Herr Bareiß, der Winter ist vorbei, die Menschen wollen endlich wieder einmal in den Urlaub fahren. Was wird an Ostern möglich sein?
Nach einem Jahr Pandemie ist das Bedürfnis bei allen groß, wieder zu reisen. Ich kann das gut verstehen, die Leute wollen wieder raus und etwas anderes sehen. Auch der Wunsch nach Begegnung bei einer Sportveranstaltung, einem Konzert oder einer Feier ist riesengroß. Wir wollen sicherlich jetzt nicht leichtsinnig werden, Sicherheit geht vor aber ich hoffe, dass das Infektionsrisiko weiter zurückgeht und an Ostern wieder manches möglich sein wird. Eine regionale Bewertung kann uns beim Öffnen helfen. Dort wo eine geringe Gefahr besteht, können Maßnahmen zurückgenommen werden.

Und was genau? Essen, Trinken, übernachten?
Ich kann mir gut vorstellen, dass man beispielsweise in einem ersten Schritt die Außengastronomie öffnet und in Regionen mit geringer Inzidenz auch den Innenbereich einer Wirtschaft. Genauso die Hotels. Manches was eine hohe Ansteckungsgefahr bedeutet ist natürlich weiterhin schwierig. Die gut besuchte Saunalandschaft kann ich mir kurzfristig noch nicht vorstellen. Wir haben gelernt, mit dem Virus umzugehen. Im Alltag hab ich die Erfahrung gemacht, dass die allermeisten Menschen sehr verantwortungsvoll sind.
Die Kanzlerin ist sehr vorsichtig, manche sagen auch: Sie ist zu vorsichtig.
Bei allem Frust, der sich bei jedem von uns langsam aufstaut, muss jedem klar sein: Die Verantwortung der Bundeskanzlerin und allen politischen Entscheidungsträgern ist enorm hoch. Bei allen Entscheidungen hat die bestmögliche Gesundheitsvorsorge oberste Priorität. Von Woche zu Woche haben wir mehr Geimpfte, die Immunität wächst und das gibt Sicherheit. Auch deshalb können wir in Richtung Ostern einiges lockern.
Wie viele Klagebriefe erhalten Sie derzeit aus den Feriengebieten in Süddeutschland?
Mich erreichen aktuell unzählige Nachrichten von Betroffenen. Was man da erfährt, beschäftigt einen. Hinter jeder Nachricht steht immer ein Einzelschicksal. Angefangen von den Gaststätten, dem Reisebüro und Einzelhändler bis hin zum Musiker und Künstler oder besorgten Eltern. Alle sind auf ganz unterschiedliche Weise betroffen. Der Druck ist enorm groß und auch die Bundesregierung will zügig zurück zur Normalität.

Österreich und andere Länder dringen auf das Ausstellen von Impfpässen für Menschen, die geimpft sind. Was halten Sie davon?
Gerade die klassischen Urlaubsländer, wie zum Beispiel Spanien oder Griechenland fordern das. Sie leben vom Tourismus und hoffen wieder auf Gäste. Über diese Forderung habe ich gerade mit meinen EU-Kollegen gesprochen. Ich bin bei Freiheiten für Geimpfte derzeit noch kritisch. Solange der Staat aufgrund der Knappheit von Impfstoff vorgibt, wer geimpft werden darf, können wir die Immunisierten nicht bevorzugen, während die anderen zuhause bleiben sollen. Das führt zu einer Ungerechtigkeit für nicht Geimpfte, die wir nur schwer erklären können. Jetzt sollten wir sehr schnell so viele Menschen wie möglich impfen und sind Freiheiten für alle möglich.
Aber Senioren könnten mindestens unterwegs sein.
Wie gesagt, ein Impfnachweis wirft ganz praktische Fragen auf. Meine Eltern werden sicherlich nicht in der gleichen Woche geimpft, sondern voraussichtlich ist meine Mutter ein paar Wochen später dran. In diesem Fall dürfte mein Vater reisen, weil er bereits geimpft wäre, meine Mutter aber nicht, weil sie als Jüngere noch nicht immunisiert wäre. Was machen Sie dann? Auch das lückenlose Testen wird Sicherheit schaffen und damit sehr wichtig werden.

