
Nicht der Industrie-Standort Friedrichshafen ist der teuerste Ort im Bodenseekreis, sondern eine Kleinstadt weiter westlich. 9,29 Euro für den Quadratmeter — so hoch sind die Mieten im Schnitt in Meersburg. Andere Gemeinden holen aber bereits auf. Bald schon könnten Bermatingen oder Hagnau die Liste anführen.
Blick in die Mietverträge der Region
Das ist das Ergebnis einer SÜDKURIER-Analyse des Zensus 2022. Die Volkszählung ermöglicht erstmals einen Blick in die Mietverträge der Region. Bisher war es ein gut gehütetes Geheimnis, wie hoch die Mieten am Bodensee wirklich sind. Nicht einmal die Kommunen hatten Einblick in den Mietmarkt innerhalb ihrer Grenzen.
Wer sich der Frage annähern wollte, musste die Angebote auf einschlägigen Immobilienportalen und in der Zeitung vergleichen. Im Zuge des Zensus aber wurden die Mieten aller Wohnungen in Deutschland abgefragt.
Die teureren Orte liegen direkt am See. Neben Meersburg sind das vor allem Überlingen und Langenargen. Erst dann folgt Friedrichshafen mit 8,53 Euro für den Quadratmeter.
Schnäppchen gibt es nicht mehr
Klingt nach einem Schnäppchen? Das Problem ist, dass es sich dabei um Bestandsmieten handelt. Das bedeutet, dass auch jahrzehnte alte Verträge, die über die Jahre nur moderat angepasst wurden, in die Statistik einberechnet werden. Wer sich aktuell am See nach einer neuen Wohnung umguckt, zahlt viel höhere Preise.
Dann sprechen wir von 12,50 Euro in weiten Teilen des Bodenseekreises. Wer günstiger wohnen möchte, muss sich mit kleinen Orten im Bodensee-Hinterland begnügen und gegebenenfalls den Landkreis wechseln. Neukirch ist der einzige Ort im Bodenseekreis, in dem die Angebote nicht über 10 Euro liegen. In Tengen, Hohenfels und Aach im Landkreis Konstanz sind die Angebotsmieten ebenfalls einstellig.
In Bermatingen wurde Wohnraum im Schnitt sogar für 12,63 Euro pro Quadratmeter angeboten. Das sind 5 Euro mehr als die durchschnittliche Bestandsmiete. Mit dieser Differenz liegt Bermatingen unangefochten an der Spitze des Kreises.
Probleme für den Wohnungsmarkt
Diese Steigerung hat ganz konkrete Effekte auf den Wohnungsmarkt. Wer in einer günstigen Wohnung lebt, muss damit rechnen, nach einem Umzug bedeutend mehr Miete bezahlen zu müssen. Im Zweifel sind selbst kleiner Wohnungen teurer als die bisherige.
Experten nennen das den Lock-In-Effekt. Der Name kommt aus dem Englischen, „lock in“ bedeutet so viel wie einsperren oder einschließen. Der Effekt birgt vor allem zwei Probleme. Die einen, die eine größere Wohnung brauchen, weil sie zum Beispiel Kinder bekommen haben, finde keine passende Bleibe oder können sie nicht finanzieren.
Und für die anderen, die schon länger in einer Wohnung mit einem günstigen Vertrag leben, lohnt sich der Umzug nicht. Auch dann nicht, wenn die Wohnung inzwischen viel zu groß ist, weil die Kinder ausgezogen sind oder der Ehepartner gestorben ist.