Dorothea Scholz aus Immenstaad: Sie wurde mit dem Geburtsdatum 2021 in die Warteliste eingetragen

Auf das, was Dorothea Scholz vor einigen Tagen erlebt hat, war sie nicht gefasst. Seit Mitte Januar versucht die 85-Jährige aus Immenstaad, die außerdem unter einer Vorerkrankung leidet, an einen Corona-Impftermin zu kommen. „Natürlich waren meine circa 70 Versuche vergeblich“, sagt Scholz, die es sowohl über das Internet als auch über die Nummer 116 117 versuchte.

Am 10. Februar habe Dorothea Scholz dann „endlich“ telefonisch einen Mitarbeiter erreicht und hatte die Möglichkeit, sich auf die Warteliste setzen zu lassen. „Der Mitarbeiter der Hotline war sehr freundlich und bemüht“, erzählt die Seniorin. Abschließend habe der Mann am Telefon gesagt, die Daten seien gespeichert. Wenn ein Impftermin frei werde, würde sie benachrichtigt.

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Heute sagt Scholz: „Oh, hätte ich diesen Worten nur nicht geglaubt.“ Denn am 5. März – etwa drei Wochen später – bekam die 85-Jährige einen Anruf. Ihr wurde berichtet, dass bei der Registrierung auf der Warteliste ein Fehler passiert sei. „Versehentlich sei als Geburtsjahr nicht 1936 sondern 2021 eingegeben worden. Man hätte mich bisher deswegen nicht berücksichtigen können. Nun sei der Fehler aber beseitigt und ich müsste nicht mehr lange auf einen Termin warten“, schildert die Seniorin das Telefonat.

Dieser Vorfall macht Scholz fassungslos. „Dreieinhalb Wochen geisterte ich also als Säugling durch die Daten. Warum fällt so etwas nicht sofort auf?“, fragt sie sich. Nun heißt es für die 85-Jährige also erneut: warten auf einen Anruf. Scholz hofft, dass sie – wenn es soweit ist – einen Impftermin in Friedrichshafen bekommt.

Die Impftermine im Kreisimpfzentrum in Friedrichshafen sind rar. Viele Menschen fahren für die Impfung deswegen bis nach Ulm oder Tübingen.
Die Impftermine im Kreisimpfzentrum in Friedrichshafen sind rar. Viele Menschen fahren für die Impfung deswegen bis nach Ulm oder Tübingen. | Bild: Felix Kaestle

Wegen der Impfung bis nach Ulm oder Tübingen zu reisen, komme für die Immenstaaderin nicht in Frage. „Viele tun das ja und reisen trotz physischer Beeinträchtigungen mit hilfsbereiten Begleitpersonen per Bus und Bahn quer durch die Region“, erzählt Scholz und fügt hinzu: „Obwohl allgemein empfohlen wird, zu Hause zu bleiben und Kontakte zu vermeiden.“

Peter Kania aus Markdorf: Er bekommt für seine Frau nur Impftermine in Ulm vorgeschlagen

Auch für Peter Kania und seine Frau Elisabeth aus Markdorf steht es nicht zur Debatte, für eine Corona-Impfung bis nach Ulm zu fahren. Während Peter Kania bereits seine beiden Impftermin im Kreisimpfzentrum in Friedrichshafen hatte, konnte er für seine Frau noch immer keinen Platz auf der Warteliste ergattern.

Peter Kania aus Markdorf hat seine Corona-Impfung bereits hinter sich. Doch er versucht verzweifelt einen Termin für seine Frau zu ...
Peter Kania aus Markdorf hat seine Corona-Impfung bereits hinter sich. Doch er versucht verzweifelt einen Termin für seine Frau zu ergattern. | Bild: Privat

„Nachdem ich Anfang Januar einen Schlaganfall hatte, habe ich in der Rehaklinik und anschließend zu Hause täglich versucht, einen Termin für mich zu bekommen“, erzählt der 86-jährige Kania. Mitte Februar dann die überraschende Nachricht für den Senior: Schon eine Woche später darf er sich in Friedrichshafen impfen lassen.

„Ich habe direkt versucht, auch noch einen Termin für meine Frau zu bekommen. Aber alles war sofort wieder voll“, berichtet Kania. Mehrfach täglich habe er telefonisch und über das Internet versucht, an einen Termin zu kommen – vor etwa zwei Wochen erhielt er dann eine Mail mit den Vermittlungscodes zur Anforderung eines Impftermins. „Hocherfreut spulte ich die weitere Zeremonie ab, um an Ende wieder in Ulm zu landen, wo mir sechs Impftermine zur freien Wahl angeboten wurden“, erzählt der Senior.

Da sowohl Peter Kania selbst als auch seine 84-jährige Frau zurzeit stark gehbehindert sind, komme eine solche „Reise“ für sie nicht in Betracht. Der Markdorfer verstehe nicht, warum es in Ulm offenbar einen „großen Überschuss an Impfdosen“ gebe und der Bodenseekreis „derart schlecht versorgt“ sei.