Schauen wir Richtung Sommer. Denken sie, dass bis dahin alle reisen können, die das wollen?
2021 wird noch ein Ausnahmejahr sein, da müssen wir uns keine Illusionen machen. Wir werden mit bestimmten Hygiene- und Abstandsregeln leben müssen. Aber ich denke Verwandtenbesuche werden bald wieder möglich sein und im Sommer werden viele Regionen wieder offen sein.
Sie sprechen schon vom Sommer. Welche Perspektiven sehen Sie für die Pfingstferien, die für viele Familien ganz oben steht?
Viele Regionen werden von einer schrittweisen Öffnung profitieren. Dabei werden wir genau schauen, wie die Lage und das Infektionsgeschehen in den einzelnen Regionen aussehen. Öffnungen können oft kurzfristig erfolgen und müssen immer die aktuellen Entwicklungen berücksichtigen, da wir keine dritte Welle erzeugen wollen. Für Reiseziele innerhalb Deutschlands sehe ich für Pfingsten aber gute Chancen.
Aber alles unter Vorbehalt?
Immer unter Vorbehalt. 2021 bleibt leider auch ein Ausnahmejahr. Keiner weiß, wie sich die Mutationen entwickeln.
Haben Sie und Ihre Frau schon gebucht?
Nein, noch nicht. Wir sind ohnehin Kurzentschlossene und ärgern uns dann später meistens, wenn die Schnäppchen schon weg sind. Zumal der kommende Sommer für uns eher kurz wird, da im September ein neuer Bundestag gewählt wird und ich mitten im Wahlkampf stecken werde.
Auf Schnäppchen sind Sie aber nicht unbedingt angewiesen?
Nein. Aber wen ich höre, dass der Nachbar 200 Euro weniger bezahlt hat, wurmt mich das schon.
Kuba wirbt um Touristen mit dem Motto „Meer, Mojito, Impfstoff“. Würden Sie eine Reise auf die Insel empfehlen, wo Gesundheit und Genuss so geschickt verknüpft werden?
Für die Karibik gilt dasselbe, wie für die Ziele Mallorca oder die Malediven: Wenn eine geringe Ansteckungsgefahr und die medizinischen Standards positiv bewertet werden, wird auch keine Reisewarnung bestehen, mit oder ohne Mojito. Auch in diesen Ländern ist der Tourismus ein wichtiger Faktor.
Ein Ergebnis des Krisenjahres 2020 lautete: Es wird nicht mehr so viel geflogen wie vor Corona. Hält diese Zurückhaltung an?
Ich denke, dass wir in zwei oder drei Jahren auf dem alten Niveau sind. Die Menschen werden sich weiterhin ins Flugzeug setzen. Übrigens nicht nur in der Freizeit, auch Geschäftsreisen sind ein ganz wichtiger Faktor. Deutschland ist eine der stärksten Wirtschaftsnationen, unsere Mittelständler am Bodensee oder auf der Alb haben ihre Kunden und Geschäftspartner in der ganzen Welt verstreut. Die muss man auch mal wieder persönlich treffen. Generell gilt, die Deutschen bauen nicht nur die besten Autos, sie sind auch Weltmeister im Reisen, obwohl gerade auch unsere Heimat wunderschön ist.
Der Urlaub im eigenen Land hatte im vergangenen Jahr eine ungeahnte Konjunktur, Triberg statt Türkei. Bleibt der Urlaub in diesem schwarz-rot-goldenen Rahmen?
Das wünsche ich mir. Ich hoffe, dass diese Heimatliebe anhält und nicht nur der Krise geschuldet ist. Schwarzwald, Alb oder Bodensee haben enorm viel zu bieten. Unsere Heimat ist wahnsinnig vielseitig, es gibt wahrscheinlich kein Land der Welt, wo so viele Möglichkeiten bestehen. Von Burgen bis Schlösser, Museen, Kultur und Natur. Und das Ganze ohne lange Fluganreise.