Es gibt einen schönen Begriff für das Manöver im Gewittersturm, das Kapitän Clemens Mauch gefahren ist: „Abwettern.“ Der Überlinger, Eigner des Passagierschiffs „Bodensee“, geht mit den Stürmen dieser Tage gelassen um. „Wir haben keine Probleme gehabt“, berichtete er. „Das war in 30 Jahren Berufserfahrung nicht der erste Sturm mit Windstärke 9.“
„Die Passagiere waren ganz entspannt.“Clemens Mauch, Kapitän auf der „Bodensee“
Diesen Gewittersturm, der in Meersburg einen Kran umstürzen ließ und in Überlingen an den schwimmenden Gärten der Landesgartenschau zerrte, verbrachte Mauch auf seinem Schiff während der Überfahrt zur Insel Mainau. Es war Dienstag gegen 14 Uhr. Die Passagiere hätten keine Angst gehabt, sie seien „ganz entspannt“ gewesen, was Mauch auch seiner Routine und seiner Ruhe zuschreibt, die er in solchen Situationen ausstrahlt. Konzentration war vom Kapitän allerdings gefordert – und ein Abweichen vom normalen Kurs.

Normalerweise, sagt Mauch, nimmt er von Überlingen aus direkt Kurs auf die Insel Mainau. Luftlinie knapp sieben Kilometer, schräg über den Überlinger See. Mauch entschied sich anders, er setzte von Überlingen aus direkt nach Dingelsdorf über, eine Distanz von nicht ganz zwei Kilometern. Ab dort, so Mauch, hätte er die Fahrt im Windschatten des Bodanrücks und in nahezu ruhigem Gewässer fortgesetzt, bis zur Insel Mainau. „Dort war es windgeschützt und wellenarm.“
Zeitgleich bediente die „Seeperle“ den Kurs Überlingen-Wallhausen. Schifffahrtsunternehmer Ewald Giess berichtet, dass sein Sohn Michael Giess das Schiff steuerte, als der Sturm seinen Höhepunkt erreichte. Eigentlich war geplant, am Landungsplatz in Überlingen festzumachen, die Dalben seien bei stürmischem See aber ungeeignet, weil starr mit dem Ufer verbunden. Besser wäre es, sie würden über einen Puffer etwas flexibler auf den Wellengang reagieren. Und so habe sich sein Sohn dazu entschlossen, mit genügend Abstand zum Ufer das Gröbste auszusitzen. Ewald Gieß: „Lieber draußen auf dem See warten, da passiert ja nichts, und es war alles okay.“

Auf den Sturm am Dienstagnachmittag mussten auch die Kapitäne der Autofähre Konstanz-Meersburg reagieren. Wie der Pressesprecher der Stadtwerke Konstanz mitteilte, habe man sicherheitshalber für 30 Minuten den Betrieb eingestellt. Josef Siebler: „Wegen des starken Wellengangs.“
Wie die Autofähre Stürmen und Blitzeinschlägen begegnet
Segler würden in so einer Situation die Segel reffen
Zurück auf die „Bodensee“ zu Clemens Mauch. Der Reeder nennt Manöver, bei denen man bewusst auf dem See bleibt, „Abwettern“. Der Begriff komme von der Hochseeschifffahrt. „Ein Schiff auf dem offenen Meer kann bei Sturmwarnung ja auch nicht schnell mal in einen Hafen fahren.“ Die Segler sprechen in diesem Zusammenhang von „Lenzen vor Topp und Takel“, erklärt Mauch. Sprich, sie holen das Segel ein, lassen sich vom Wind vor sich hertreiben und schützen sich so vor dem Querschlagen und Kentern.

„Keine Frage, wer in einem sicheren Hafen liegt, der bleibt drin.“ Wer es nicht mehr schafft, bleibt besser weg vom Ufer. Er erinnere sich an einen Sturm vor etwa zehn Jahren, sagte Mauch, als es bei Schiffen, die an der Landestelle in Unteruhldingen vertäut waren, die Taue samt ihrer Poller abgerissen habe. Die 9 Windstärken von Dienstag seien aber längst nicht der Höhepunkt seiner Karriere. „Ich hatte einmal eine Essensfahrt ab Bodman bei Windstärke 10,5. Da reden die Leute heute noch darüber. Das war ein Erlebnis!“