In diesem Sommer endet das Schuljahr im Bodenseekreis deutlich ruhiger als sonst: keine großen Grillfeiern, Sommerfeste, Jubiläen oder Abschiede, denn es gilt – anders als in Fußballstadien – immer noch das Kohortenprinzip. Vielleicht aber ganz gut, denn die Kräfte aller am Schulalltag Beteiligten neigen sich dem Ende entgegen. „Es gibt ein hohes Maß an Überlastung bei allen Beteiligten“, sagt Steffen Rooschüz, Geschäftsführender Schulleiter der Friedrichshafener Schulen, „die Kinder und die Familien sind einfach ziemlich durch.“

Steffen Rooschütz ist Geschäftsführender Schulleiter der Häfler Schulen und Schulleiter der Merianschule.
Steffen Rooschütz ist Geschäftsführender Schulleiter der Häfler Schulen und Schulleiter der Merianschule. | Bild: Wienrich, Sabine

Abrupte Schulschließung im Dezember, monatelanger Distanzunterricht parallel zum Homeoffice, Wechselunterricht, permanente Änderungen – der Umgang mit Schulen während der Corona-Pandemie hat seine Spuren hinterlassen. „Wir haben dadurch zu viel verloren“, sagt Rooschüz, „viele Kinder sind auf der Strecke geblieben.“

Dabei verweist er auf den Anstieg der Meldungen zu Kindswohlgefährdungen in Friedrichshafen und eine zunehmende Anzahl von Kindern, die nun psychologische Betreuung bräuchten. „Kinder brauchen den Schutzraum Schule und wir müssen uns jetzt fragen: Tragen wir die Pandemie weiter auf dem Rücken der Kinder aus?“ Er habe gehofft, dass die Landesregierung sich klar für einen inzidenzenunabhängigen Präsenzunterricht und Präsenzpflicht positioniert, doch genau das sei bisher ausgeblieben.

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Kultusministerin will Präsenzunterricht, gibt aber keine Garantie

Die Pläne des Kultusministeriums sehen zwar eine Rückkehr in den vollständigen Präsenzunterricht nach Stundentafel (inklusive Sport) im September vor, eine Garantie gibt es allerdings nicht. „Frau Schopper strebt gemäß der Kultusminister-Vereinbarung einen Präsenzunterricht im kommenden Schuljahr an. Hierfür sprechen Aspekte wie die steigende Impfquote (Lehrkräfte sind laut Rückmeldungen, die uns erreichen, bereits zum Großteil vollständig geimpft) sowie auch unser bewährter und etablierter Werkzeugkasten an Sicherheitsmaßnahmen (Masken, Test, Hygienepläne)“, schreibt ein Sprecher der Kultusministerin auf SÜDKURIER-Anfrage.

Zeitgleich gesteht der Sprecher: „Das Ziel ist es, Schulschließungen zu vermeiden – aber selbstverständlich in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen. Wir können deshalb nicht ausschließen, dass im Laufe des kommenden Schuljahres wieder mehr Schutzmaßnahmen notwendig sein werden, wenn das Infektionsgeschehen steigen sollte.“

Dabei verweist er allerdings auf die aktuelle Debatte um Inzidenzen – und dass möglicherweise auch andere Parameter wie Krankenhausdaten oder Impfquoten zur Beurteilung der Infektionslage einbezogen werden müssten. Doch dafür seien das Sozialministerium und die Landesregierung zuständig.

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Verordnung setzt abgelaufene Bundesnotbremse weiter um

Festzuhalten bleibt: Die Landesregierung sieht in der aktuell gültigen Corona-Verordnung für Schulen (Paragraf 4) Schulschließungen immer noch ab einer Inzidenz von 165 vor, da die mittlerweile bundesweit ausgelaufene Bundesnotbremse in die landeseigene Verordnung übernommen wurde. Wechselunterricht gibt es aktuell ab Inzidenz 100.

Doch, ob diese Regelung zum neuen Schuljahr hin noch gilt, ist unklar. „Die Corona-Verordnung wird bis zum Herbst noch ein paar Mal überarbeitet und dem aktuellen Infektionsgeschehen angepasst. Details stehen noch nicht fest“, teilt ein Sprecher des Sozialministeriums mit. Auch hier das Bekenntnis: „Vorrangiges Ziel ist es, die Schulen und Kitas in Baden-Württemberg offenzuhalten.“

Sonja Utz ist Vorsitzende des Gesamtelternbeirats Schulen in Friedrichshafen.
Sonja Utz ist Vorsitzende des Gesamtelternbeirats Schulen in Friedrichshafen. | Bild: privat

Gesamtelternbeirat wünscht sich Normalität

Für die Häfler Eltern steht vor allem eins im Vordergrund: der große Wunsch nach Normalität. Dennoch müssten die Familien mit allem rechnen, meint Gesamtelternbeiratsvorsitzende Sonja Utz. „Das letzte Schuljahr hat gezeigt, wie wichtig und wertvoll der Präsenzunterricht für unsere Schülerinnen und Schüler ist, weshalb alle möglichen und notwendigen Maßnahmen ergriffen werden sollten, lange Homeschooling-Phasen zu vermeiden“, erklärt Utz.

