Am Anfang steht ein Trugschluss: Ganze 21 Plätze hat die Bodenseegürtelbahn im neuen Qualitätsranking der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) gut gemacht. Landete sie in der Tabelle des ersten Halbjahres 2024 noch auf Rang 32, kletterte sie im zweiten Halbjahr auf Rang 11. Das hängt allerdings nicht damit zusammen, dass sich die Qualität deutlich verbessert hat oder ihre Elektrifizierung nun vollständig vom Land finanziert wird. Sie verkehrt vertraglich seit 2024 lediglich zwischen Friedrichshafen und Lindau. Die Züge Sorgenstrecke entlang des Bodensees zwischen Radolfzell und Friedrichshafen verkehren dagegen auf dem Netz 54 Bodensee-Oberschwaben sowie dem Netz 5 Donau-Ostalb. Denn: Die Bodenseegürtelbahn ist nicht gleich die Bodenseegürtelbahn; und das Ranking orientiert sich eben nicht an Strecken, sondern an Vertragsnetzen.
Pünktlichkeit ist saisonabhängig
Zwischen Radolfzell und Friedrichshafen verkehren die Regionalbahn 31 und der Regionalexpress 3. Ersterer zählt zum Netz 54 Bodensee-Oberschwaben, zweiterer zum Netz 5 Donau-Ostalb. Das Netz 54 hat gegenüber dem ersten Halbjahr 2024 ganze sieben Plätze eingebüßt. Im Vergleich zum ersten Mal, also seit die RB31 auf der Bodenseegürtelbahn dem Netz 54 zugerechnet wird, hat es in fast allen Bereichen Punkte verloren: Die Pünktlichkeit sank von 85.26 auf 79.80 Punkte, Zuverlässigkeit und Sauberkeit verzeichnen ebenfalls leichte Verluste.

Jean-Christophe Thieke, von der grenzübergreifenden Koordinationsstelle öffentlicher Verkehr Bodenseeraum kommentiert, die Pünktlichkeit unterliege saisonalen Schwankungen. „Die Urlaubsmonate fallen grundsätzlich schlechter aus“, sagt er. Im Juli und August, immer wenn viele Fahrradfahrer unterwegs sind, dauert das Ein- und Aussteigen länger. Dann verspäten sich die Züge eher. Das sei allerdings keine Besonderheit der Bodenseegürtelbahn. „Nur dort wirkt es sich aufgrund der knappen Infrastruktur direkt aus“, formuliert es Thieke.
Verbesserte Kapazität
Die Zugkapazität wird dafür besser bewertet als im zurückliegenden Halbjahr. Thieke erklärt, warum: „Das Verhältnis zwischen verfügbarer und geplanter Kapazität hat sich verbessert.“ Grob ein Viertel weniger Züge sei zu kurz. „Im ersten Halbjahr war noch jeder sechste Zug mit der bestellten Kapazität unterwegs, nun nur noch jeder achte“, rechnet er vor. Auf den anderen Strecken des Netzes seien die Züge grundsätzlich kürzer, deshalb dürfte es, wenn es Probleme mit der Zuglänge gab, auf der Strecke zwischen Friedrichshafen und Radolfzell stattgefunden haben, erläutert Thieke.
Dass trotz Abstrichen bei Pünktlichkeit die Zufriedenheit gewachsen ist, führt der Experte darauf zurück, dass Pünktlichkeit nicht alles ist: „Es kann sein, dass es viele unpünktliche Züge gab, darin aber nicht so viele Kunden saßen.“ Die Gesamtzufriedenheit stieg von Note 2.49 auf 1,79. Thieke betont hier: „Das ist wirklich eine Kundenmeinung und keine Faktenmessung.“
Die Neigetechnikzüge des Netz 5 Donau-Ostalb, das den Regionalexpress 3 zwischen Ulm und Basel einschließt, rutschte einen Platz ab und fiel gegenüber dem ersten Halbjahresranking 2024 von Platz 28 auf 29. Spitzenreiter ist die SBB-geführte Klettgau-Bahn, Schlusslicht bleibt die Hochrheinbahn. Insgesamt wurden 33 Züge gewertet.