Ist so etwas auch in meiner Stadt denkbar? Wie groß ist das Risiko bei mir zuhause? Wie werde ich gewarnt, wie kann ich mich schützen? Das fragen sich viele Bürger in Baden-Württemberg angesichts der Bilder aus den Überschwemmungsgebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Ein Überblick.
Wo kann ich erfahren, ob ich in einem Hochwasser- oder Überschwemmungs-Risikogebiet lebe?
Alle Kommunen in Baden-Württemberg haben die Möglichkeit, Hochwassergefahrenkarten in Auftrag zu geben. Ist dies bereits geschehen, kann der Bürger das Risiko bis auf die Straße und die Hausnummer eines Wohnorts genau auf interaktiven Hochwassergefahrenkarten ablesen, die über die Seite www.hochwasser.baden-wuerttemberg.de abrufbar sind.
Dort lassen sich etwa die prognostizierten Überflutungsflächen verschiedener Hochwasser- und Überflutungsereignisse, die statistisch alle zehn, 50, 100 Jahre oder – als Extremwetter – noch seltener vorkommen, optisch darstellen. Es lässt sich aufzeigen, wie weit und wie tief ein Ortsbereich überflutet werden könnte.
Es ist nützlich, sich vorher die Hinweise zur Bedienung der interaktiven Karten durchzulesen. Der Aufbau der Karten nimmt aufgrund der großen Datenmenge einige Zeit in Anspruch, ist aber sehr detailliert.

Wo finde ich Informationenzur allgemeinen Situation?
Eine Übersicht über die Hochwasserlage in Baden-Württemberg gibt ebenfalls die Seite www.hochwasser-bw.de. Dort gibt es alle relevanten Links zu Unwetterwarnungen, Wettervorhersagen und aktuellen Hochwasserständen. Für den Bodenseeraum gibt es spezielle Informationen unter www.bodensee-hochwasser.info.
Wie kann man sich über aktuelle Pegelstände informieren?
Über die kostenlose App „Meine Pegel“ – das ist die amtliche Wasserstands- und Hochwasser-Informationsapp mit rund 2500 Pegelständen in Deutschland, die von den Hochwasserzentralen zur Verfügung gestellt werden. Nutzer können sich kostenlos per Push-App über die Über- oder Unterschreitung von Grenzwerten einzelner Pegel informieren lassen. Zudem gibt es einen Überblick zur überregionalen Hochwasserlage in Deutschland und zu den Informationen der Bundesländer.
In der App „Meine Pegel“ sind nur größere Fließgewässer aufgeführt. Was ist mit dem Bach hinter meiner Haustür?
Viele kleine Seitengewässer sind nicht in Meldesystemen erfasst. Darüber wird gerade erst diskutiert, vor allem, weil zunehmend kleine Seitengewässer über die Ufer treten, bei denen es im Gegensatz zu großen Flüssen keine Schutzmaßnahmen wie Überlaufflächen gibt. Dies war auch bei der Katastrophe in Braunsbach 2016 der Fall.
Der baden-württembergische Innenstaatssekretär Wilfried Klenk (CDU), zuständig für den Katastrophenschutz, warnt aber vor trügerischer Sicherheit. „Ein Hochwasser- oder Starkregenereignis kann man nirgends ausschließen. Ein Problem ist, dass viele kleine Seitengewässer nicht an Meldesysteme angeschlossen sind. Nach den jüngsten Erfahrungen müssen wir überlegen, wie wir hier Vorsorge treffen. Es gibt ja Seitengewässer, die in den vergangenen fünf Jahren nicht nur einmal über die Ufer getreten sind. Pegelmeldungen gibt es da oft nicht. Anderseits: Wenn ein 40-Zentimeter-Bach plötzlich acht Meter hat, dann kommt bei solchen Naturgewalten auch moderne Messtechnik an ihre Grenzen. Für solche Situationen kann man nur bedingt Vorsorge treffen. Leider haben noch nicht alle Kommunen Starkregenkonzepte in Arbeit gegeben. Wenn in einer Gemeinde vor Ort die Hochwasservorsorge nicht ernst genommen wird – das ist die größte Gefahr.“
Welche Vorkehrungen kann ich zu Hause treffen?
Eine gute Zusammenfassung bietet die Hochwasserschutzfibel des Bundesinnenministeriums. Dort sind Gefahren und Risikofaktoren aufgeführt. Die Schutzfibel befasst sich vor allem mit baulichen Sicherungsaspekten – etwa wird gezeigt, wie eine Unterspülung auf Haus und Grund wirkt. Es ist zusammengefasst, welche Vorsorgemaßnahmen für Mensch, Gebäude und bewegliches Gut getroffen werden können. In der Fibel sind auch Vorsorge-Checklisten enthalten, etwa die richtige Hochwasserausrüstung.
Wie erfahre ich von Gefahrensituationen?
Die Behörden empfehlen Nina, die Warn-App des Bundes. Diese verschickt detaillierte regionale Warnmeldungen mit Handlungsempfehlungen. Baden-Württemberg nutzt seit Herbst 2016 zur amtlichen Warnung vor Gefahrensituationen das modulare Warnsystem (Mowas), über das mit einer Eingabe gleichzeitig Warn-Apps wie Nina und Multiplikatoren wie Radio, TV und Onlinedienste alarmiert werden.
Auch einzelne Kommunen können Warnungen über Mowas verschicken. Daneben gibt es in den Kommunen unterschiedliche Warnungssysteme wie Sirenen oder Lautsprecherfahrzeuge. Dazu hat jede Kommune einen Notfall-Einsatzplan. Das Wichtigste aber sei, sagt Wilfried Klenk, sich innerlich auf solche Ereignisse einzustellen. „Das Problem ist: Die Mehrheit der Menschen, die so etwas bei sich und ihrem Umfeld noch nicht erlebt haben, ist für solche Ereignisse nicht genug sensibilisiert. Wir Menschen sind so konditioniert, dass wir denken: Solche Ereignisse passieren überall auf der Welt – aber nicht bei uns. Wir müssen lernen, dass sich Gefahren realisieren können und wir müssen die Warnungen auch ernst nehmen. Wir haben wirklich Mühe, uns vorzustellen, dass aus einem 40-Zentimeter-Bach oder aus einem beschaulichen Fluss wie der Ahr innerhalb von Minuten eine Acht-Meter-Wand entstehen kann. Das kann dazu führen, dass Menschen bei einer Warnung in den Keller gehen, um etwas zu retten – und es dann nicht mehr aus dem Keller schaffen. Man kann so pauschal nicht sagen, was das richtige Verhalten in solchen Situationen ist, das ist abhängig von der Art der Gefahr. Klar ist: Anweisungen und Warnungen von Rettungskräften, von Feuerwehr und THW sollten die Menschen unbedingt Folge leisten.“