So fordere das Gremium von der Politik auch die Anschaffung von Luftfilteranlagen in den Klassenzimmern. „Zusammen mit den bestehenden Hygienevorschriften und regelmäßigen Testungen erhoffen wir uns dadurch, einen weitgehend reibungslosen Schulbetrieb“, so Utz.

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Laut Stadtverwaltung Friedrichshafen wurden bereits im Herbst 2020 überall dort mobile Luftfilteranlagen angeschafft, wo eine Fensterlüftung schlecht möglich ist. Das Land Baden-Württemberg versprach zwar weitere Fördermöglichkeiten für die Geräte, allerdings lag die Richtlinie der Kommune zum Ferienbeginn noch nicht vor. Zudem hält das Gesundheitsamt Bodenseekreis die Wirksamkeit der Geräte für nicht bewiesen.

Ob in den Sommerferien also massenhaft weitere Geräte an städtischen Schulen im Bodenseekreis angeschafft werden, bleibt fraglich. Anders sieht es bei Schulen aus, die Trägerschaft des Landkreises sind. „Wir haben für die Schulen, bei denen der Landkreis Träger ist, im Wert von rund 160 000 Euro Luftfilter angeschafft“, betonte Landrat Lothar Wölfle in der vergangenen Kreistagssitzung, „allerdings nicht aufgrund der Wirksamkeit, sondern weil es so gewollt ist.“

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Keine Luftreinigungsgeräte in städtischen Schulen in Überlingen

In den städtischen Schulen und Kindergärten in Überlingen sind sogenannte „Raumlufttechnische Anlagen“ (RAL) im Einsatz, etwa in fensterlosen Räumen und Aulen. Das gibt die Stadtverwaltung auf Anfrage des SÜDKURIER bekannt. Mobile Luftreinigungsgeräte werden aktuell nicht genutzt.

Die Stadt Überlingen betont, dass sie sich bei der Beschaffung von Luftfiltern an die Erkenntnisse aktueller wissenschaftlicher Studien sowie offizieller Verordnungen und den Empfehlungen des Umweltbundesamtes. Aufgrund der Erkenntnisse und Empfehlungen – die laut Stadt besagen, dass Lüften über das Fenster im Normalfall ausreicht – werde es in Überlingen auch künftig „keine mobilen Luftreinigungsgeräte flächendeckend“ geben.

Alternativen werde es weiterhin nur für Räume geben, in denen nicht ausreichend über Fenster gelüftet werden kann. „Zum jetzigen Zeitpunkt sind Investitionen in ergänzendes Equipment wie CO2-Ampeln geplant. Hierzu werden, soweit möglich, Bundes- und Landesfördermittel beantragt“, heißt es von der Pressestelle der Stadt.

Corona-Test in Form von Antigen-Schnelltests

Unabhängig von diesen Investitionen werden die regelmäßigen Corona-Tests in Form von Antigen-Tests an den Überlinger Schulen auch nach den Sommerferien fortgesetzt. An den Schulen kommen zwei Mal wöchentlich „Nasenbohr-Tests“ zum Einsatz. „Lolli-Tests“ bekommen die Kinder in den Kitas mit nach Hause. Für die Beschaffung und Verteilung der Corona-Tests sei die Stadtverwaltung verantwortlich.

Für die Organisation innerhalb der Schulen sind dann die Rektoren zuständig. Die Geschäftsführende Schulleiterin der Stadt Überlingen, Carmen Kindler, betont: Werde sich hinsichtlich der Teststrategie des Landes nichts ändern, werde die Test-Organisation nach den Ferien so weitergeführt wie bisher.

Carmen Kindler ist Geschäftsführende Schulleiterin der Stadt Überlingen und Rektorin der Grundschule Lippertsreute.
Carmen Kindler ist Geschäftsführende Schulleiterin der Stadt Überlingen und Rektorin der Grundschule Lippertsreute. | Bild: Mona Lippisch

„Die Grundschule Lippertsreute-Daisendorf und Franz-Sales-Wocheler-Schule testen mit schuleigenem Testpersonal, alle weiteren Grundschulen testen ausschließlich mit Schnelltests in häuslicher Anwendung“, berichtet Kindler. Alle weiterführenden Schulen testen vor Ort.

Ob im kommenden Schuljahr auch PCR-Pool-Tests in den Schulen und Kitas in Überlingen zur Verfügung stehen, wie sie vom Robert-Koch-Institut aufgrund ihrer Sicherheit und Schnelligkeit ausdrücklich empfohlen werden, ist laut der Geschäftsführenden Schulleitung bislang unklar. „Es liegen uns noch keine Informationen vor“, sagt Kindler und ergänzt: „Auf die Beschaffung und Art der Schnelltests haben wir als Schulleitungen keinen Einfluss.“

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