Wer am heutigen Dienstag am Konstanzer Bodenseeufer spazieren gegangen ist, hat sich wahrscheinlich gedacht: „Irgendwas stimmt hier nicht.“ Ja, es regnet. Ja, es ist wenig los. Und ja, die Menschen halten Abstand. Aber nein, das ist es nicht. Erst beim zweiten Hinschauen, erst nach dem Augenreiben, begreift man, dass die Imperia, das Wahrzeichen der Stadt am Bodensee, den ernst der Corona-Lage erkannt zu haben scheint. Sie trägt einen überdimensionalen Mundschutz.

Die Stadt Konstanz ist für die etwas andere Umgestaltung nicht verantwortlich. Das gab eine Sprecherin auf Nachfrage des SÜDKURIER bekannt. Offensichtlich haben sich Unbekannte einen Scherz erlaubt.

Bild 1: Unbekannte verhüllen die Imperia mit Mundschutz: Peter Lenk empfindet es als „billigen Gag – und gefährlich obendrein“
Bild: Achim Mende

Das glaubt auch Bildhauer Peter Lenk. Er hat das Wahrzeichen an den Toren zur Stadt 1993 ins Leben gerufen und ist – freundlich formuliert – nicht begeistert: „Ich mag es nicht, wenn meine Kunst manipuliert und missbraucht wird. Ich bin wütend.“

„Und natürlich bringen sich diese Menschen auch selbst in Gefahr.“

Die Aktion der noch unbekannten Personen sei nicht nur „völlig daneben“ und „mehr als platt“, sondern auch gefährlich. Denn wer an der Statue aus Beton hinaufklettert, verursacht Haarrisse, die der Imperia schaden. Gerade die Arme der Frau seien besonders anfällig. „Und natürlich bringen sich diese Menschen auch selbst in Gefahr“, schimpft Lenk, der in Zeiten der Corona-Krise eigentlich mit der Arbeit an einer satirischen Skulptur zu Stuttgart 21 beschäftigt ist.

Was sich die unbekannten Täter dabei gedacht haben, interessiert den Bildhauer nicht. Er erkennt hinter der Aktion auch keinen tieferen gesellschaftlichen Sinn, der die Menschen auf den Corona-Schutz aufmerksam machen soll. „Es ist ein billiger Gag – und gefährlich obendrein. Das hat nichts mit Humor und Ironie zu tun.“

Erinnerungen an rechte Hetze

Schon im Oktober 2017 machte sich die „Identitäre Bewegung„, eine bundesweit vernetzte rechtsextreme Gruppierung, an der Imperia zu schaffen. Sie hüllten die Betonstatue in schwarze Folie und verbreiteten damit fremdenfeindliche Propaganda. Auf den Kosten für die Entfernung blieb Peter Lenk damals schon sitzen. Und er befürchtet, dass es wieder so kommen wird.

Für die Konstanzer Polizei gibt es derzeit jedenfalls keinen Anlass zu Ermittlungen, weil die Imperia weder beschädigt, noch dauerhaft erheblich verändert wurde. Bekannt hat sich zu der Verhüllung der Imperia bislang niemand.

Die Rechtslage

Im Paragraph 303 und 304 Strafgesetzbuch sind Kriterien für die sogenannte Gemeinschädliche Sachbeschädigung aufgeführt. Demnach machen sich Täter erst strafbar, wenn etwa Denkmäler nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend beschädigt oder zerstört werden. Das Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis zu drei Jahren Gefängnis. Was nicht unerheblich und nicht vorübergehend bedeutet – da scheiden sich juristisch die Geister. Viele höchstrichterliche Entscheidungen zu der Konkretisierung dieser Begrifflichkeiten gibt es bisher nicht.