Streitet die SPD nun über Saskia Esken oder nicht? „Das ist völlig übertrieben“, sagt die Bundestagsabgeordnete Derya Türk-Nachbaur aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis. Esken war von ihrem baden-württembergischen Landesverband nicht erneut für den Parteivorstand nominiert worden, zuvor hatte der Landes-Generalsekretär Sascha Binder im SÜDKURIER deutliche Kritik an seiner Parteichefin geäußert.
Der Stuttgarterin Esken wird nachgesagt, Ministerin in der neuen Bundesregierung werden zu wollen, obwohl sie in der Partei und im Land als unbeliebt gilt. „Kabinettsposten müssen an diejenigen gegeben werden, die ein großes Vertrauen innerhalb der Partei haben, aber vor allem auch bei den Menschen draußen“, hatte Binder gesagt. „Wir haben sieben Kabinettsposten. Ich gebe Saskia Esken Recht, dass vier davon an Frauen gehen sollen. Aber dann geht es danach, wer sind die vier Besten? Und darunter sehe ich Saskia Esken nicht.“
„Nicht über ihren Kopf hinweg entschieden“
Noch während die Videoschalte des Landesvorstands am Montag, 28. April, lief, meldete bereits der ‚Spiegel‘ Eskens Nicht-Nominierung. „Ich weiß nicht, wer das durchgestochen hat“, sagt Türk-Nachbaur. „Es war völlig übertrieben, was da geschrieben wurde. Wir haben das nicht über ihren Kopf hinweg entschieden.“
Einen Tag später hat auch das Nachrichtenportal die Meldung umformuliert: Esken habe selbst nicht erneut kandidiert, heißt es nun. Das bestätigen auch Türk-Nachbaur und ihre Konstanzer Parteifreundin Lina Seitzl, die beide an der Schalte teilgenommen haben. Esken wollte erst das Mitgliedervotum über den Koalitionsvertrag abwarten, so Seitzl. Dessen Ergebnis wird für den 30. April erwartet.
Inhaltlicher und personeller Neuanfang nötig
Die beiden Bundestagsabgeordneten, die auch Beisitzerinnen im hiesigen Landesvorstand sind, zeigen sich irritiert von von dem Streit, um die Nominierungen für den Bundesvorstand habe es keine Diskussion gegeben.
Sie machen aber auch keinen Hehl daraus, was sie nun für nötig halten: „Natürlich gibt es Kritiker von Saskia Esken. Das hat mit dem historisch schlechten Ergebnis bei der Bundestagswahl zu tun, das Aufarbeitung verlangt“, so Türk-Nachbaur. Sowohl Esken als auch Klingbeil hätten einen personellen und inhaltlichen Neuanfang zugesagt, „darauf vertraue ich“, sagt sie. Beim Parteitag im Juni werde Klartext gesprochen.
Ähnlich äußert sich Seitzl: „Saskia Esken hat es in den vergangenen sechs Jahren geschafft, die Partei zu einen. Sie hat einen großen Beitrag dazu geleistet, dass wir 2021 stärkste Kraft wurden.“ Auch sie hält aber einen Neuanfang in der Partei und bei den Regierungsmitgliedern für nötig. Die Waldshuter Abgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter reagierte auf einen SÜDKURIER-Anfrage am Dienstag nicht.
Am kommenden Montag soll bei der SPD Klarheit herrschen, wer künftig im Kabinett sitzt. „Ich bin fest überzeugt, dass wir dann interessantes, gutes Personal vorstellen“, so Derya Türk-Nachbaur.