„Und jetzt dürfen auch noch die über 70-Jährigen geimpft werden, während so viele über 80-Jährige noch nicht an der Reihe waren? Es ist eine Katastrophe – und das, obwohl die Deutschen doch eigentlich Weltmeister im Organisieren sind“, sagt Kania.

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Katja von Schoeler aus Frankfurt: Sie bekam den Rat, die Warteliste zu missachten und stattdessen täglich anzurufen

Wochenlang versuchte Katja von Schoeler aus Frankfurt, für ihren Vater Wolfgang Beyer, der in Salem lebt, einen Impftermin zu ergattern. Doch sowohl im Kreisimpfzentrum in Friedrichshafen als auch in Ravensburg und Konstanz seien keine Termine frei gewesen, berichtet von Schoeler.

Anfangs konnte sie online einen Termin auswählen. „Während ich die Daten meines Vaters eingab, wurde der Termin jedoch im Hintergrund wohl anderweitig vergeben. Denn nachdem ich alle Daten korrekt eingegeben hatte, bekam ich die Nachricht ‚Termin bereits gebucht‘“, erzählt die Tochter. Das sei ihr mehrere Male passiert. Und dann? Tagelang nur noch eine Meldung, die bestätigte, dass derzeit keine Termine zur Verfügung stehen.

Katja von Schoeler mit ihrem Vater Wolfgang Beyer aus Salem. Nach einigen Wochen konnte von Schoeler für ihren Vater einen Impftermin in ...
Katja von Schoeler mit ihrem Vater Wolfgang Beyer aus Salem. Nach einigen Wochen konnte von Schoeler für ihren Vater einen Impftermin in Ulm buchen. | Bild: Katja von Schoeler

Nachdem die Warteliste für Impflinge eingeführt wurde, versuchte von Schoeler auch dort ihr Glück. „Nach gefühlt 50 Versuchen bin ich durchgekommen und ein netter Herr bestätigte, dass mein Vater nun auf der Warteliste sei und sobald wie möglich einen Impftermin bekommen würde“, berichtet von Schoeler.

Zwei Wochen vergingen, ohne dass Katja von Schoeler etwas hörte. In der Zwischenzeit habe ein Freund von ihrem Vater Wolfgang Beyer bereits einen Impftermin bekommen, der sich erst einige Zeit später telefonisch darum bemühte. Also rief von Schoeler erneut bei der 116 117 an.

Blick ins Kreisimpfzentrum für den Bodenseekreis in der Messe in Friedrichshafen.
Blick ins Kreisimpfzentrum für den Bodenseekreis in der Messe in Friedrichshafen. | Bild: Felix Kästle

Ein Mann am Telefon habe ihr dann erklärt, dass es mehrere Kontingente gibt: eines für die Hotline, eines für die Warteliste und eines für die Online-Plattform. Und da könne es durchaus sein, dass jemand, der anruft, schneller einen Termin bekommt als jemand, der schon lange auf der Warteliste steht.

Schlussendlich sei Katja von Schoeler indirekt dazu aufgefordert worden, am besten zweigleisig zu fahren und trotz Warteliste jeden Tag anzurufen – denn das erhöhe die Chance auf einen Impftermin.

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Einige Anrufe und viele geraubte Nerven später erwischte Katja von Schoeler dann eine Dame am Telefon, die ihr mitteilte, dass es zwar in Friedrichshafen, Ravensburg und Konstanz keine Termine gibt, aber in Ulm oder Freiburg. „Mein Vater hat sich dann für Ulm entschieden und siehe da, ich konnte einen Termin buchen und habe sogar auch gleich den zweiten Termin bekommen“, freut sich Katja von Schoeler.

Kurt Albiez aus Salem: Er wartet ab, bis seine Hausärztin impfen darf

Wie das Sozialministerium des Landes Baden-Württemberg vor etwa zwei Wochen Woche mitteilte, dürfen nun auch Menschen über 70 Jahre geimpft werden. Grund dafür ist die Zulassung des Impfstoffs Astrazeneca für über 65-Jährige. Kurt Albiez aus Salem ist 74 Jahre alt und damit impfberechtigt. Schon in den vergangenen Wochen hat er Erfahrungen mit der Organisation rund um die Impftermine gesammelt.

„Nach einer Anschrift des Ministeriums für Soziales und Integration im Januar, habe ich mich per Mail um einen Impftermin bei der angegebenen Mailadresse bemüht und bis heute keine Antwort erhalten“, erzählt Albiez. Der Salemer sei sich „selbstverständlich bewusst“, dass er mit 74 Jahren bis vor kurzer Zeit noch kein Recht auf einen Impftermin hatte.

In der Halle A2 der Messe in Friedrichshafen wurde Mitte Januar das Kreisimpfzentrum für den Bodenseekreis eingerichtet.
In der Halle A2 der Messe in Friedrichshafen wurde Mitte Januar das Kreisimpfzentrum für den Bodenseekreis eingerichtet. | Bild: Felix Kästle

Er wollte aber wissen, wie es nun weiter geht und ob man ihn nicht auf einen späteren Termin schieben könne. Was Albiez fehlte, waren Informationen. „Weder eine klare Auskunft per Mail noch ein Termin, schlicht nichts“, sagt er. Auch eine Anfrage an die Impfzentren in Friedrichshafen und Ravensburg habe nur ergeben: keine Termine frei.

