Mittwochmittag, Bahnhof Meckenbeuren, ein Zug fährt durch. Allerdings ist es keiner, in dem Fahrgäste etwas zu suchen hätten. Denn seit zwei Wochen und voraussichtlich noch bis 19. Dezember ist Schienenersatzverkehr zwischen Friedrichshafen und Ravensburg angesagt.

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Elektrifizierung der Südbahn damit auf der Zielgeraden

Grund ist die Elektrifizierung der Südbahn. Gut 500 von insgesamt 4000 Masten werden noch aufgestellt, damit die letzten rund 20 von 125 Kilometern mit Oberleitung versehen werden können. Mit den Arbeiten in und zwischen Ravensburg und Friedrichshafen befindet sich das mehr als 300 Millionen Euro teure Projekt – so die derzeitige Kostenschätzung – so langsam auf der Zielgeraden.

„Die Südbahn-Elektrifizierung ist von großer Bedeutung im Netz. Sie ist der Lückenschluss zwischen Nord und Süd. Und sie ist ein großer Beitrag zum Klimaschutz-Paket.“
Markus Demmler, Leiter Großprojekte Südwest bei der DB Netz AG

Der ebenfalls langsam durchfahrende Zug hat sein Ziel bereits erreicht. „Das ist ein sogenannter Schotterzug“, erklärt Projektleiter Martin Glaser. Das damit angelieferte Material direkt da im Gleisbett, wo es benötigt wird. Überhaupt lässt sich hier in Meckenbeuren gerade ziemlich gut erahnen, was noch so passieren muss, damit die Südbahn Ende 2021 schließlich unter Strom gesetzt werden kann.

Markus Demmler (links), Leiter Großprojekte Südwest bei der DB Netz AG, und Martin Glaser, Projektleiter für die Elektrifizierung der ...
Markus Demmler (links), Leiter Großprojekte Südwest bei der DB Netz AG, und Martin Glaser, Projektleiter für die Elektrifizierung der Südbahn, am Bahnhof Meckenbeuren. | Bild: Christina Bömelburg

Von Ulm über Friedrichshafen bis Lindau ist unter 36 Brücken mehr Platz gefragt

Im Bereich der Brücke im Zuge der Brochenzeller Straße zum Beispiel werden gerade die Gleise abgesenkt, damit hier genug Platz für die Oberleitung ist. Von Ulm über Friedrichshafen bis Lindau mussten insgesamt 36 Brückendurchfahrten berücksichtigt werden, sagt Martin Glaser. „Bei fünf Brücken haben wir uns für einen kompletten Neubau entschieden, bei 31 für eine Absenkung der Gleise.“ Im Bereich der Brücke in Meckenbeuren wird gerade außerdem der Untergrund unter den Gleisen mit Kalk verfestigt.

Wo sonst Fahrgäste warten, liegen einige der Betonmasten bereit, die bis Ende des Jahres die Schienen bis an den Bodensee säumen werden. Einige stehen im Bereich des Bahnhofs bereits – wenn auch für den Moment noch recht schief. Vor dem Vergießen wird noch justiert, erklärt Glaser. An den Masten werde schließlich das Kettenwerk montiert: „Eine Seilverspannung, an die dann die Fahrleitung angehängt wird.“

Während im Vordergrund einige der Betonmasten noch am Gleis bereitliegen, wurden andere bereits aufgestellt – müssen allerdings ...
Während im Vordergrund einige der Betonmasten noch am Gleis bereitliegen, wurden andere bereits aufgestellt – müssen allerdings noch justiert werden. | Bild: Christina Bömelburg

Zu allererst müssen allerdings Gründungselemente, mit denen die Masten im Boden verankert werden, in die Tiefe.

Ein Gründungselement liegt im Gleisbett am Bahnhof Meckenbeuren. Ist es erst in den Boden gerammt, wird auf die runde Hülse (vorne, rot ...
Ein Gründungselement liegt im Gleisbett am Bahnhof Meckenbeuren. Ist es erst in den Boden gerammt, wird auf die runde Hülse (vorne, rot beschriftet) ein Oberleitungsmast gesetzt. | Bild: Christina Bömelburg

Stellenweise wird dafür gebohrt. Überwiegend passiert aber, was Glaser so beschreibt: „Die Gründungselemente werden mit ziemlicher Gewalt in den Boden gerammt.“ Zu beobachten – und zu hören – ist das an diesem Mittag rund zwei Schienenkilometer vom Bahnhof entfernt.

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Schlaghammer 'Dieselbär' im Einsatz Video: Bömelburg, Christina

Um die 500 Schläge braucht der „Dieselbär“ im Durchschnitt, bis ein Gründungselement sitzt, wie es soll, sagt Karsten Hedemann vom Bahnbauunternehmen Spitzke. Insgesamt vier solcher mit Diesel betriebenen Gleisrammen seien zwischen Ravensburg und Friedrichshafen im Einsatz.

Je nach Baugrund können auch mal mehr oder weniger Schläge erforderlich sein. Auf ein Gründungselement musste an diesem Tag bereits eine halbe Stunde lang eingehämmert werden. Mit Überraschungen im Baugrund ist Hedemann zufolge allerdings nicht mehr zu rechnen. „An jedem Standort gab es vorab eine Untersuchung“, so der Teilprojektleiter Gründung.

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Mittwochnachmittag, irgendwo bei Meckenbeuren, die Gleisramme wird ein kleines Stück weitergezogen. Noch gibt es viele Masten aufzustellen. Und auch wenn sie stehen, gehen die Arbeiten für die Elektrifizierung der Südbahn noch nicht so schnell aus.

2021 steht Glaser zufolge unter anderem zwischen Ulm und Lindau noch der „Freischnitt des Profils“ an. „Es muss sichergestellt sein, dass auch bei einem starken Sturm kein Ast auf die Oberleitung fällt“, erklärt der Projektleiter. „Im zweiten Halbjahr passieren noch sehr viele Dinge, die nicht unbedingt bautechnisch sind, sondern Ausrüstung und Vervollständigung betreffen.“

Im Frühjahr fahren abschnittsweise für je einen Monat nochmal Busse statt Bahnen

Auch weitere Gleisbauarbeiten sind für 2021 noch geplant. Voraussichtlich im März und im April bedeutet das zwischen Aulendorf und Ravensburg sowie zwischen Ravensburg und Friedrichshafen weitere je einmonatige Sperrungen. So ganz ist das Thema Schienenersatzverkehr also auch bis Weihnachten noch nicht abgehakt.