Die Bilder der 22-jährigen deutschen Staatsbürgerin Shani Louk gehen um die Welt. Sie wurde mutmaßlich von Hamas nach dem Angriff auf ein Festival in Israel am Samstag verschleppt. In einem Video posen die Entführer über dem Körper der jungen Frau, sie liegt bäuchlings, ist verwundet. Ihre Mutter, die gebürtige Ravensburgerin Ricarda Louk, die vor 30 Jahren nach Israel auswanderte, hat ihre Tochter auf dem Video erkannt. An ihren Tattoos. Ob Shani Louknoch lebt, ist unklar.
Attacke eine von mehreren der Hamas
Die Attacke auf das Festival in der Wüste war am Samstag einer von mehreren Angriffen der Hamas auf den Süden Israels. Bis Montagmittag wurden mehr als 700 Menschen getötet und an die 200 als Geiseln verschleppt.
Im Schwarzwald bangen Shani Louks Tante Orly Louk und deren Lebensgefährte Wilfried Gehr um das Schicksal. Die Nichte lebt in Tel Aviv, im Schwarzwald war sie öfter zu Besuch.
Wilfried Gehr und Orly Louk appellieren an das deutsche Außenministerium. Er schreibt dem SÜDKURIER: „Ich forderte die deutschen Behörden auf, dass sie schnell und intensiv alles tun, dass meine Nichte aus den Händen der Terroristen geholt wird. Bitte rettet Shani!“

Vom Außenministerium hätte die Familie noch nichts gehört. Ihn enttäuscht das sehr. „Keine Rückantwort, nur der Hinweis, dass wir ein Kontaktformular verwenden sollen.“
Winfried Gehr zeigt einen Screenshot des brutalen Videos der palästinensischen Entführer: Darauf ist ein Mann zu sehen „als er auf den reglosen Körper unserer Nichte gespuckt hat.“
Ausgerechnet Shani, die sich immer für Frieden eingesetzt und auch den israelischen Armeedienst verweigert habe, sei nun in der Hand der Angreifer.
Fröhlich und oft auf Festivals: Shani Louk
Fröhlich sieht sie aus auf den Fotos auf ihrem Instagram-Account, gerne postete die Tätowiererin von ihren Festivalbesuchen.

Friedlich Feiern, Spaß haben, das wollten 3000 junge Menschen am Samstag beim Trancefestival „Tribe of Nova“ in der Wüste Negev nahe der Grenze zu Gaza. Laut der Familie hat Shani Louk das Festival gemeinsam mit ihrem Freund organisiert. Videos zeigen, wie sie ausgelassen tanzen.
In den Morgenstunden begann der Luftalarm, die Mutter von Shani rief nach eigenen Angaben ihre Tochter an. Im Spiegel wird sie zitiert: „ich sagte: ‚Wo bist du? Geh in einen Bunker!‘“ Die Tochter antwortete daraufhin, sie würde losfahren.
Überlebende kritisieren Armee
Doch es war zu spät, Angreifer, die laut israelischen Medien und Augenzeugen mit Fallschirmen kamen, stürmten das Festival und schossen in die feiernde Menge. Die jungen Leute liefen um ihr Leben, einigen gelang wohl die Flucht mit Autos. Andere versuchten, sich zu verstecken. Laut dem israelischen Rettungsdienst Zaka wurden auf dem Gelände 260 Leichen geborgen, mehrere Menschen als Geiseln genommen, darunter offenbar Shani Louk.
Einige der Überlebenden meldeten sich bereits zu Wort – und kritisierten, dass die Armee allein gelassen habe. Stundenlang sei das Massaker gegangen, berichtete Festivalbesucherin GilliYoskovich der BBC. Sie hatte sich nach in den nahe gelegenen Obstplantagen versteckt. „Ich war sicher, dass die Armee kommen würde und uns retten würde. Aber es war niemand da“, sagte sie. Nach drei Stunden erst sei ihr die Flucht mit Hilfeisraelischer Soldaten gelangt.
Shani Louks Mutter Ricarda Louk, die zwischen Tel Aviv und Jerusalem lebt, machte via X (vormals Twitter) auf die Entführung ihrer Tochter aufmerksam, bat in einem Video um Hinweise.
Dem Spiegel sagte Ricarda Louk, die Behörden in Israel seien „überfordert“. Sie hoffe auf Hilfe aus Deutschland, vom Auswärtigen Amt, der Deutschen Botschaft.
BKA ermittelt
Unterdessen ist Wilfried Gehr im Schwarzwald aktiv geworden. Er zeigte den Fall bei einer Polizeidienststelle in Baden-Württemberg an. „Da es sich um eine Entführung oder ein Tötungsdelikt handelt, ermittelt das BKA. Sie haben Verbindungsbeamte in Israel und prüfen jetzt die Faktenlage“, so Polizeipräsident Uwe Stürmer.
Auf dem Video, auf dem Ricarda Louk ihre Tochter erkannt hat, liegt diese offenbar leblos auf der Ladefläche eines Pick-up-Trucks. Die Familie hofft, dass sie noch lebt.