Konstanz/Freiburg – Kaiserwetter in den Bergen, aber die Ski-Pisten sind zu. Immer mehr Menschen gehen daher abseits der Pisten mit Tourenski oder Schneeschuhen in die Natur. Da Quarantäneregeln Wintersport in der Schweiz und in Österreich quasi unmöglich machen, werden am Wochenende viele Tourengeher aus Deutschland im Schwarzwald unterwegs sein. Einige Tipps, damit man sicher zurückkommt:
Schwarzwald nicht unterschätzen
Der Schwarzwald ist zwar nur ein Mittelgebirge. Alpine Gefahren gibt es hier aber trotzdem, zumal nach starken Schneefällen wie in den vergangenen zwei Tagen. In weiten Teilen der Alpen herrschte am Freitag Lawinenwarnstufe vier von fünf möglichen. Das bedeutet: Wintersport abseits gesicherter Pisten ist sehr gefährlich. Lawinen – auch große – können spontan, also ohne zusätzliche Belastung durch einen Skifahrer abgehen und auch sehr groß werden.
Der Schwarzwald bildet hier grundsätzlich keine Ausnahme, denn auch hier kann es nach viel Neuschnee zu Lawinen und Schneebrettern kommen. „Vor allem der Feldberg und das Herzogenhorn sind im Schwarzwald lawinengefährdete Gebiete“, sagt Bernhard Teufel, Vize-Chef der Konstanzer Sektion des Deutschen Alpenvereins (DAV). 2015 gab es hier beispielsweise zwei Tote in einer Lawine.

Auch der Seebuck beim Feldbergturm gilt übrigens als eine heikle Stelle. Tourengeher bräuchten viel Erfahrung, um die Gefahren beurteilen zu können und sollten insbesondere steile, offene Hänge meiden, sagt Teufel. „Wer Anfänger ist oder sich unsicher fühlt, sollte am Wochenende gar nicht in die Berge gehen.“ Für die Lagebeurteilung komme im Schwarzwald erschwerend hinzu, dass ein Lawinenlagebericht wie für den Alpenraum hier nicht existiert.
Die Hangneigung
Wer trotzdem raus geht, sollte einige Dinge beachten. Beispiel: Hangneigung. Eine Faustformel sagt, dass die Lawinengefahr auf Hängen unter 30 Grad Neigung stark zurückgeht. „Darüber sollte derzeit auf jeden Fall tabu sein“, sagt Teufel. Aber wie bestimmt man die Hangneigung?
Am besten ist es, bei der Routenwahl am Vorabend mittels Karte zu steile Bereiche von vorneherein auszuschließen. Auf der Tour helfen Handy-Apps mit integrierten Hangneigungsmessern, die etwa die White-Risk-App des Schweizer Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) anbietet. Alte Hasen messen die Hangneigung mit den Skistöcken oder erkennen die Steilheit einfach.
Der Schneedeckenaufbau
Für die Lawinengefahr ist der Schneedeckenaufbau entscheidend. Sichere Hänge in einem Winter können im nächsten brandgefahrlich sein – je nachdem wann es wieviel unter welchen Wetterbedingungen geschneit hat. „Im Moment ist der Schneedeckenaufbau kritisch“, sagt DAV-Mann Teufel.
Der Neuschnee der vergangenen Tage sei auf eine verharschte Altschneedecke gefallen. Die beiden Schneeschichten könnten sich nur schlecht verbinden. So entstünden sehr leicht Schneebretter. Solche schwach gebundenen Schichten können wie Tretminen im Verlauf eines Winters Wochen oder gar Monate überdauern und erschweren die Beurteilung der Lawinengefahr auch für Profis ungemein.
Wer sicher gehen will, muss ein sogenanntes Schneeprofil graben, also den Schnee von oben nach unten flächig durchstechen. Wer dann mit den Fingern in den Schnee fasst, erkennt, wo störanfällige weiche Schneeschichten sitzen. Ist dies der Fall: Besser woanders raufgehen.
Schneemenge und Wind
„Wind ist der Baumeister der Lawinen„, heißt es. Wenn Schnee mit viel Windeinfluss fällt – wie in den vergangenen Tagen der Fall – müssen die Alarmglocken schrillen. Der Grund: Die hakenartigen „Ärmchen“ der Schneekristalle werden im Flug durch Windeinfluss abgeschliffen und verzahnen sich am Boden angelangt nur noch schlecht mit ihren Nachbarn. So entstehen Schneeschichten die schlecht verbunden und wenig tragfähig sind. Bei Zusatzbelastungen durch Skifahrer reißen sie auf.
Oft bilden sich in Senken und Rinnen auch ganze Triebschneefelder von denen höchste Gefahr ausgehen kann. Auch die Schneemenge ist entscheidend. Viel Schnee bedeutet grundsätzlich immer hohe Lawinengefahr – so wie jetzt im Schwarzwald mit Neuschneemengen von Teils deutlich über 50 Zentimeter.

Es gibt aber auch eine Einschränkung. Fällt extrem viel Schnee – über ein Meter – kann dies die Lawinengefahr sogar positiv beeinflussen. Denn das schiere Gewicht des Schnees drückt störanfällige Schneeschichten in der Altschneedecke so stark zusammen, dass sie ihre Gefahr verlieren. Die Tretmine wird so quasi entschärft. Im Verlauf eines Winters kommt diese Situation aber nur relativ selten vor. Verlassen sollte man sich darauf nicht.
Schneebruch
Wird oft vergessen, ist aber wichtig. Gerade in bewaldeten Mittelgebirgen wie dem Schwarzwald kann bei starken Schneefällen vom Schneebruch große Gefahr ausgehen. Der Grund: Bei vielen Touren bewegen sich die Wintersportler unter Bäumen. Unter dem Gewicht des Schnees können diese spontan zusammenbrechen oder Äste verlieren. Für Verletzungen reicht es auch schon, eine oft kiloschwere Ladung Schnee auf den Kopf zu bekommen.
Ausrüstung
Mit dabei sein sollte auf jeden Fall ein Lawinenpiepser, eine Schaufel, eine Sonde, ein leichter Biwaksack und ein warmes Getränk. Manche Experten empfehlen auch Lawinenrucksäcke, deren Luftkissen sich bei einem Lawinenabgang aufblasen und den Skifahrer an der Oberfläche halten sollen. Ihr Nachteil: Sie vermitteln eine trügerische Sicherheit. Außerdem sind sie schwer.
Zumindest im alpinen Bereich sollte auch immer eine Karte, Kompass und Höhenmesser mitgenommen werden. Die Bedeutung des Handys wird hingehen oft überschätzt. Zwar sollte es mit, verlassen darf man sich darauf aber nicht. Sehr oft hat man in den Alpen nämlich gar keinen Empfang.