchungen ein
Wer ist der Jura-Professor, der in Nordrhein-Westfalen als Landtags- und Bundestagskandidat für die Partei „Die Basis“ antrat? Freilich erfolglos – wie auch seine Mandantin am Bodensee. In einschlägigen Kreisen bekannt wurde Schwab mit der Corona-Pandemie, als er sich früh gegen die staatlich verordneten Maßnahmen positionierte und Eingriffe in die Grundrechte der Bürger kritisierte.
Schwab war Redner auf Querdenker-Veranstaltungen, rückte die praktische Umsetzung der Coronapolitik in die Nähe von Faschismus und bekam an der Universität Bielefeld Ärger, weil er den Hochschullehrer und den Privatmann zunächst nicht eindeutig trennte.
Er hat dort den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Verfahrens- und Unternehmensrecht inne. Ein externes Gutachten im Auftrag der Universität sollte klären, ob Schwabs Äußerungen mit dem Beamtenrecht in Einklang zu bringen sind. Zu diesem Stand machen aktuell weder Schwab selbst noch die Universität gegenüber dem SÜDKURIER Angaben.
Er verteidigte Bhakdi
Bekannt wurde Schwab zudem als einer der Verteidiger von Querdenker-Ikone Sucharit Bhakdi, als dieser wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung im Zusammenhang mit seinen Äußerungen zu den Corona-Maßnahmen vor Gericht stand.
„Den Corona-Maßnahmen stehe ich massiv kritisch gegenüber. Das Gedankengut von Reichsbürgern lehne ich kategorisch ab und habe auch immer wieder von diesem Gedankengut gewarnt, wenn ich auf Kundgebungen geredet habe. Der Begriff ‚Querdenker‘ ist mir nach wie vor zu schwammig, um ausmessen zu können, ob man mich darunter subsumieren kann oder nicht“, sagt Schwab dazu auf Anfrage.
Ein krude Mischung
Am Abend des ersten Prozesstages gab Schwab im Namen seiner Mandantin eine Erklärung ab, die sich gewaschen hatte, eine krude Mischung aus massiver Medienschelte, scharfer Prozesskritik und einem bizarren Schlenker zur QAnon-These vom angeblichen massenhaften Missbrauch von Kindern durch politische Eliten, einer These, für deren – nicht erfolgten – Nachweis die Prinz-Reuß-Gruppe laut Anklage Hunderttausende von Euro investiert haben soll.
Wiederholt ist in der Erklärung von „Konzernmedien“ die Rede, von angeblicher Vorverurteilung in der Berichterstattung über den Prozess, von vermeintlich undifferenzierter Berichterstattung auch über seine Mandantin, die ins Lager der Reichsbürger gestellt werde, mit diesen aber nichts am Hut habe. Die Prozessberichterstattung über die Reuß-Prozesse nennt Schwab eine „Phalanx organisierter Hetze“, den Prozess „nichts als Propaganda für eine Kaste, die immer mehr an Rückhalt in der Bevölkerung verliert“.
Findeisen wusste nichts davon
Auch Findeisen wurde von der Erklärung überrascht, wie sie dem Gericht sagte, „ich muss das erst mal sacken lassen.“ Schwab dagegen führt an, es sei für Absprache keine Zeit gewesen. „Ich habe das Eröffnungsstatement am Pfingstmontag verfasst. Zu dieser Zeit hatte ich keine Chance mehr, mit meiner inhaftierten Mandantin Kontakt aufzunehmen“, so der 56-jährige Jurist gegenüber dem SÜDKURIER.