Der Sommer lockt mit seinen späten Sonnenuntergängen zu gemütlichen Abenden im Freien und zum Baden im Bodensee. Doch neben Freunden und Familie ist häufig auch ein ungebetener Gast mit dabei: die Stechmücke.
In einigen Regionen entlang des Bodensees sind wegen des hohen Wasserstandes besonders viele der kleinen Blutsauger unterwegs. Es stellt sich die Frage, wie lange die Mücken in diesem Jahr noch bleiben? Und: Werden es noch mehr oder geht ihre Zahl schon wieder zurück?
Die Bodensee-Schnake bekommt nur einmal Nachwuchs
Wie viele Mücken in diesem Jahr noch neu hinzukommen, hänge von der jeweiligen Mückenart ab, wie Eberhard Klein, Leiter des Nabu-Bodenseezentrums, erklärt. Bei der Bodensee-Schnake etwa sei das Gröbste bereits überstanden:
„Die Bodensee-Schnakenpopulation wird sich nicht weiter aufbauen“, so Klein. Pro Jahr entwickle diese Mückenart nur eine Generation. Zwar können immer noch Mücken nachkommen, weil die Eier teilweise zeitversetzt schlüpfen, aber die diesjährige Generation sei größtenteils schon durch.
Der Naturschützer hat noch eine gute Nachricht für die Menschen am Bodensee: Die Bodensee-Schnake zeichne sich dadurch aus, dass die Weibchen ihre Eier oberhalb der Bodenseewassergrenze ablegen und diese erst schlüpfen, wenn der Pegel steigt und sie umspült werden. Durch den außergewöhnlich lang anhaltenden hohen Wasserstand in diesem Jahr legen die Schnaken ihre Eier derzeit ziemlich hoch ab. So liegt der Pegel derzeit laut Bodensee.net bei 4,9 Metern. Zum Vergleich: Im Vorjahr betrug der Wasserstand um jetzige Zeit bei 3,4 Metern.
Sollte es im nächsten Jahr nicht zu einem weiteren Hochwasser in dieser Größenordnung kommen, dürften viele der Eier nächstes Jahr nicht ausreichend umspült werden und somit vergleichsweise wenige Bodenseeschnaken schlüpfen. Die Eier können zwar theoretisch mehrere Jahre überleben, so Klein, aber bei der zu erwartenden langen Zeit bis zur nächsten Überflutung werden einige vor dem Schlüpfen sterben.
Größeres Problem: Wiesen- und Hausmücken
Anders sieht es bei einigen Wiesen- und Hausmückenarten in der Region aus. Diese können mehrere Generationen pro Jahr entwickeln und haben aktuell gute Voraussetzungen dafür. Beide Mückenarten legen anders als die Bodensee-Schnake ihre Eier direkt ins Wasser ab und brauchen dafür nur kleine Wassermengen wie Pfützen oder feuchte Büsche.
Wie schnell sich die Mückenlarven zu fertigen Mücken entwickeln, hänge unter anderem von der Wassertemperatur ab. Ist das Wasser kalt, dauere die Entwicklung etwa einen Monat – bei wärmeren Temperaturen gehe es deutlich schneller. Da es derzeit genug regne und die Temperaturen hoch genug sind, „tut sich da nach wie vor was“, sagt Koch. „Die Bürger haben damit noch mit zu tun“, so seine Einschätzung.
Klimawandel kann Mückensaison verlängern
Und wie lange müssen die Menschen am Bodensee noch mit den Mücken klarkommen? Laut Mückenexperte Rainer Bretthauer müssen wir noch bis Mitte September mit den Tieren rechnen. Traditionell könne es in der Region auch bis in den Oktober hinein Mücken geben, sagt Eberhard Koch. Wie lange uns die Blutsauger erhalten bleiben, hänge mit der Temperatur und dem Niederschlag zusammen.
Wenn es lange Zeit deutlich kühler ist, könnten die Individualzahlen zurückgehen, erklärt Bretthauer. Insbesondere frostige Nächte würden die Anzahl reduzieren, ergänzt Koch: „Frost ist tödlich für Larven und die erwachsenen Insekten.“
Doch wenn die Winter im Zuge des Klimawandels immer frostfreier und milder werden, bleiben uns auch die Mücken länger erhalten. Naturschützer Eberhard Koch hat deshalb einen wichtigen Tipp: „Verhaltet euch klimafreundlich.“ Das sei nicht nur gegen die Zunahme heimischer, sondern auch invasiver Mückenarten wie der Asiatischen Tigermücke wichtig.
Die Tigermücke breitet sich aus
Die Tigermücke breitet sich in Baden-Württemberg weiter aus. So gab es laut Claudia Krüger vom Landesgesundheitsministerium im Jahr 2022 noch 22 neue Standorte mit Tigermückennachweisen, 2023 waren es bereits 54 neue Fundorte. Am Bodensee ist die Lage vergleichsweise ruhig: So habe es seit den ersten beiden Fund-Meldungen im vergangenen Jahr in Tettnang und Kressbronn bislang keine weiteren Funde gegeben, so Lars Gäbler vom Landratsamt Bodenseekreis.
Eine Population von Tigermücken im Bodenseekreis ist dem Landratsamt bislang nicht bekannt. Im Landkreis Konstanz gab es bereits 2022 den ersten Nachweis einer brütenden Population. Lars Gäbler rechnet allerdings in absehbarer Zeit mit einer zunehmenden Ausbreitung der Tigermücke am See: „Die Bodenseeregion bietet generell gute klimatische Bedingungen für die Tigermücke, die der Klimawandel noch einmal verstärkt.“

Das Gefährliche: Die Tigermücke kann bei hohen Tagesdurchschnittstemperaturen Krankheiten wie das Denguefieber übertragen. Dazu muss sie zunächst eine infizierte und infektiöse Person stechen und dann die Viren durch einen Stich auf jemand anderen übertragen. Dem Landesgesundheitsamt in Baden-Württemberg sei bis jetzt (Stand 10. Juli) kein solcher Fall übermittelt worden. Auch Gäbler sagt: „Uns sind aktuell keine Fälle bekannt, bei denen es hier zu einer Übertragung von Viren durch die Asiatische Tigermücke gekommen ist.“
Was kann man gegen die weitere Ausbreitung der invasiven Art tun? Um mögliche Brutstätten der Mücke zu beseitigen, sollten alle Wasseransammlungen wie Gießkannen oder Blumentopfuntersetzer mindestens einmal pro Woche vollständig entleert oder für die Mücke unzugänglich gemacht werden, sagt Gäbler. Regentonnen könnten zum Beispiel mit einem Fliegengitter abgedeckt werden. „Besonders auf Friedhöfen und in Kleingartensiedlungen finden Tigermücken erfahrungsgemäß zahlreiche geeignete Brutstätten“, ergänzt Gäbler.
Ansonsten gibt es die Möglichkeit, Tigermücken-Funde zu melden. Damit helfe man den Behörden, die Verbreitung der Tigermücke zu überwachen, erläutert Gäbler. Eingefrorene Mücken können entweder an den Mückenatlas oder an die Informationsplattform ‚Tiger‘ geschickt werden.