Ende der Woche hat das Gesundheitsministerium Baden-Württemberg angekündigt, dass elf sogenannte Primärversorgungszentren im Land loslegen können. Das Ministerium fördere lokale Gesundheitszentren in diesem Jahr mit 10 Millionen Euro. Genannt in der Mitteilung wurde auch die Klinik Tettnang, die zum Medizin Campus Bodensee (MCB) in Friedrichshafen gehört. Und was bedeutet das nun?

Gesundheitsminister Manne Lucha hatte für Aufregung gesorgt, indem er die Zukunft des Klinikums Tettnang infrage stellte.
Gesundheitsminister Manne Lucha hatte für Aufregung gesorgt, indem er die Zukunft des Klinikums Tettnang infrage stellte. | Bild: Bernd Weißbrod / dpa (Archiv)

Die Nachricht dürfte für etwas Aufregung gesorgt haben. Seit Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) vergangenen Dezember den Fortbestand der Klinik Tettnang infrage gestellt hatte, wurde vehement über deren Zukunft diskutiert. Im März kamen bei einer Petition 12.000 Unterschriften für den Erhalt des Krankenhauses zusammen, im selben Monat formierte sich ein Bündnis, an dem auch der Betriebsrat des MCB beteiligt war. Dessen Ziel ist ebenfalls der Erhalt des Standorts. Andreas Brand, Oberbürgermeister Friedrichshafens, versprach: „Auch in Zukunft wird es in Tettnang und Friedrichshafen Kliniken geben.“ Die Stadt ist Hauptgesellschafter des MCB.

Künftig Zentrum für chronisch Kranke?

Wirklich viel lässt sich aus der Mitteilung des Gesundheitsministeriums nicht herauslesen. Primärversorger seien lokale Gesundheitszentren, mit denen Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit geboten werden soll, vor Ort optimale Versorgung zu finden. Für Tettnang sei eine Förderung in Höhe von gut 260.000 Euro für einen bestimmten Zweck vorgesehen. Dieser lautet – geschrieben in Beamtendeutsch: „Einbindung und Transformation in ein sektorenübergreifendes Netzwerk zur Sicherstellung der Versorgung von chronisch kranken Menschen im östlichen Bodenseekreis“.

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Was damit nun genau gemeint ist, erläutern Vertreter der Stadt Friedrichshafen und des MCB auf Nachfrage. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, bei der Förderung handle es sich um finanzielle Unterstützung für konzeptionelle Vorarbeiten. MCB-Sprecherin Susann Ganzert legt dar: „Das Land bewilligt dem Medizin Campus Bodensee 260.000 Euro – darüber sind wir sehr froh und dankbar.“ Ziel sei es, im MCB-Standort Tettnang eine langfristige Gesundheitsversorgung sicherzustellen, indem dort die ambulanten Strukturen ausgebaut und vernetzt werden.

Konkret bedeutet das: In der Zeit bis 30. April 2023 wird nun untersucht, inwiefern der MCB-Standort Tettnang als koordinierende Anlaufstelle chronisch kranker Patienten dienen könnte. Der Fokus liegt dabei auf der Versorgung von Menschen mit Diabetes mellitus, koronarer Herzkrankheit sowie arterieller Hypertonie.

Susann Ganzert ist Pressesprecherin des Medizin Campus Bodensee.
Susann Ganzert ist Pressesprecherin des Medizin Campus Bodensee. | Bild: Medizin Campus (Archiv)

Zunächst steht Evaluation an

Zunächst soll daher der Versorgungsbedarf im östlichen Bodenseekreis sowie dem angrenzenden Allgäu ermittelt werden. Zudem wollen die Verantwortlichen herausfinden, welche Entwicklung der fachärztlichen Strukturen und deren Vernetzung notwendig wären, um eine solche Anlaufstelle schaffen zu können. Auch notwendige Investitionen in die Infrastruktur werden ermittelt.

Oberbürgermeister Andreas Brand hatte den Gesundheitsminster für Aussagen in Sachen Klinik Tettnang kritisiert.
Oberbürgermeister Andreas Brand hatte den Gesundheitsminster für Aussagen in Sachen Klinik Tettnang kritisiert. | Bild: Sabine Kunzer (Archiv)

Aus Sicht der Stadt Friedrichshafen und dem MCB kann die Förderzusage als kleiner Sieg gewertet werden. Oberbürgermeister Andreas Brand hatte die Aussagen von Minister Lucha über die Schließung der Tettnanger Klinik deutlich kritisiert und versprochen, das Krankenhaus erhalten zu wollen. Diese Möglichkeit scheint sich nun zu bieten. Stadt und MCB sehen in der nun anstehenden Evaluation die Gelegenheit zur Erweiterung des medizinischen Leistungsangebots der Klinik. Die fachärztliche Expertise würde ausgeweitet, eine standortnahe Versorgung von Patienten würde ermöglicht. Für die Mitarbeiter bedeute dies eine langfristige Perspektive.

Betriebsrat und Bürgermeister noch vorsichtig

Ob die Neuigkeiten aus Stuttgart nun gute oder schlechte Nachrichten sind, das traut sich ein Vertreter des MCB-Betriebsrats bislang nicht zu sagen. Er betont, man müsse die künftigen Entwicklungen konkret beobachten und dann bewerten. Auch Bruno Walter, Bürgermeister von Tettnang, ist noch vorsichtig mit seiner Einschätzung der Lage.

Der Tettnanger Bürgermeister Bruno Walter ist mit seiner Bewertung der Angelegenheit noch vorsichtig.
Der Tettnanger Bürgermeister Bruno Walter ist mit seiner Bewertung der Angelegenheit noch vorsichtig. | Bild: Kaltenbacher (Archiv)

Bürgermeister Walter sagt: „Unklar ist für mich, was dieser Förderbescheid jetzt konkret bedeutet.“ Dies betreffe zum einen die direkten Auswirkungen auf die Struktur der Klinik, sprich welche Abteilungen etwa künftig nach Tettnang kommen könnten, sowie auch die künftige Versorgung für die Patienten: „Bleiben zum Beispiel die Notaufnahme und die Geburtshilfe in Tettnang?“ Auch der zeitliche Ablauf sei ihm bislang unbekannt. Walter resümiert: „Aus meiner Sicht müssen eine langfristige Perspektive und Arbeitsplatzsicherung oberste Priorität haben.“

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