Es ist eine Collage mit Bildern von einem Tag zu zweit am Bodensee: Zwei Weingläser und eine Kerze stehen am Tisch, daneben eine Pizza mit Rucola, ein Hamburger mit Pommes und zwei Mojito-Cocktails. Oberhalb ein Foto eines Sonnenuntergangs in Allensbach sowie zwei Aufnahmen eines strahlenden Pärchens.
Diese schönen Erinnerungen teilte Robert S. im Herbst 2021 in einem sozialen Netzwerk. Dort gab er fast genau zwei Monate zuvor öffentlich bekannt, in einer Beziehung mit Jasmin M. zu sein. Wann und warum die Beziehung später auseinanderging, ist unklar. Auf ihrem Profil gibt die 21-Jährige jedenfalls seit geraumer Zeit an, Single zu sein.
Tatverdächtiger teilte Suchaufruf
Seit Sonntag, 19. Februar, ist Jasmin M. aus Eigeltingen-Heudorf nun schon verschwunden. Die Polizei geht inzwischen davon aus, dass die gebürtige Hilzingerin einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist.
Am Freitagabend, 24. Februar, postete Robert S. den vielfach geteilten Suchaufruf der Mutter von Jasmin M. auf seinem Profil in einem sozialen Netzwerk: „Seit Sonntag wird meine 21-jährige Tochter vermisst (...) Bitte meldet euch bei mir, wenn ihr etwas wisst“, schrieb die Mutter.

Einen Tag später klickten für den 42-Jährigen die Handschellen. Wie der SÜDKURIER erfahren hat, gilt Robert S. aufgrund von konkreten Hinweisen als dringend tatverdächtig, seine Ex-Freundin getötet zu haben. Weitere Verdächtige gibt es in dem Fall bisher nicht.
Auf Antrag der Konstanzer Staatsanwaltschaft verhängte ein Richter Untersuchungshaft gegen Robert S. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.
Dritter Femizid in der Region in kurzer Zeit?
„Wir gehen davon aus, dass es eine Vorgeschichte zwischen dem Tatverdächtigen und dem mutmaßlichen Opfer gab“, sagt Marcel Ferraro vom Polizeipräsidium Konstanz dem SÜDKURIER. Mehr dürfe er vorerst nicht bekannt geben.
Sollte sich die Tötung von Jasmin M. durch ihren Ex-Freund bestätigen, wäre dies nach Sabrina P. aus Stockach und Sebastiana F. aus Markdorf der dritte Femizid – also Mord an Frauen durch den eigenen Partner oder Ex – in der Region innerhalb von nur wenigen Wochen. Doch wer ist Jasmin M. und wie konnte es zu ihrem Verschwinden kommen?
„Total liebes Mädchen“
Laut Recherchen des SÜDKURIER kam Jasmin M. 2001 zur Welt und wohnte fast ihr ganzes Leben in Hilzingen. Sie besuchte nach der Grundschule das Friedrich-Wöhler-Gymnasium in Singen, wo sie als Solosängerin bei einem Konzert glänzte.
Als Schülerin jobbt sie gelegentlich in einem Café in ihrer Heimatgemeinde Hilzingen. Der Betreiber beschreibt sie als selbstbewusste, junge Frau und fleißige Mitarbeiterin. Ein anderer Bekannter als „total liebes Mädchen“.
Früh erwachte bei der zierlichen, 1,52 Meter kleinen Jasmin M. eine große Leidenschaft für Motorräder. Laut einem Bekannten fuhr sie zunächst eine kleinere Maschine mit 125 Kubikzentimetern Hubraum, zuletzt war es eine Honda VT 600 C Shadow mit fast 600 Kubik, wie Jasmin M. selbst in einem sozialen Netzwerk mitteilte. Dort war sie auch Mitglied einer Motorrad-Gruppe.
Ex war Arbeitskollege
„Jasmin war immer fröhlich. Ich war sehr betroffen, als ich sie auf den Fahndungsfotos erkannte. Es ist schlimm“, sagt ein Bekannter der 21-Jährigen, mit dem sie früher Motorrad-Ausfahrten unternahm.
Gerne besuchte sie auch Karaoke-Bars etwa in der benachbarten Schweiz und in Radolfzell. Ein Lokalbetreiber sagt dem SÜDKURIER: „Ich habe mit Jasmins Mutter und ihren Freunden telefoniert, aber niemand weiß, wo sie ist.“
Vor nicht allzu langer Zeit zog Jasmin M. von Hilzingen nach Eigeltingen-Heudorf. Von dort waren es nur etwa zehn Kilometer zu ihrer Arbeitsstelle in Stockach. Im selben Betrieb arbeitete auch ihr Ex-Freund Robert S.
Hobby: Sportschießen
Er stammt laut SÜDKURIER-Recherchen ursprünglich aus dem Landkreis Waldshut und absolvierte die Gewerbeschule im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald. 2021 bestand der damals 40-Jährige erfolgreich seine Meisterprüfung vor der Handwerkskammer Freiburg. Als seine Hobbys gibt Robert S. in einem sozialen Netzwerk Essen und Sportschießen an.

Tatsächlich veröffentlichte er in einem sozialen Netzwerk Bilder von sich, die ihm bei einem Schusstraining mit einer historischen Waffe – laut eigenen Angaben in Osteuropa – zeigen. Ob Robert S. auch privat Schusswaffen besaß, ist unklar. Die Polizei will sich dazu und zu einem möglichen Motiv des 42-Jährigen nicht äußern.
Auch die mittlerweile fünfte Suchaktion am Donnerstag in Radolfzell rund um das Bora-Spa, wo die Polizei vor einigen Tagen Jasmins M.s Auto gefunden hatte, brachte erneut keinen durchschlagenden Ermittlungserfolg, wie Polizeisprecher Marcel Ferraro bestätigte.