85 Einwohner hat der Bonndorfer Ortsteil Ebnet im Schwarzwald, Landkreis Waldshut. Eine Hand voll Ferienwohnungen, ein Gestüt, Bauernhäuser und ein paar Straßen mit Schlaglöchern. So wenige Menschen, so viel Weite – dennoch kannte die Frau, die am Freitag auf der Straße vor ihrem Wohnhaus niedergestochen wurde und noch am Tatort starb, offenbar kaum einer näher.

Der Täter, mutmaßlich: Der von ihr getrennt lebende 49-jährige Ehemann, gegen den sie im Mai ein polizeiliches Annäherungsverbot erwirkt hatte.

Dorf wie unter Schock: Anwohner mussten Tat mitansehen

Drei Tage nach der Bluttat legen die ermittelnden Behörden ein Obduktionsergebnis vor, das schlimme Details offenbart. Der kleine Ort unterdessen scheint unter Schock zu stehen. Die Anwohner, die die Messerattacke teilweise mit ansehen mussten und von den Ermittlern der Kriminalpolizei befragt wurden, halten sich bedeckt.

„Wir haben abgemacht, dass wir aus Rücksicht auf die Hinterbliebenen keine Details sagen“, teilt ein unmittelbarer Nachbar mit. Er war einer derjenigen, die den mutmaßlichen Täter unmittelbar nach der Tat niederrangen.

Hier ereignete sich die Messerattacke.
Hier ereignete sich die Messerattacke. | Bild: Heidemarie Rombach

Der Beschuldigte ließ sich im Anschluss festnehmen, Helfer versuchten die 35-Jährige unterdessen zu reanimieren – ohne Erfolg. Laut dem vorläufigen Obduktionsergebnis, welches Polizeisprecher Gerald Hilpert am späten Montagnachmittag mitteilte, war die mutmaßliche Todesursache offenbar ein tiefer Stich unter die linke Achselhöhle. „Außerdem wurden Verletzungen am linken Arm festgestellt“, so Hilpert. Das deutet darauf hin, dass die 35-Jährige versucht hat, sich zu wehren.

Das könnte Sie auch interessieren

Anwohner: Opfer erst im November zugezogen

Der SÜDKURIER hat mit Bewohnern des Orts gesprochen. Eine Frau sagt, dass das Opfer erst im November in das Bauernhaus gezogen sei. „Daher kannte sie hier kaum jemand.“ Das bestätigt Felix Schüle, Leiter des Bonndorfer Bürgernetzwerks Boni: „Das ist sehr dubios alles. Ich kann verstehen, dass keiner etwas sagen will, was auch? Es ist einfach schrecklich. Und ja, bekannt im Ort war sie wohl nicht.“

Bürgermeister schweigt

Auf Anfrage von SÜDKURIER sagt der Bürgermeister von Bonndorf, Marlon Jost: Nichts. Aus Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen, lässt er über seine Vorzimmerdame ausrichten.

Das könnte Sie auch interessieren

Tilmann Frank von der SPD im Gemeinderat war früher Lehrer: „Meine Schülerin war sie nicht, das wüsste ich.“ Er sei schockiert und wolle in irgendeiner Form an die tote Mutter erinnern, zum Beispiel mit einer Gedenkminute. Öfters gesehen jedoch hatte die 35-Jährige der Bonndorfer CDU-Fraktionssprecher Ingo Bauer. Er ist Busfahrer und Busunternehmer und sagt, er habe die junge Frau mit ihren Kindern häufig auf Fahrten dabei gehabt.

Drei Töchter, darunter eine Grundschülerin

Freundlich soll die dunkelhaarige Frau mit den auffallend blauen Augen gewesen sein. „Sie hatte drei Töchter, eine geht noch zur Grundschule“, sagt eine Anwohnerin. Zwei der Töchter sollen vom mutmaßlichen Täter stammen. Die 35-Jährige sei zwar erst nach Bonndorf-Ebnet gezogen, jedoch lebe sie wohl schon länger in der Region, zuletzt bei Wutach. Ob der mutmaßliche Täter mit ihr in dem Haus gelebt hatte, ist unklar.

Bilder in Gedenken an das Opfer.
Bilder in Gedenken an das Opfer. | Bild: Heidemarie Rombach

Wer sich derzeit um die Kinder kümmert, konnte der SÜDKURIER auf Nachfrage nicht erfahren.

Fakt ist, die Frau war sich der Gefahr bewusst. Denn sie hatte im Mai ein Annäherungsverbot gegen den nun in U-Haft sitzenden Mann erwirken lassen. Ein Annäherungsverbot nach dem Gewaltschutzgesetz kann man nur erwirken, wenn eine konkrete Gefahr vorliegt.

In der Regel entscheiden die Familiengerichte dies dann im Eilverfahren. Das sieht dann konkret etwa so aus, dass der Person, gegen die sich das Verbot richtet, keinen Kontakt aufnehmen darf oder sich nur bis auf einen bestimmten Umkreis dem Opfer nähern darf. Wer dagegen verstößt, kann eine Geldstrafe erhalten oder Haft bis zu zwei Jahren.

Annäherungsverbot wird nicht leichtfertig erhoben

„Ein Annäherungsverbot wird nicht leichtfertig erhoben“, sagt Ann-Dorothée Zühlke vom Frauen- und Kinderschutzhaus Kreis Waldshut. „Wenn eine Frau das benötigt, helfen wir“, sagt sie. Von dem mutmaßlichen Femizid hat sie aus der Zeitung erfahren, sagt sie. „So nah war es noch nie, das ist einfach erschreckend. Man frag sich immer, was man hätte tun können. Das bewegt uns sehr, weil es im eigenen Landkreis ist.“

Das könnte Sie auch interessieren

Die Frage, was hätte getan werden können, um die Tragödie zu verhindern – vielleicht werden die Ermittlungen Antworten bringen. Diese dauern weiterhin an.