Herr Graf Bodman, Sie haben auffällig viele Vornamen. Können Sie einmal alle aufzählen?
So viele sind es gar nicht. Johann Wilderich Othmar Hubertus Maria – also fünf an der Zahl. Johann ist Tradition, denn jeder männliche Bodman heißt so. Wilderich kommt von der Mutterseite her, Othmar hieß mein Großvater, Hubertus kommt ebenfalls von der Mutterseite derer von Spee. Und Maria gilt der Mutter Gottes.
Als Rufname hat sich Wilderich durchgesetzt. Das klingt ungewöhnlich, da Sie als umgänglich und milde gelten.
Wilderich klingt wild, dabei ist es lediglich eine Variante von Ulrich. Ich habe mich mit dem Namen längst angefreundet, er bringt eine Alleinstellung mit sich.
Dieses Mosaik aus Vornamen ist wie der Schlüssel in eine andere Welt.
Adelsfamilien legen großen Wert auf Kontinuität. Sie pflegen mit der Wiederholung von Namen ihr Erbe. Darin spiegelt sich ihr Selbstverständnis.
Wären auch moderne Namen wie Aylin, Vanessa oder Kevin möglich?
Kevin oder Aylin kann ich mir für unsere Familie nicht vorstellen. Neue Namen tauchen bei uns selten auf. Als katholische Familie schätzen wir die Heiligen, die mit einem vorbildlichen Leben und einem ungewöhnlichen Lebenswandel fassbar sind. Beispielhaft ist Hubertus oder Hubert, der Patron des Waldes. Der passt in jeder Hinsicht.
Jagd und Wald sind bei vielen Adelsfamilien ein wichtiger Teil des Lebens. Jagen war früher Privileg, bis heute ist es die Leidenschaft vieler Aristokraten. Woher kommt das?
Adel war früher meist mit Grundbesitz verbunden. Der Wald war da, das Jagen bot sich an. Ich selbst bin kein wilder Jäger, habe aber immer gerne gejagt. Übrigens gehören auch Hege und Pflege dazu. Und das Regulieren von Wildschäden oder das Beobachten von Tieren. Mein Vater war ein begeisterter Vogelkundler, er brachte die Vogelwarte nach Möggingen.

Wie redet man einen Adligen an? Jemanden aus dem Haus Bodman?
Da bin ich ganz unkompliziert. Das kann jeder Gesprächspartner halten, wie er will. Die offizielle Anrede ist Graf Bodman. So wurde ich auch in den politischen Gremien angesprochen. Mein Sohn ist Freiherr, man kann ihn als Baron Bodman oder Herr von Bodman ansprechen. Die Anrede soll kein Hindernis sein.
Sie werden zum niederen Adel gezählt. Beim Hochadel wird es definitiv kompliziert. Im Haus Baden wird die Ansprache als „Königliche Hoheit“ erwartet …
…. Prinz Bernhard ist zufrieden, wenn man ihn mit Prinz Bernhard anredet. Grundsätzlich hat die Familie das Recht auf die Anrede Königliche Hoheit.

Diese steile Anrede ist doch vor 100 Jahren abgeschafft worden?
Aber sie ist eine gute Gewohnheit.
Etwas hat Ihre Familie voraus: Bodman heißt Ihre Familie, das Dorf, der Bodanrück und auch der Bodensee, der ein Bodmansee ist.
Bodman ist alemannisch. Der Bodensee hieß früher einmal anders, nämlich Bregenzer See. Erst im 9. Jahrhundert kommt er als Bodmansee ins Gespräch, als Lacus potamicus. Meine Vorfahren verwalteten damals die Güter der Kaiserpfalz in Bodman.
In den meisten adligen Familien spielt der Glauben eine große Rolle.
Das hat mit dem Gefühl für Zusammengehörigkeit zu tun Meine Vorgänger waren Kirchenpatrone, sie waren also für eine Kirche verantwortlich. Wir haben uns immer für den katholischen Glauben eingesetzt. Im Kulturkampf war mein Urgroßvater ein Bindeglied zwischen Katholiken und großherzoglichem Haus, das evangelisch war. Das Christliche zieht sich durch alle Generationen.
Dazu kommen ein ausgeprägter Familiensinn und viele Kinder.
Das trifft zu. Wobei Familie im weitesten Sinne gefasst wird. Sie reicht Generationen zurück und umfasst Vettern und Cousinen. Die Familie trägt.
Sie engagieren sich in der Kommunalpolitik, sie saßen viele Jahren im Kreistag im Landkreis Konstanz. Hätte sie nie ein Leben im Jetset gereizt, das manche Adlige so anzieht?
Nein, ich bin bodenständig und lebe gerne hier. Wir übernehmen Verantwortung für das Leben in der Region.
Auch in der modernen Kunst sind Sie zuhause. Sie förderten den Satiriker Peter Lenk, als ihn noch kaum einer kannte. Wie kommt das?
Als Lenk nach Bodman zog, wohnte er ein paar Häuser weiter von uns. Damals war er noch unbekannt. Mir war er schnell sympathisch. Ein frischer und manchmal frecher Künstler, ich unterhalte mich gerne mit ihm. Es gibt eine Reihe von Kunstwerken, die ich gut finde. Andere gefallen mir nicht so. Wir diskutieren dann offen darüber.
Auf einem Relief sind Sie verewigt…
Ja, das Werk steht in Ludwigshafen. Man sieht mich mit meinem Vorfahren, dem kleinen Johannes, der im Kessel den Berg hinunterrollte. Meine Enkel beschwerten sich, dass alle Dargestellten nackt seien, nur ich sei angezogen. Aber so ist das eben. Ich trage eine Lodenjacke auf dem Relief.
Es gibt den Satz “Adel verpflichtet“. Würden Sie das unterschreiben?
Dieser Satz gilt für jeden, der über größere Vermögen oder Ländereien verfügt. Was wir besitzen, ist nicht Selbstzweck. Es soll dem Gemeinwohl dienen. Wir haben viele Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen. Ihr Erhalt ist aufwändig und mühsam. Das ist eine der Aufgaben, denen wir uns stellen, und ich tat das immer gerne.