
Am Ende der Wanderung steht es vor uns: Das wohl berühmteste Berggasthaus der Welt – der Aescher.
2015 war das Berggasthaus auf der Titelseite der Zeitschrift „National Geographic„ gelandet, nachdem Hollywoodstar Ashton Kutcher ein Bild des Aeschers auf Facebook geteilt hatte. Seither entwickelte sich der einstige Geheimtipp immer mehr zum Touristenmagnet.
2018 gaben die ehemaligen Pächter auf, der Kundenansturm war zu groß, die Infrastruktur zu veraltet. Übernommen hat das Ostschweizer Gastro-Unternehmen Pfefferbeere. Grund genug für uns, zum Aescher zu wandern und mit seinen neuen Besitzern darüber zu sprechen, wie es ihnen heute geht und was die Corona-Pandemie für sie und ihr Gasthaus bedeutet.
Unsere Wanderung zum Aescher beginnt auf dem Parkplatz Erstböhl auf 1081 Metern über Meer, zu dem wir vom appenzell-innerrhodischen Dorf Weissbad kommend gefahren sind. Begleitet von Kuhglocken-Geläut folgen wir einer Abzweigung Richtung Alp Bommen.
Wichtig: Diese Corona-Regeln gilt es bei Wanderungen in der Schweiz zu beachten.
Auf Höhe der Alp Bommen angelangt, ragen vor uns die Felswände der Ebenalp in die Höhe. In unserem Rücken liegen die Ortsteile des Dorfes Appenzell in einer Ebene, hinter der sich die grüne Hügellandschaft des Appenzeller Mittellandes erstreckt.
Weiter geht es über steinige Wanderwege. Neben den Felsen der Ebenalp sehen wir jetzt von links die Alp Sigel, die Bogartenlücke mit dem Felsen Bogartenmannli und den Berggrat Marwees.
Nachdem wir ein kleines Waldstück durchquert haben, gelangen wir endlich zu den Felswänden der Ebenalp.
Wenig später sehen wir bereits die Schweizer Fahne im Wind wehen, die ankündigt, dass wir unser Ziel bald erreicht haben.
Und da ist er: Der Aescher, das wohl berühmteste Berggasthaus der Schweiz.
Die Terrasse des Aeschers ist gut besucht, auch wenn die Tische coronabedingt nicht voll besetzt werden und weiter auseinanderstehen als üblich. Doch trotz Corona seien sie dieses Jahr gut in die Saison gestartet, erzählt Gallus Knechtle, der den Aescher 2019 mit seinem Gastro-Unternehmen Pfefferbeere als Pächter übernommen hat. Wir konnten mit ihm vor dem Start unserer Wanderung sprechen.

Dass die Gaststätten in der Schweiz erst am 11. Mai wieder öffnen durften, habe für den Aescher keine Rolle gespielt, sagt Knechtle: „Da wir wegen des Umbaus sowieso erst am 12. Mai starten konnten, hat die Corona-Pandemie den Saison-Start im Aescher nicht verzögert.“
Zur Pfefferbeere gehört nicht nur der Aescher: Alles Wichtige zum Unternehmen, seinem Gründer Gallus Knechtle und dem Umbau des Aeschers.
Die derzeitigen Gästezahlen unterschieden sich nicht groß vom Vorjahr, als der Aescher seine erste Saison unter der Leitung Knechtles und seines Teams erlebte. „Die Frequenzen sind sogar eher höher. Wir haben auch viele Abendbesuche“, betont Knechtle. Unter dem Wegfall ausländischer Gäste aufgrund der geschlossenen Schweizer Grenzen litten sie nicht: „Aber natürlich freuen wir uns, wenn auch wieder Leute aus Südbaden oder Vorarlberg zu uns kommen können.“
Eine Steintafel mit dem Spruch „Seid willkommen“ in Appenzeller Mundart empfängt die Gäste des Aeschers:
Kaum haben wir einen Platz auf der Terrasse des Aeschers ergattert, kommen wir auch schon mit anderen Wanderern ins Gespräch. Als jedoch die Absicht unseres Besuchs zur Sprache kommt, verfinstern sich die Mienen: Schon wieder ein Zeitungsartikel? Das solle man ja nicht zu laut sagen, denn alle hier seien froh, dass es nun nicht mehr so ein Gedränge gebe wie in den vorangegangenen Sommern.
Gallus Knechtle hatte uns zwar versichert, dass er und sein Team es nicht so wahrgenommen hätten, überrannt worden zu sein, als sie vor einem Jahr starteten: „Wir wussten von unseren Vorgängern, dass jeweils viele Leute den Aescher besuchen und haben uns entsprechend vorbereitet.“
Dennoch lassen wir unsere Absicht, mit weiteren Gästen zu sprechen, sein und widmen uns lieber dem einzigartigen Bergpanorama, das sich vor uns ausbreitet. Von links nach rechts sehen wir den Sendeturm auf dem Berg Hoher Kasten, erneut die Alp Sigel, das Bogartenmannli, die Marwees und neu den schneebedeckten Altmann. Unterhalb des Altmann sind die Meglisalp und der Seealpsee zu erkennen.
Doch wir wollen natürlich auch noch mehr vom Aescher selbst sehen, der im Winter eine neue Infrastruktur erhalten hat. Gallus Knechtle hatte uns im Vorgespräch bereits erzählt, was uns erwartet: In einem Holz-Neubau sind jetzt die Toiletten untergebracht sowie ein „Lädeli“. „Hier können sich die Gäste mit Getränken, Essen und unseren hauseigenen Produkten sowie regionalen Spezialitäten eindecken.“
Nur wenige Gäste setzen sich an diesem Tag in die Gaststube des Aeschers. Hier trennen derzeit alte Fensterscheiben auf den Tischen die Gruppen Corona-konform voneinander. An den Wänden hängen Schwarz-Weiß-Bilder mit Motiven aus dem Appenzellerland.
Auch wenn es schwer fällt, raufen wir uns dennoch auf und geben den Platz anderen Wanderern frei, die jetzt kurz nach 12 Uhr immer zahlreicher auf die Terrasse des Aeschers strömen. Denn wir wollen weiter hinauf, zum Wildkirchli. Der Weg führt über einen gesicherten Weg entlang der Felswände.
Wir überqueren eine kleine Holzbrücke und passieren eine Hütte, die Gallus Knechtle und sein Team zu einem „Zwei-Siedler-Hotel“ umgenutzt haben: „Mit einem Doppelbett, sozusagen unsere Honeymoon-Suite“, hatte Knechtle im Vorfeld erklärt. Weiter oben steht der rot bemalte Turm des Wildkirchli.
Herzstück der Kapelle sind die Kirchbänke und der Altar, die sich in einer Felshöhle befinden. Im Sommer werden hier auch regelmäßig Gottesdienste abgehalten.
Wir steigen noch ein bisschen weiter hinauf und gelangen auf 1454 Metern über Meer zur Rekonstruktion eines Eremitenhäuschens, in dem bis Mitte des 19. Jahrhunderts Einsiedler wohnten. Dahinter liegt eine Höhle, durch die man zur Ebenalp gelangt.
Doch für uns geht es jetzt nicht mehr weiter hinauf, sondern bergab. Noch einmal werfen wir einen Blick auf den Aescher, der sich an die Felswände der Ebenalp schmiegt, bevor wir unseren Rückweg antreten.