Weil Kurt Albiez regelmäßig im SÜDKURIER liest, wie schwierig es ist, telefonisch an einen Termin zu kommen, versucht er es auf diesem Wege erst gar nicht. „Ich warte jetzt ab, bis meine Hausärztin endlich impfen darf“, sagt er. „Was anderes bleibt mir nicht übrig.“

Elke Kriechbaum aus Markdorf: Sie steht auf der Warteliste, hat aber keine Hoffnung auf einen Termin

Mehrmals täglich versuchte Elke Kriechbaum (81) aus Markdorf seit Februar für sich und ihren Mann (86) einen Corona-Impftermin zu ergattern – per Telefon unter der 116 117 und online. Sowohl im Kreisimpfzentrum in Friedrichshafen als auch in Ravensburg seien keine Termine frei gewesen. „Vor einer Woche bin ich endlich durchgekommen und wurde auf die Warteliste gesetzt“, erzählt Kriechbaum.

Eröffnung des Kreisimpfzentrums in Friedrichshafen: Viele Senioren hatten es geschafft und haben schon am ersten Tag einen Impftermin ...
Eröffnung des Kreisimpfzentrums in Friedrichshafen: Viele Senioren hatten es geschafft und haben schon am ersten Tag einen Impftermin ergattert. | Bild: Mona Lippisch

Doch Hoffnung auf einen Impftermin hat die 81-Jährige deswegen nicht. „Nachdem nun vorläufig die Impfungen mit dem Impfstoff Astrazeneca ausgesetzt wurden, denke ich nicht, dass wir in nächster Zeit einen Termin bekommen“, sagt Kriechbaum. Sie bezeichnet die Impfstrategie in Baden-Württemberg als eine „absolute Katastrophe“.

Kriechbaums letzte Hoffnung sei die Impfung bei ihrem Hausarzt gewesen. Aber durch das „Astrazeneca-Problem“, wie es die Seniorin nennt, könne es „noch ewig dauern“, bis eine Corona-Impfung beim Hausarzt möglich ist, befürchtet Kriechbaum.

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Michael Satow aus Friedrichshafen: Ihm wurde gesagt, das System sei zusammengebrochen

Etwa fünf Wochen sind vergangen, seitdem Michael Satow für seine Mutter einen Platz auf der Warteliste für die Corona-Impfungen ergatterte. Doch bisher erhielt er keinen Rückruf der zuständigen Hotline. „Eine Nachbarin bekam jedoch am 1. März, also drei Wochen später, telefonisch einen Impftermin für ihre Mutter für den 22. März“, berichtet Satow.

Offensichtlich hätten also neue telefonische Vereinbarungen Vorrang vor der Warteliste. Für den 66-Jährigen, der in Friedrichshafen lebt, ist dieses Vorgehen nicht gerecht – zumal nun mit der Öffnung der Impfung für über 70-Jährige und weitere Gruppen zahlreiche Impfwillige dazugekommen sind. Auch Michael Satow selbst, darf sich als Pfleger seiner kranken Mutter nun impfen lassen. Aber: „Ein telefonisches Durchkommen ist überhaupt nicht mehr möglich.“

Der 66-jährige Michael Satow aus Friedrichshafen versucht verzweifelt, für seine über 80 Jahre alte Mutter einen Impftermin zu bekommen. ...
Der 66-jährige Michael Satow aus Friedrichshafen versucht verzweifelt, für seine über 80 Jahre alte Mutter einen Impftermin zu bekommen. Auch Satow selbst ist bereits impfberechtigt, weil er seine Mutter pflegt. | Bild: Privat

Kürzlich habe Satow circa drei Stunden im „virtuellen Warteraum“ der Nummer 116 117 gewartet, bis eine Eingabemöglichkeit erschien. Diese verlief dann im Sande, weil die PIN zwar auf Satows Telefon gesendet wurde, die Mail aber bis dato nicht ankam. „Eine Mitarbeiterin der Hotline hat mir am Abend direkt bestätigt, dass das System am 10. März und 11. März regelrecht zusammengebrochen ist. Es wurden nicht einmal die bereits getätigten Eingaben verarbeitet“, erzählt der 66-Jährige fassungslos.

Durch dieses technische Versagen befürchtet der Häfler nun, dass auch die Terminvormerkung für seine Mutter verloren ging. Zusätzlich merkt Michael Satow an, dass all die Probleme und Schwierigkeiten „haarsträubend schlecht kommuniziert“ und die Bürger zu Sklaven des Systems degradiert werden“. Er fragt sich: „Wie will man bald 5 Millionen Impfdosen impfen, wenn man schon mit der Terminvergabe für 50 000 Menschen so offensichtlich überfordert ist?“

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