Auch am zweiten Verhandlungstag liegt wieder eine Bibel vor ihm. Der 58-jährige Maulburger setzt weiter auf göttlichen Beistand. Er muss sich vor dem Landgericht Waldshut-Tiengen dafür verantworten muss, während des Weihnachtsurlaubs in Rickenbach einen Mann nach einem Streit in den Kopf geschossen und später mit einer Machete zerteilt zu haben. Der Angeklagte ist weiter davon überzeugt, an jenem 23. Dezember in Notwehr gehandelt zu haben. Auch wenn sein Opfer unbewaffnet gewesen ist.
Juden-Boykott als Satire
Auch am zweiten Verhandlungstag wird es zwischendurch laut zwischen Richter Martin Hauser und dem Angeklagten. Der Familienvater will nicht für einen Rechtsradikalen gehalten werden. Doch während einer Verkaufsschulung bei seinem Arbeitgeber sagte er: „Ein richtiger Deutscher kauft nicht bei Juden“ und wurde dafür abgemahnt. Heute behauptet er, das sei nur „Satire, Comedy“ gewesen.
Zudem entgegnet er: „Welcher Rechtsradikale hängt sich eine Israelflagge ans Haus?“. Er trage Israel im Herzen, Jesus war auch Jude.
Durchsuchung im „Deutschen Schutzgebiet“
Über diese Flagge wunderte sich auch der Leitende Ermittler der Sonderkommission „Rhenus“, der am Donnerstag aussagte. Denn die Polizei fand, nachdem sich der Jäger bei der Kripo Lörrach gestellt hatte, in seinem Haus nicht nur die 38 auf ihn angemeldeten Schusswaffen, sondern „Unmengen an anderen Material“ wie Granaten-Attrappen, Schwarzpulver, NS-Literatur und Erlebnisberichte der SS-Sondereinheit Dirlewanger, eine Einheit aus Wilderern, die für ihre Kriegsverbrechen bekannt sind.
Ebenso ein Werk über die Niederschlagung des Herero-Aufstands in der Kolonialzeit in Deutsch-Südwest-Afrika. Das habe er von anderen Jägern geerbt, erklärt der Mann, der für zwei Jahre in Namibia lebte und Missionar werden wollte, dazu.
Am Carport entdeckte man ein Eisernes Kreuz und den Schriftzug „Deutsches Schutzgebiet“ und auf der Hundehütte für die zwei Terrier stand „Wolfsschanze“, wie einst das Führerhauptquartier. Auf dem Handy des 58-Jährigen fand die Polizei ein Konto im AfD-Shop und die Rede eines Theologen, der die Partei als einzig wählbare für gläubige Christen darstellte. Außerdem: Reden von Hitler und extreme Gewaltdarstellungen von Tötungen.
Mit Machete unterm Kirschbaum
Im Mittelpunkt des Prozesstages stehen der Ermittler und ein über 60-minütiges Video. Mehr als zwei Stunden beschreibt der Polizist, wie aus dem Vermisstenfall eine Ermittlung wegen eines Tötungsdelikts wurde. Denn ein Taucher fand zufällig bei einem Tauchgang Anfang April ein Teil des Vermissten.
Schnell war klar: Es handelt sich um ein Tötungsdelikt, darauf wies ein Schusskanal im Schädel hin. Als der Mann sich stellte und zunächst nur sagte, er habe den Mann mit einem Kopfschuss getötet, war allen klar: Das ist Täterwissen. Umfassend eingelassen zur Tat hat sich der Mann aber erst vor Gericht.
Das Video zeigt den Zeugen und den Angeklagten, wie dieser die Polizei zu allen relevanten Orten führt. Zur Unterkunft des Opfers, wo er eine Scheibe einschlug, um die Leiche herauszuholen. Den ersten Ablageort im nahen Waldstück, wo er den Toten versteckte.
Er führte die Beamten zu seinem Gewächshaus, erklärte, wo und wie er die Leiche zerteilte, oder wo er die Waffe und die „vier Pakete“ in den Rhein warf. Dazwischen beklagte er, dass nur wenige Kirschen am Baum hingen in diesem Jahr, freute sich aber, dass sein Rasen gemulcht wurde. Danach stellt Richter Hauser klar. „Dieses Video war durchaus verstörend.“ Auch der Angeklagte räumt ein: Es sei damals alles wie im Film abgelaufen.
Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt. An diesem Tag sollen die Ehefrau und ein Sohn des Angeklagten aussagen, sofern sie diese nicht verweigern. Ein Urteil soll Mitte November fallen. Der 58-Jährige ist wegen Totschlags angeklagt.